Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zurück. Soll ich das, was ich habe, fremden Händen anvertrauen?“
    „Unser Wirt scheint mir ein ehrlicher und sicherer Mann zu sein.“
    „Aber er wohnt in einem einsamen Haus. Schlaf wohl, Emir!“
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als zu schweigen. Ich legte mich wieder zur Ruhe und wachte erst spät am Morgen auf. Der Engländer war nicht anwesend; er war nach der Stadt gegangen, und als er zurückkehrte, brachte er vier Männer mit, von denen drei mit Hacke, Spaten und anderem Gerät versehen waren.
    „Was sollen diese Leute?“ fragte ich ihn.
    „Hm, arbeiten!“ antwortete er. „Drei sind abgelohnte Matrosen aus Old England, und der vierte ist ein Schotte, der ein wenig Arabisch versteht; er wird mein Dolmetscher sein. Ich brauche ihn ja, weil Ihr doch heimlich nach Kerbela wollt. Well.“
    „Wer hat Euch diese Leute besorgt, Sir?“
    „Habe auf dem Konsulat angefragt.“
    „Ihr wart beim Residenten? Ohne mir etwas davon zu sagen?“
    „Yes, Sir! Habe Briefe erhalten und abgegeben, mir auch Gelder verschafft. Habe Euch nichts davon gesagt, weil ich Euer Freund nunmehr gewesen bin!“
    „Warum?“
    „Wer nach Kerbela geht, ohne mich mitzunehmen, braucht sich auch um meine anderen Angelegenheiten nicht zu kümmern. Well!“
    „Aber, Sir, was ist Euch denn so plötzlich in den Kopf gefahren? Eure Begleitung könnte doch mir und Euch nur Schaden bringen.“
    „Habe Euch soweit begleitet, ohne Schaden zu nehmen. Zwei Finger weg – zählt nichts; habe dafür die Nase doppelt.“
    Er wandte sich ab und machte sich mit seinen vier Leuten zu schaffen. Der gute David Lindsay war trotz seiner Leidenschaft für Fowling-bulls begierig, sich das Fest des zehnten Muharrem mit anzusehen; aber es war durchaus unmöglich, ihn mitzunehmen.

FÜNFTES KAPITEL
    Die Todeskarawane
    Nachmittags, als die größte Tageshitze vorüber war, brachen wir auf, um Bagdad zu verlassen. Voran ritt der Führer, welchen Hassan Ardschir nebst einigen Maultiertreibern gemietet hatte, deren Tiere sein Eigentum trugen. Letzteres war eine Unvorsichtigkeit, welche ich nicht begreifen konnte. Hinter diesen folgte Hassan mit Mirza Selim Agha bei dem Kamel, welches die beiden Frauen zu tragen hatte. Ich hielt mich zu Halef, und den Schluß bildete der Engländer, welcher mit stolzer, unternehmender Miene die Männer beaufsichtigte, mit deren Hilfe er die Trümmer Babylons zwingen wollte, ihm ihre verborgenen Schätze auszuliefern. Alwah saß auf einem Maultier, und der arabische Diener war zurückgeblieben.
    Ich hatte mir den jetzigen Ritt ganz anders gedacht. Das ganze Arrangement war ein verkehrtes. Vielleicht war ich selbst mit schuld daran, aber es war mir jetzt schwer geworden, eine Ansicht gehörig durchzusprechen. Meine Verwunderung, die ich erst doch ganz gut überwunden zu haben schien, war nicht ohne Nachteil für mich geblieben, und zudem hatte ich mehr Sorge, Aufregung und Anstrengung gehabt, als einer meiner Begleiter. Ich fühlte mich körperlich sehr müde und geistig niedergeschlagen, ohne daß ich für dieses Accablement eine Ursache hätte angeben können. Ich war ärgerlich über Hassan Ardschir und den Engländer, ohne zu bedenken, daß ich ihnen mit meiner eigenen Verdrießlichkeit vielleicht Ursache gegeben hatte, mich mit ihren Angelegenheiten weniger zu beschäftigen, als sie es vorher getan hatten. Dieser Zustand hatte, wie ich später erkennen mußte, seinen Grund in einer Inkubation, deren Ausbruch mir beinahe tödlich geworden wäre.
    Wir zogen am Fluß hinauf, um über die obere Schiffbrücke zu reiten. Dort hielt ich an, um einen Blick auf die einstige Residenz Harun al Raschids zu werfen. Sie lag vor mir im Sonnenglanz, in all ihrer Pracht und Herrlichkeit, und doch auch wieder mit all den nicht zu verwischenden Spuren des Verfalles. Links vorn der Volksgarten, hinter welchem die Pferdebahn nach Norden geht, und weiter zurück die Quarantäneanstalt. Dann das hoch emporragende Kastell und das Gouvernementgebäude, welches seinen Fuß in die Fluten des Tigris taucht. Rechts die meist von Agil-Arabern bewohnte Vorstadt mit der Medresse Mostansir, dem einzigen Bauwerk, welches dieser älteste, vom Kalifen Manssur gegründete Stadtteil in die Gegenwart mit herübergekommen hat. Und hinter diesen Gebäuden dehnte sich eine unabsehbare Häusermasse, überragt von stilvollen Minarehs und den glasierten Kuppeln von wohl hundert Moscheen. Über diesem Häusermeer wallte hier und da die schön gezeichnete Krone

Weitere Kostenlose Bücher