14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
die anderen Tiere brachen fast zusammen. Das war es, was ich mir vorher gedacht hatte.
Sebdani ist ein schön gebautes Dorf mit stattlichen Häusern und fruchtbaren Gärten, trotzdem es in einer bedeutenden Höhe liegt. Seine Bewohner sind meist Maroniten. Die Khawassen hatten für sich und uns sehr schnell Quartier gemacht, und wir befanden uns wohl.
Hier erfuhren wir nur, daß der Führer da übernachtet hatte; aber der Vorsteher des Ortes sandte einen Boten nach dem nächsten Dorf, Namens Schijit, um Erkundigung einzuziehen, und als dieser am Abend zurückkehrte, berichtete er, daß der Inglis in Schijit übernachtet habe und dann mit einem Mann von dort und mit dem Diener und Dolmetscher nach Sorheïr aufgebrochen sei. Ob er dann weiter reiten werde, das wußte niemand zu sagen.
Kaum graute der Morgen des nächsten Tages, so saßen wir wieder auf. Wir ließen die Weinstöcke und Maulbeerbäume Sebdanis hinter uns, um Schijit zu erreichen. Der Dolmetscher hatte, wie mir die Sängerin berichtete, von einem Olivengeschäft nach Beirut gesprochen. Das Olivengeschäft war natürlich nur eine Lüge, aber Beirut mußte doch sein Ziel gewesen sein, da er ja in Beziehung auf das letztere dem Briten die Wahrheit sagen mußte. Warum er aber diesen Weg hier eingeschlagen und die eigentliche Straße von Damaskus nach Beirut vermieden hatte, das ließ sich leicht erklären. Seine Sicherheit erforderte es.
Mit dem Dorf Schijit erreichten wir die Quellen des Barrada, welche sehr hoch liegen. In dem Ort fanden wir die Aussage des Sebdanianer Boten bestätigt und ritten Sorheïr entgegen. Der Weg führte abwärts, und dabei zeigte es sich, daß unsere Khawassen schlecht beritten waren. Ihre Pferde hatten zwar die Anstrengung des gestrigen Tages ausgehalten, wären aber zu einem zweiten solchen Ritt durchaus unfähig gewesen. Auch die Mietpferde Jacubs taugten nichts, und so wurde unser Ritt von Viertelstunde zu Viertelstunde langsamer. Das war keine Art und Weise, Leute einzuholen, welche acht bis neun Stunden Vorsprung hatten.
Ich machte Jacub den Vorschlag, mit Halef vorauszureiten, aber er gab dies nicht zu; er behauptete, uns ganz notwendig zu brauchen, da er sich trotz der Khawassen ohne uns verlassen fühle. Ich mußte also diesen jedenfalls vorteilhaften Gedanken aufgeben und tröstete mich schließlich mit der Überzeugung, daß Lindsay bei seiner Leidenschaft für Ausgrabungen sich nicht sehr schnell aus der Gegend Baalbeks fortlocken lassen werde.
Wie aber war der Engländer eigentlich nach Damaskus gekommen?
Wie war es ihm geglückt, da unten am Euphrat dem Tod zu entgehen? Ich war wirklich begierig, dies zu erfahren, und darum ärgerte mich unser jetziges schneckenartiges Fortkommen doppelt.
Sorheïr liegt an einem Bergstrom, der sich in den Barrada ergießt, sehr hübsch unter Gruppen von Silber- und italienischen Pappeln, und ist trotz seines Namens, welcher ‚die Kleine‘ bedeutet, ein ganz ansehnliches Dorf. Wir hielten Rast, und die Khawassen verteilten sich, um Erkundigungen einzuziehen. Wir hörten bald, daß die Gesuchten vorübergekommen seien und den Weg nach dem Übergangspaß des Antilibanon eingehalten hätten. Nach nur kurzer Erholung folgten wir ihnen.
Es war zunächst eine weite Ebene zurückzulegen, und dann gelangten wir in ein Tal, in dem wir über eine Stunde lang zu dem erwähnten Paß emporzuklimmen hatten, links steile Felsen und rechts einen tiefen Abgrund, in welchem die Wasser eines Bergstromes brausten. Oben auf dem Paß angekommen, sahen wir, daß der westliche Abhang des Antilibanon, auf dem wir uns befanden, weit steiler abfiel, als der östliche. Unser Führer teilte uns mit, daß Baalbek in gerader Linie fünf Stunden von hier liege, daß wir aber bei den Krümmungen des Weges und bei dem schlechten Zustand der Pferde bedeutend längere Zeit brauchen würden.
Er hatte recht. Wir mußten zahlreiche Quer- und Seitentäler durchreiten, und als wir endlich die gewaltigen Ruinen der Sonnenstadt zu uns emporschauen sahen, lag immer noch eine mehrere Stunden lange Strecke zwischen uns und ihnen. Einer der Khawassen erklärte sogar, daß sein Pferd nicht weiter könne, und ihr Anführer befahl, infolgedessen Halt zu machen. Keine Bitte und keine Versprechung half, und da Jacub erklärte, daß die Khawassen ihm anvertraut seien und er sich also nicht von ihnen trennen könne, so blieb uns nichts anderes übrig, als uns zu fügen.
Glücklicherweise gelang es mir, den Anführer zu
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