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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich sogleich mit dem Mädchen sprechen konnte. Vor Zuhörern brauchte ich keine Sorge zu haben, da unsere kurze Unterhaltung in deutscher Sprache geführt wurde.
    „Warum rissen Sie gestern so schnell aus?“ fragte mich die Sängerin.
    „Weil ich dem Mann folgen wollte, welcher gleich nach seinem Eintritt das Zelt wieder verließ. Ich wollte wissen, wo er wohnt.“
    „Das sagt er niemand.“
    „Ah, das wissen Sie?“
    „Ja. Er kam gestern bereits zum dritten Mal in das Zelt. Dort, dicht neben uns, saß er neben einem Engländer, dem er auch nicht sagte, wo seine Wohnung sei.“
    „Sprach er englisch, oder redete der Engländer arabisch?“
    „Sie sprachen englisch, und ich verstand jedes Wort. Der Gentleman hat ihn als Dolmetscher engagiert.“
    „Nicht möglich! Für hier oder für die Reise?“
    „Für die Reise.“
    „Wohin?“
    „Das weiß ich nicht; ich hörte nur, daß die erste Ortschaft Salehiëh heiße.“
    „Und wann wollten sie aufbrechen?“
    „Sobald der Dolmetscher mit einem Handel fertig ist, wegen dessen er nach Damaskus kam. Ich glaube, er sprach von einem Olivenölgeschäft für Beirut.“
    Sonst wußte sie nichts. Ich dankte und gab ihr ein Geschenk.
    Damit Jacub nicht ohne Nachricht bliebe, sandte ich Halef zu ihm; ich aber umritt die Stadt, um an das Gottestor zu gelangen, von wo aus der Weg nach Salehiëh führt, welches am westlichsten Rand der Ghuta liegt und eigentlich als eine Vorstadt von Damaskus betrachtet werden muß. Durch diesen Ort führt die Handelsstraße nach Beirut am mittelländischen Meer, nebst allen anderen Wegen, auf denen man die Ortschaften Palästinas erreicht.
    Als ich dort anlangte, war bereits der Abend nahe. Es schien mir ungewiß, ob ich eine befriedigende Auskunft erlangen werde, da bei dem nach innen gerichteten Bau der orientalischen Häuser die Straßen nicht so unter Beobachtung stehen, wie bei uns im Abendland. Da aber erblickte ich einige jener Unglücklichen, welche, von der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen, doch nur von dem Mitleid derselben leben können: Aussätzige. Sie lagen, in Lumpen gehüllt, unweit der Straße und riefen mich schon von weitem an, ihnen eine Gabe zu reichen.
    Ich ritt auf sie zu, sofort aber entflohen sie, da es ihnen verboten ist, einen gesunden Menschen in ihre Nähe zu lassen. Nur auf meine wiederholte Versicherung, daß ich ein Abendländer sei und mich vor der Krankheit nicht fürchte, blieben sie endlich stehen; dennoch aber ließen sie mich nur bis zu einem Abstand von höchstens zwanzig Schritten heran.
    „Was willst du von uns, Herr?“ fragte der eine. „Lege deine Gabe auf den Boden nieder und entferne dich schnell!“
    „Was für eine Gabe ist euch die liebste? Wünscht ihr Geld?“
    „Nein. Wir können uns doch nichts kaufen, denn niemand würde das Geld von uns annehmen. Gib uns anderes: ein wenig Tabak, Brot, Fleisch oder sonst etwas zu essen.“
    „Warum seid ihr hier im Freien? Es gibt ja Hospitäler für Aussätzige in Damaskus.“
    „Sie sind gefüllt. Wir müssen warten, bis der Tod Platz für uns macht.“
    „Ich will mich bei euch nach etwas erkundigen. Könnt ihr mir Auskunft geben, so sollt ihr morgen früh Tabak für mehrere Wochen und auch noch anderes haben, was ihr brauchen könnt. Jetzt habe ich nichts bei mir.“
    „Was sollen wir dir sagen?“
    „Wie lange befindet ihr euch hier an diesem Ort?“
    „Seit mehreren Tagen.“
    „So habt ihr wohl alle Leute gesehen, welche hier vorübergekommen sind. Waren es viele?“
    „Nein. Nach der Stadt kommen viele, des Festes wegen, dessen letzter Tag heut ist; aus der Stadt aber kam nur ein Maultierzug nach Ras Hey a und Gazein , mehrere Leute, welche nach Hasbeya wollten, einige Arbeiter aus Zebedeni und gleich vor Mittag ein Inglis mit zwei Männern, die ihn begleiteten.“
    „Woher wißt ihr, daß es ein Inglis war?“
    „O, einen Inglis erkennt man sofort. Er war ganz grau gekleidet, hatte einen sehr hohen Hut auf, eine große Nase und zwei blaue Gläser auf derselben. Einer seiner Begleiter mußte ihm erklären, was wir von ihm wollten, und dann gab er uns ein wenig Tabak, einige kleine Brote und auch noch viele kleine Hölzchen, mit denen man Feuer machen kann.“
    „Beschreibt mir den Mann, der ihm als Dolmetscher diente!“
    Es geschah, und die Beschreibung stimmte ganz genau auf den Gesuchten.
    „Wohin ritten sie?“
    „Wir wissen es nicht. Sie ritten auf der Beiruter Straße; aber die Kinder des alten Abu Medschach

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