14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
Stamm der Schat gehörten.“
„So waren es wohl dieselben, welche dann später vor unserer Krankheit flohen.“
„Wird wohl so sein. Wir blieben einige Tage in den Ruinen versteckt und mußten hungern; dann schleppten sie uns fort.“
„Wohin?“
„Weiß nicht. Es war lauter Sumpf und Schilf. Sie wollten uns nichts tun, sie wollten nur Geld, und dann sollte ich frei sein. Ich mußte einen Brief schreiben, den wollten sie nach Bagdad tragen und das Geld holen, zwanzigtausend Piaster. Ich schrieb an John Logman, aber so, daß die Kerls nichts bekamen. Er sagte, sie sollten in drei Wochen wieder kommen, denn er hätte nicht so viel Geld da.“
„Aber das konnte Euch ja gefährlich werden!“
„Nein, es wurde gut, denn ich entfloh. Man schaffte uns näher an Bagdad, wo sie einem andern, feindlichen Stamm an die Grenze kamen. Ein Trupp derselben geriet in unsere Nähe, und es entspann sich ein Gefecht. Sie siegten zwar, wie ich denke, denn sie hatten die Übermacht; aber unterdessen gelang es uns, fortzukommen und Bagdad zu erreichen. Werde Euch das einmal ausführlicher erzählen, wenn wir Zeit haben.“
„Suchtet Ihr unser Logis auf?“
„Yes. Da hörte ich, daß Ihr zu den Haddedihn gegangen wart. Was konnte ich tun? Ich mußte zu Euch und den Irländern. Nun war es mit der Seefahrt nichts mehr; darum verkaufte ich die Jacht, die so lange untätig vor Anker gelegen hatte. Mit dem Hadramauter hatte ich nichts zu schaffen, da Ihr ihn bereits abgelohnt hattet. Ich nahm also einen Mann, der das Englische verstand, und schloß mich dem Kurier an. Das war ein schneller Ritt! Bei Selamija setzten wir über den Tigris, um Euch aufzufangen; aber wir fanden keine Haddedihn. Sie waren fortgezogen, und Ihr wart tot.“
„Wer sagte das?“
„Es waren von den Abu Salman fremde Reisende geplündert und getötet worden, und das paßte ganz auf Euch. Ich wollte mich nicht auch totschlagen lassen und ging nach Damaskus. Da schickte ich den Dolmetscher wieder zurück und blieb drei volle Wochen. Bin von früh bis abend auf den Straßen gewesen. Hättet Ihr im Christenviertel gewohnt bei Europäern, so hätten wir uns getroffen. Das andere habt Ihr bereits gehört. Wollt Ihr es ausführlicher, Master?“
„Ich danke, es genügt. Es war sehr gewagt von Euch, in dieser Weise den Ritt von Bagdad nach Damaskus zu unternehmen …“
„Pshaw! Habt Ihr es anders getan?“
In diesem Augenblick sahen wir durch den Eingang des Loches einen Trupp Männer weit drüben vorüberreiten. Sie hielten nach dem Wege zu, auf welchem wir gekommen waren, und als ich schärfer hinschaute, erkannte ich, daß es – die Khawassen waren.
Was hatten sie vor? Warum kamen sie nicht zu der Zyklopenmauer, an welche ich sie bestellt hatte? Diese Frage sollte mir in kurzer Zeit beantwortet werden, denn der Juwelier kehrte aus der Stadt zurück und brachte den Kodscha Pascha mit. Dieser war ein ehrwürdiger Mann, dessen Äußeres Vertrauen erweckte.
„Sallam!“ grüßte er, als er eintrat.
„Aaleïkum!“ antworteten wir.
„Ich bin der Kodscha Pascha von Baalbek und komme, um euch zu sehen und eine Pfeife mit euch zu rauchen.“
Er griff unter sein Gewand und zog den Tschibuk hervor. Lindsay schob ihm augenblicklich Tabak hin und gab ihm dann auch Feuer.
„Du bist uns willkommen, Effendi!“ sagte ich. „Wirst du uns erlauben, eine kurze Zeit auf dem Gebiet zu verweilen, welches du regierst?“
„Bleibt hier, so lange es euch beliebt, und erlaubt, daß ich mich jetzt bei euch niederlasse! Ich habe gehört, daß ihr Franken seid; ich habe auch das Schreiben meines Vorgesetzten gelesen, und deshalb komme ich selbst, um euch mitzuteilen, daß ich alles tun werde, um eure Wünsche zu erfüllen. Ist es euch recht, daß ich die Khawassen nach Damaskus zurückgeschickt habe?“
„Du hast sie zurückgesandt?“
„Ja. Ich hörte, daß sie im Kaffeehaus saßen und eure Angelegenheiten ausplauderten. Könnt ihr den Dieb fangen, wenn es so bekannt wird, daß ihr ihn fangen wollt? Und dann hat mir auch dieser Jacub Afarah aus Damaskus gesagt, daß sie ihm und euch ungehorsam gewesen sind und euch Bakschisch abverlangten bei allem, was sie tun sollten. Darum habe ich sie fortgejagt und dem Tschausch einen Brief mitgegeben an seinen Kaimakam, damit sie bestraft werden. Der Großherr, den Allah segne, will, daß Ordnung sei in seinem Reich, und auch wir sollen das wollen.“
Das war denn einmal ein ehrlicher Beamter, eine Seltenheit im Reich
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