14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
Sachen tragen zu lassen; sie waren nicht bedeutend, denn er hatte nur ein Paket. Ich würde diesen Hammal wieder erkennen. Der Mann nannte sich Afrak Ben Hulam.“
„Das ist ein falscher Name!“
„Wahrscheinlich. Kommen Sie einmal wieder an Bord. Ich will Ihnen versprechen, diesen Hammal anzureden, wenn er mir begegnen sollte.“
Ich ging. Die anderen erwarteten mich am Ufer. Jacub Afarah stellte sich an unsere Spitze, um uns nach dem Haus seines Bruders zu führen. Weder ich, noch Lindsay hatte die Absicht, die Gastfreundschaft desselben zu benutzen; aber uns ihm vorzustellen, das konnten wir schon wagen.
Maflei, der Großhändler, wohnte in der Nähe der Jeni Dschami, der neuen Moschee, und das Äußere seines Hauses ließ keinen Schluß auf die Größe seines Reichtums machen. Wir wurden, ohne daß wir unsere Namen nannten, in das Selamlik geführt, wo wir nicht lange auf den Eintritt des Hausherrn warten durften.
Er schien über den zahlreichen Besuch erstaunt zu sein; als er jedoch seinen Bruder erkannte, vergaß er ganz die dem Moslem sonst so unveräußerliche Gravität und eilte mit großen Schritten auf ihn zu, um ihn zu umarmen.
„Maschallah, mein Bruder! Begnadigt Allah meine Augen mit wahrem Licht?“
„Du siehst richtig, mein Bruder!“
„So segne Allah deinen Eintritt, und den deiner Freunde!“
„Ja, es sind Freunde, welche ich dir bringe.“
„Kommst du in Geschäften nach Stambul?“
„Nein. Doch davon sprechen wir weiter. Ist Isla, der Sohn deines Herzens, in Stambul oder auf Reisen?“
„Er ist hier. Seine Seele wird sich freuen, dein Angesicht zu sehen.“
„Er wird auch noch andere Freude empfinden, Rufe ihn!“
Es vergingen einige Minuten, ehe Maflei zurückkehrte. Er brachte Isla Ben Maflei mit, und ich trat bei seinem Anblick ein wenig zur Seite. Der junge Mann umarmte seinen Oheim und sah sich dann im Kreis um. Sein Blick fiel auf Halef, und sofort erkannte er ihn:
„Allahu! Hadschi Halef Omar Agha, du hier? Du bist in Stambul!“ rief er erstaunt. „Sei mir gegrüßt, du Diener und Beschützer meines Freundes! Hast du dich von ihm getrennt?“
„Nein.“
„So ist er auch in Stambul?“
„Ja.“
„Warum kommt er nicht mit dir?“
„Sieh dich um!“
Isla wandte sich um und lag mir im nächsten Augenblick an dem Hals.
„Effendi, du weißt nicht, welche Freude du mir bereitest! Vater, sieh dir diesen Mann an! Das ist Kara Ben Nemsi Effendi, von dem ich dir erzählt habe, und das ist Hadschi Halef Omar Agha, sein Freund und Diener.“
Jetzt gab es eine Scene, bei welcher selbst das Auge des Engländers leuchtete. Diener mußten springen, um Pfeifen und Kaffee zu holen, Maflei und Isla schlossen sofort ihr Geschäft, um sich nur uns zu widmen, und bald saßen wir erzählend auf den Polstern.
„Aber wie kommst du mit dem Effendi zusammen, Oheim?“ fragte Isla Ben Maflei.
„Er war mein Gast in Damaskus. Wir trafen uns in der Steppe und sind Freunde geworden.“
„Warum bringst du uns nicht Grüße von Afrak Ben Hulam, dem Enkel meines Oheims?“
„Grüße kann ich dir nicht bringen, aber Nachricht habe ich für dich.“
„Nachricht, aber keine Grüße? Ich verstehe dich nicht.“
„Es ist ein Afrak Ben Hulam bei mir angekommen, aber er war der richtige nicht.“
„Allah 'l Allah! Wie ist das möglich? Wir gaben ihm einen Brief mit. Hat er ihn dir nicht überbracht?“
„Ja. Ich nahm ihn auf, wie ihr es begehrtet; ich gab ihm einen Platz in meinem Haus und in meinem Herzen, aber er war undankbar, indem er mir für viele Beutel Diamanten stahl.“
Die beiden Verwandten vermochten bei dieser Kunde kein Wort zu sagen, so erschraken sie. Dann aber sprang der Vater auf und rief:
„Du irrst! Das tut kein Mensch, der das Blut unserer Väter in seinen Adern hat!“
„Ich stimme dir bei“, antwortete Jacub. „Der, welcher mir deinen Brief brachte und sich Afrak Ben Hulam nannte, war ein Fremder.“
„Glaubst du, daß ich einen Fremden solche Briefe gebe?“
„Es war ein Fremder. Früher hieß er Dawuhd Arafim, dann nannte er sich Abrahim Mamur, und jetzt –“
Da sprang Isla auf.
„Abrahim Mamur? Was sagst du von ihm? Wo ist er? Wo hast du ihn gesehen?“
„In meinem Haus war er, unter meinem Dach hat er gewohnt und geschlafen; ich habe ihm Schätze anvertraut im Wert von Millionen, ohne zu ahnen, daß es Abrahim Mamur war, der euer Todfeind ist!“
„Allah kerihm! Meine Seele wird zu Stein!“ meinte der Alte. „Welch ein
Weitere Kostenlose Bücher