14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
Unglück hat da mein Brief angerichtet! Aber wie ist er in seine Hand gekommen?“
„Er hat den echten Afrak Ben Hulam ermordet und ihm den Brief abgenommen. Nachdem er diesen gelesen hatte, entschloß er sich, als mein Verwandter zu mir zu gehen und meinen ganzen Laden zu leeren. Nur diesem Effendi allein danke ich es, daß es nicht geschehen ist.“
„Was hast du mit ihm getan?“
„Er entfloh uns, und wir sind ihm nachgejagt. Er ist gestern mit einem französischen Schiff hier angekommen, wir aber kamen erst heute.“
„So werde ich mich gleich bei dem Franzosen erkundigen“, meinte Isla, sich erhebend.
„Du kannst bleiben“, sagte ich. „Ich war bereits dort; der Dieb hatte das Schiff bereits verlassen, aber der Kapitän versprach, uns behilflich zu sein. Er hat mich eingeladen.“
„So martert unsere Seelen nicht und erzählt diese Begebenheit, wie sie geschah“, bat Maflei.
Sein Bruder kam dieser Aufforderung nach und erzählte in der ausführlichsten Weise die ganze Begebenheit, welche natürlich die größte Bestürzung hervorbrachte. Maflei wollte sofort zum Kadi und zu allen oberen Richtern; er wollte ganz Stambul nach dem Verbrecher durchsuchen lassen. Er schritt im Selamlik umher, wie ein Löwe, welcher seinen Feind erwartet.
Auch Isla war im höchsten Grad erregt. Als das zornige Blut ruhiger durch die Adern floß, kam auch die Überzeugung zurück, die notwendig war, über einen solchen Gegenstand einen Beschluß zu fassen.
Ich riet von jeder Herbeiziehung der Polizei für jetzt ab; ich wollte sehen, ob es mir oder einem anderen von uns nicht gelingen könne, eine Spur des Verbrechers zu entdecken. Diese Ansicht kam zur Geltung.
Als ich mit Halef und dem Engländer aufbrechen wollte, gaben dies Maflei und Isla um keinen Preis zu. Sie verlangten unbedingt, daß wir während unseres Aufenthalts in Stambul ihre Gäste sein sollten. Damit wir ungestört wohnen könnten, boten sie uns ein abgesondert gelegenes Gartenhaus an, und wir waren gezwungen, zu willfahren, wenn wir sie nicht auf eine unverzeihliche Weise beleidigen wollten.
Dieses Haus stand im hintersten Teil des Gartens; seine Räumlichkeiten waren nach türkischer Weise sehr gut ausgestattet, und wir konnten in unserer Abgeschlossenheit ganz nach unserem Wohlgefallen leben, ohne unsere Freiheit durch die Gebräuche des Orients beeinträchtigt zu sehen. Wir hatten Zeit, uns vollständig auszuruhen, und die Art und Weise zu besprechen, wie wir die Spur unseres Feindes entdecken könnten. Das war für Konstantinopel, in dessen Gedränge der Einzelne so leicht verschwinden kann, eine sehr schwierige Aufgabe. Es blieb uns nicht viel anderes übrig, als uns auf den Zufall zu verlassen und daneben die Stadt in allen ihren Teilen fleißig zu durchsuchen. Es schien, daß wir Glück haben sollten, denn bereits am dritten Tag nach unserer Ankunft kam zu uns ein Hammal, welcher erklärte, daß er einem Schiffskapitän begegnet sei, der ihn zu uns geschickt habe.
Ich fragte ihn nach dem Passagier, dessen Gepäck er vom Schiff jenes Kapitäns getragen habe, und hörte, daß derselbe in ein Haus in der großen Perastraße gegangen sei. Der Lastträger behauptete, sich dieses Haus ganz genau erinnern zu können, und erbot sich, mich zu führen. Natürlich machte ich von diesem Anerbieten sofort Gebrauch.
In dem Haus wohnte ein Kitak (Agent), welcher sich allerdings genau besinnen konnte, daß zu der angegebenen Zeit ein Mann bei ihm gewesen sei, der ihn nach einer zu vermietenden Wohnung gefragt habe; er sei darauf mit ihm gegangen, um ihm verschiedene Häuser zu zeigen, doch habe dem Fremden keine von all diesen Wohnungen gepaßt; sie waren nach der Bezahlung des Agenten auseinander gegangen, ohne sich weiter umeinander zu kümmern.
Das war alles, was ich erfahren konnte. Dafür aber hatte ich auf dem Heimweg eine sehr interessante Begegnung, welche mich entschädigen zu wollen schien. Ich trat nämlich in ein Kaffeehaus, um mir eine Tasse Mokka nebst einer Pfeife geben zu lassen, und hatte mich kaum auf mein Polster gesetzt, als ich seitwärts von mir eine Stimme in deutscher Sprache rufen hörte:
„Hurrjeh, is et möglich oder nich? Sind Sie dort wirklich, oder is et en anderer?“
Ich drehte mich nach dem Sprecher um und erblickte ein dicht behaartes Gesicht, welches mir allerdings bekannt vorkam, ohne daß ich mich aber sofort zu besinnen vermochte, wo ich es gesehen hatte.
„Meinen Sie mich?“ fragte ich den Mann.
„Ja, wem
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