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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denne sonst! Kennen Sie mir nicht mehr?“
    „Freilich müßte ich Sie kennen, doch bitte ich Sie, meinem Gedächtnis ein wenig zu Hilfe zu kommen!“
    „Haben Sie denn Hamsad al Dscherbaja verjessen, der Ihnen da droben am Nil dat schöne Lied von Kutschke vorgesungen hat, und nachher mit –“
    Ich unterbrach ihn schnell:
    „Ah, richtig! Ihr großer Bart machte mich irre. Grüß Sie Gott, Landsmann; setzen Sie sich an meine Seite! Sie haben doch Zeit?“
    „Mehr als genug, wenn Sie so gut sein wollen, meinen Kaffee zu bezahlen. Ik bin nämlich, so was man sagt, een bißken abjebrannt.“
    Er nahm an meiner Seite Platz, und wir konnten uns unterhalten, ohne besorgen zu müssen, daß unser Deutsch von den anwesenden Muselmännern verstanden werde.
    „Also Sie sind ein bißchen abgebrannt! Wie kommt das?“ fragte ich. „Erzählen Sie mir, wie es Ihnen ergangen ist, seit wir uns nicht gesehen haben!“
    „Wie soll es mich jegangen sind? Schlecht! Damit is allens jesagt. Dieser Isla Ben Maflei, dem ich bediente, hat mir fortjejagt, weil er meinte, daß er mir nich mehr brauchte. So kam ik nach Alexandrien und jing mit einem Griechen nach Candia und von da aus als halber Matrose nach Stambul, wo ik mir etabliert habe.“
    „Als was?“
    „Als Vermittler von vieles, als Führer durch die Stadt, als Jelegenheitsdiener und Aushilfe für allens, womit ik mich Jeld verdienen kann. Aber es jiebt keinen, dem ik vermitteln soll; sie laufen alle ohne mir durch die Stadt; ik finde keine Jelegenheit, jemand auszuhelfen, und so jehe ik spazieren und hungere, daß der Magen pfeift. Ik hoffe, daß Sie sich meiner annehmen werden, Herr Landsmann, denn Sie wissen ja, wie jut ik Ihnen bei dem damaligen Abenteuer an die Hand jegangen bin!“
    „Wir werden ja sehen! Warum haben Sie sich hier nicht einmal an Isla Ben Maflei gewendet? Er ist ja hier in Stambul.“
    „Danke sehr! Von ihm mag ik nichts wissen. Er hat mir jekränkt; er hat mir bei meiner Ehre anjegriffen und verletzt; er soll nie nicht dat Verjnügen haben, mir bei sich zu sehen!“
    „Ich wohne bei ihm“, bemerkte ich.
    „Oh, dat is unangenehm, denn da kann ik Ihnen nicht besuchen!“
    „Sie besuchen ja nicht ihn, sondern mich.“
    „Wenn auch! Ik werde sein Haus unter keinem Umstand betreten; aber lieb wäre es mich, wenn ik Ihnen auf irgendeine Weise dienen könnte.“
    „Das können Sie. Erinnern Sie sich noch genau jenes Abrahim Mamur, dem wir das Mädchen nahmen?“
    „Sehr jenau. Er hieß eijentlich Dawuhd Arafim und ist uns ausjerissen.“
    „Er ist hier in Konstantinopel, und ich suche ihn.“
    „Daß er hier ist, weiß ik janz jenau, denn ik habe ihm jesehen.“
    „Ah! Wo?“
    „Droben in Dimitri, wo ik ihm bejegnet bin, ohne daß er mir erkannt hat.“
    Ich wußte, daß Sankt Dimitri nebst Tatavola, Jenimahalle und Ferikjöe zu den verrufensten Stadtteilen gehört, und fragte daher:
    „Sind Sie oft in St. Dimitri?“
    „Sehr. Ik wohne da.“
    Nun wußte ich genug. Dieser Barbier aus Jüterbogk hatte sich bei dem griechischen Gesindel Dimitris eingebürgert, welches den verkommensten Teil der Bevölkerung Stambuls bildet. Dort ist das Verbrechen ebenso zu Hause, wie in der berüchtigten Wasserstraße New-Yorks oder in den Blackfriarsgäßchen Londons. Des Abends ist es gefährlich, sich dort sehen zu lassen, und selbst am Tag öffnen sich bei jedem Schritt rechts und links Höhlen, in denen das Laster seine Orgien feiert oder unter den ekelhaftesten Krankheiten sein Dasein verjammert.
    „In St. Dimitri wohnen Sie?“ fragte ich deshalb. „Gab es keinen anderen Ort, wo Sie eine Wohnung finden konnten?“
    „Jenug Orte, aber in Dimitri is et janz schön, besonders wenn man Jeld hat, um diese Schönheit zu genießen.“
    „Haben Sie Abrahim Mamur vielleicht beobachtet, als Sie ihm begegneten? Es kommt mir sehr darauf an, seinen Aufenthaltsort zu erfahren.“
    „Ik habe ihm laufen lassen, denn ik war nur froh, daß er mich nicht bemerkte. Aber ik kenne dat Haus, aus welchem er kam, und ich werde mir dort einmal erkundigen.“
    „Haben Sie nicht Lust, dieses Haus mir jetzt gleich zu zeigen?“
    „Ja; ik bin einverstanden.“
    Ich bezahlte für mich und ihn; dann nahmen wir zwei Pferde, welche ganz in der Nähe zu vermieten waren, und ritten durch Pera und Tepe Baschi hinauf nach Sankt Dimitri.
    Man sagt, Kopenhagen, Dresden, Neapel und Konstantinopel seien die vier schönsten Städte Europas; ich habe keine Veranlassung, dieser Behauptung

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