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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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habe.
    „Allerdings“, antwortete ich.
    „Vielleicht hat er die Absicht, ihm von Nutzen zu sein!“
    „Daran zweifle ich gar nicht. Dieser Barud el Amasat kann sein Heil nur in der Flucht finden. Wer ihn retten will, muß es ihm ermöglichen, zu entkommen. Der Fremde warf ihm beruhigende und ermunternde Blicke zu, und das hat er sicherlich nicht ohne eine ganz besondere Absicht getan.“
    „Du bist ihm nachgegangen, um seine Wohnung zu erfahren?“
    „Ja. Auch seinen Stand und Namen weiß ich bereits.“
    „Was ist er?“
    „Er heißt Manach el Barscha, ist Steuereinnehmer in Uskub und logiert bei dem Handschia Doxati hier.“
    „Wallah! Ich ahne, in welcher Weise ich meine Klugheit betätigen soll.“
    „Hättest du das wirklich erraten?“
    „Ja. Ich soll diesen Manach el Barscha bewachen.“
    „Ganz recht!“
    „Das kann ich aber nur dann, wenn ich auch bei Doxati wohne.“
    „Du wirst hinreiten, sobald es dunkel ist. Ich werde mitgehen, um dir das Haus zu zeigen.“
    Da trat Osco, der Montenegriner, vor und sagte:
    „Auch ich werde wachen, Sihdi!“
    „Ah! Wo?“
    „Vor dem Zindan (Gefängnis), in welchem sich der Gefangene befindet.“
    „Denkst du, daß dies nötig sein wird?“
    „Es ist mir ganz gleich, ob es nötig ist oder nicht. Er hat meine Tochter als Sklavin verkauft und mir vieles und großes Herzeleid bereitet. Er ist meiner Rache verfallen. Du bist ein Christ. Du sagst, die Rache sei Gottes, und ich habe dir deinen Willen getan, indem ich Barud el Amasat den Händen des Kadi überlassen habe. Will er sich denselben entziehen, so habe ich darüber zu wachen, daß er nicht auch mir entgehe. Ich verlasse euch und werde es euch sofort melden, wenn ich etwas Wichtiges beobachte.“
    Nach diesen Worten entfernte er sich, ohne im mindesten auf unsere Bemerkungen zu hören.
    Jetzt packte Halef seine Habseligkeiten zusammen und setzte sich auf sein Pferd. Er wollte sich den Anschein geben, als ob er erst jetzt in Adrianopel ankomme. Ich geleitete ihn zu Fuß bis in die Nähe der Handschia und wartete, bis er in das Tor derselben eingeritten war. Dann begab ich mich nach dem Bazar zurück, um meine Kleidung wieder einzutauschen.
    Als ich Hulams Haus wieder erreichte, war es unterdessen dunkel geworden. Er machte uns den Vorschlag, ein Bad zu besuchen, wo es guten Kaffee, Karaschekler (chinesische Schattenspiele) und ausgezeichnetes Aïswasperwerdesi (berühmte Adrianopeler Gelees) gäbe. Wir erfüllten seinen Wunsch.
    Über die türkischen Bäder wird so viel geschrieben, daß eine Bemerkung hier überflüssig wäre. Die Schattenspiele, welche wir nach dem Bad in Augenschein nahmen, konnten nicht Anspruch auf Lob machen. Die Gelees mochten wirklich ausgezeichnet sein, sie waren aber nicht nach meinem Geschmack.
    Als wir das Hamam (Bad) verließen, fanden wir den Abend so köstlich, daß wir uns entschlossen, noch einen kleinen Spaziergang zu machen. Wir verließen die Stadt auf der Westseite derselben und promenierten am Ufer des Arda dahin, welcher sich hier in die Maritza ergießt.
    Es war spät geworden, als wir umkehrten. Es mochte noch eine Stunde an Mitternacht fehlen; aber es war ziemlich hell. Noch hatten wir die Stadt nicht erreicht, als uns drei Reiter entgegenkamen. Zwei ritten auf Schimmeln; der dritte hatte ein dunkles Pferd. Sie trabten an uns vorüber, ohne uns zu beachten. Dabei machte der eine der ersteren gegen den anderen eine an sich gleichgültige Bemerkung. Ich hörte dies und blieb unwillkürlich stehen.
    „Was ist's?“ fragte Isla. „Kanntest du sie?“
    „Nein; aber diese Stimme kam mir bekannt vor.“
    „Du wirst dich täuschen, Sihdi. Stimmen sind sich oft sehr ähnlich.“
    „Das ist wahr, und das beruhigt mich. Ich hätte sonst gedacht, daß es die Stimme dieses Barud el Amasat sei.“
    „Dann müßte er ja entflohen sein!“
    „Allerdings! Aber das ist ja gar keine Unmöglichkeit.“
    „Wäre es der Fall, so würde er die breite Straße nach Filibe (Philippopel) eingeschlagen und nicht diesen einsamen, unsicheren Weg gewählt haben.“
    „Grad dieser Weg ist für einen Flüchtling sicherer als die belebte Straße nach Filibe. Die Stimme war ganz die seinige.“
    Es war, als ob mir eine geheime Stimme sage, daß ich mich nicht geirrt habe. Ich beschleunigte meine Schritte, und die anderen mußten mir mit derselben Schnelligkeit folgen. Als wir nach Hause kamen, wurden wir schon seit längerer Zeit erwartet, und zwar von Osco, welcher unter dem Tor

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