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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stand.
    „Endlich, endlich!“ rief er. „Ich habe euch mit Schmerzen erwartet. Mir scheint, es ist etwas geschehen.“
    „Was?“ fragte ich gespannt.
    „Ich lag, als es dunkel war, am Tor des Gefängnisses. Da kam einer, welcher sich öffnen ließ. Er trat ein und kam nach einiger Zeit mit noch zwei anderen aus dem Haus.“
    „Hast du einen erkannt?“
    „Nein; aber als sie gingen, hörte ich den einen sagen: ‚Das ist schneller geglückt, als ich dachte!‘ Ich schöpfte Verdacht und schlich ihnen nach, aber an der Ecke einer Straße verlor ich sie.“
    „Und dann?“
    „Dann ging ich hierher, um euch den Vorfall zu melden. Ich fand euch nicht daheim und habe vergeblich gewartet.“
    „Gut! Wir werden uns sofort überzeugen. Hulam mag mitkommen; die anderen können bleiben.“
    Ich eilte mit dem Genannten nach der Straße, in welcher Doxati sein Fremdenhaus hatte. Das Tor war noch geöffnet, und wir traten ein. Es gab ein gemeinschaftliches Zimmer, welches nach dem Hof zu geöffnet war, aber nach der Straße kein Fenster hatte. Ohne da hineinzugehen, gebot ich einem der anwesenden dienstbaren Geister, mir den Wirt zu bringen.
    Doxati war ein kleines, altes Männchen mit einem sehr verschlagenen griechischen Gesicht. Er machte mir eine tiefe Reverenz und fragte nach meinem Begehr.
    „Ist heute abend ein Gast hier eingekehrt?“ fragte ich ihn.
    „Mehrere, Herr“, antwortete er.
    „Ich meine einen kleinen Mann, welcher zu Pferd kam.“
    „Der ist da. Er hatte einen Bart, welcher so dünn ist, wie der Schwanz einer alten Henne.“
    „Du sprichst sehr unehrerbietig; aber es wird derjenige sein, welchen ich suche. Wo ist er?“
    „In seinem Oda (Zimmer, Stube).“
    „Führe mich zu ihm!“
    „Komm, Herr!“
    Er schritt voran, in den Hof hinaus und eine Art Stiege empor. Dort oben sah man beim Schein einer Lampe mehrere Türen. Er öffnete eine derselben. Auch hier brannte eine Lampe; aber das mit einer einzigen, alten Matte versehene Gemach war leer.
    „Wohnt er hier?“ fragte ich.
    „Ja.“
    „Aber er ist ja nicht da!“
    „Allah weiß es, wo er ist!“
    „Wo hat er sein Pferd?“
    „Im Stall, welcher sich im zweiten Awlu (Hof) befindet.“
    „War er heute abend unten bei den anderen Gästen?“
    „Ja. Dann aber stand er lange Zeit unter dem Tor.“
    „Ich suche außer ihm noch einen anderen Mann, welcher Manach el Barscha heißt. Kennst du ihn?“
    „Warum soll ich ihn nicht kennen? Er hat ja heute bei mir gewohnt!“
    „Hat! Er wohnt also nicht mehr hier?“
    „Nein, er ist abgereist.“
    „Allein?“
    „Nein, sondern mit zwei Freunden.“
    „Sie ritten?“
    „Ja.“
    „Was für Pferde?“
    „Zwei Schimmel und einen Braunen.“
    „Wohin sind sie?“
    „Sie wollen nach Filibe und dann weiter nach Sofia.“
    „Kanntest du die beiden Freunde?“
    „Nein. Er ging aus und brachte sie mit.“
    „Hatte er drei Pferde mitgebracht?“
    „Nein, sondern nur den Braunen. Die Schimmel hatte er heute gekauft, als es beinahe Abend war.“
    Jetzt wußte ich genau, daß mein Gehör mich nicht getäuscht hatte. Barud el Amasat war mit Hilfe dieses Manach el Barscha entkommen. Wer aber war der dritte gewesen? Vielleicht ein Schließer des Gefängnisses, welcher den Gefangenen herausgelassen hatte und infolgedessen gezwungen gewesen war, sich ihnen anzuschließen? Ich fragte weiter:
    „Der Mann, nach welchem ich dich zuerst fragte, ist ihnen nicht nachgefolgt?“
    „Nein.“
    „Weißt du das genau?“
    „Sehr genau; ich stand am Tor, als sie fortritten.“
    „Führe uns zu seinem Pferd!“
    Er führte uns über den vorderen Hof und durch einen gewölbten Durchgang nach einem niedrigen Gebäude. Der Geruchssinn sagte mir schon von weitem, daß es ein Stall sei. Er öffnete die Tür desselben. Es war dunkel; aber ein leises Schnaufen sagte mir, daß ein Pferd vorhanden sei.
    „Man hat das Licht gelöscht“, sagte er.
    „Brannte eins?“ fragte ich.
    „Ja.“
    „Standen die Pferde dieses Manach el Barscha auch hier?“
    „Ja. Ich war nicht dabei, als er sie holte.“
    „So wollen wir anzünden.“
    Ich zog ein Zündhölzchen heraus, und bald hatten wir Licht in der alten Laterne, welche an der Mauer hing. Jetzt erkannte ich Halefs Pferd und daneben auf dem Boden einen formlosen Klumpen, welcher in einen Kaftan gewickelt und mit Stricken umwunden war. Ich riß die Stricke auf und entfernte den Kaftan. Es war – mein kleiner Hadschi Halef Omar. Er sprang auf, ballte beide Fäuste und

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