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14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon)

14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon)

Titel: 14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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rutschte ihm zur Seite, und für einen Moment, in dem mir das Herz stillstand, sah es aus, als ob er durch das ausgefranste Loch in der Brüstung kopfüber auf die Erde stürzen würde. Er drohte den Kampf mit der Schwerkraft zu verlieren, als Lord Belvedere einen Satz nach vorn machte, ihn am Kragen seines Surkots packte und ihn nach hinten in die Arme seiner Höflinge zerrte.
    Die Menge stieß ein kollektives Stöhnen der Erleichterung aus, und Lilian und ich lehnten uns schlaff aneinander, die Hände an die Brust gepresst. Einige begannen zu applaudieren, aber ich konnte nicht sagen, ob es dem Überleben des Königs galt oder dem phänomenal inszenierten Stunt, als den sie den Vorfall womöglich erachteten. König Wilfred jedenfalls tat so, als wäre das Ganze zu unserer Belustigung arrangiert worden. Er erlaubte seinen Höflingen, ihn wieder auf die Beine zu stellen, seine derangierten Gewänder zurechtzuzupfen und die Krone auf seinem Kopf in die Mitte zu rücken, dann trat er nach vorn und stemmte die Hände in die Hüften.
    »Wenn wir nicht ein frohgemuter Monarch wären«, dröhnte er, »würden jetzt Köpfe rollen!«
    Ich gluckste wie alle anderen, und die Spannung löste sich, und doch kam ich nicht umhin zu bemerken, dass Lord Belvedere so fassungslos aussah, wie ich mich fühlte. Während Jinks die Menge zu vier anschwellenden Hurrarufen für den guten König Wilfred animierte, murmelte Lord Belvedere einem stämmigen Höfling etwas zu. Der nickte, ging rasch auf dem Wehrgang zum Ostturm und verschwand.
    Lord Belvedere trat vor und sagte: »Wenn Ihr mir erlaubt, mich an Eure Untertanen zu wenden, Eure Majestät?«
    »Aber gewiss«, sagte König Wilfred und trat zur Seite.
    »Lord, Ladys und all ihr guten Leute, seid versichert, dass euch auf unserer großartigen Kirmes nichts geschehen wird. Fürs Erste bitte ich euch, die Seiteneingänge zu benutzen« – er gestikulierte zu den Türen rechts und links im Torhaus –, »bis die Lakaien Seiner Majestät alle Spuren des unglücklichen Zwischenfalls beseitigt haben. Eure Majestät …« Er verbeugte sich zum König, der in der Mitte des Wehrgangs stand.
    »Es wird Zeit, liebe Leute.« König Wilfred blickte gen Himmel, als wollte er die Uhrzeit am Stand der Sonne ablesen, und hob seine pummelige Hand. Als er sie sinken ließ, zerriss ein Kanonenstoß die Luft.
    »Lasst die Lustbarkeiten beginnen!«, rief König Wilfred.
    Während der König und sein Hofstaat den Wehrgang durch den Ostturm verließen, schmetterten die Herolde abermals eine Fanfare. Lockende, an- und abschwellende Melodiefetzen schwebten über die Mauer, während das Volk Lord Belvederes Aufforderung nachkam und zwei mehr oder weniger geordnete Schlangen bildete. Einen Augenblick später öffneten sich die beiden Eingangstore, ein Paar kostümierter Kartenabreißer erschien, und die Schlangen bewegten sich langsam durch das Torhaus auf das Kirmesgelände.
    »Sind Kanonen etwas Mittelalterliches?«, fragte ich Lilian, während wir uns in die linke Schlange einreihten.
    »O ja, das sind sie«, erwiderte sie. »In Europa wurden Kanonen seit der Mitte des 14. Jahrhunderts eingesetzt. Wenn du mich fragst, könnten wir heute Morgen auch ohne Kanonen auskommen. Die einstürzende Balustrade war Aufregung genug für den Anfang.« Anerkennend ließ sie den Blick über das Torhaus schweifen. »Glaubst du, der Rest des Bauwerks ist stabil? Vielleicht hätten wir Schutzhelme aufsetzen sollen, um unsere Köpfe vor herunterfallenden Bauteilen zu schützen.«
    »Ein Ritterhelm wäre passender als ein Schutzhelm«, bemerkte ich. »Aber ich würde mir keine Sorgen machen. Im Moment lehnt König Wilfred sich nirgendwo gegen.«
    »Ach so«, sagte Lilian lachend. »Nun ja, Calvin ist tatsächlich ein korpulenter junger Mann. Vielleicht ist es von einem rein dekorativen Bauwerk zu viel verlangt, seinem Gewicht standzuhalten. Hoffen wir, dass er sich morgen nicht wieder gegen die Balustrade lehnen wird.«
    »Ich nehme an, dass Lord Belvedere ihm davon abrät, sich von nun an gegen irgendetwas zu lehnen«, sagte ich.
    Das Mitteltor schwang auf, und ein schlaksiger, dunkelhaariger junger Mann trat aus dem Torhaus. Er war Anfang zwanzig, trug ausgeblichene Jeans, ein kurzärmeliges Baumwollhemd und Arbeitsstiefel. Er schob eine Schubkarre. Er stellte sie neben dem Trümmerhaufen ab, trat etwas zurück und spähte zu der Stelle hinauf, an der König Wilfred vor kurzem ins Wanken geraten war. Der junge Mann blickte

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