14 - Unheimliche Schwestern
lief. Nicht
Xander! Ich werde nicht zulassen, dass sie Xander töten!
12
Xander
hatte seine Knie bis an sein Kinn hochgezogen und saß einfach da, unfähig, mehr
als nur das bisschen Licht zu erkennen, das unter dem Schlitz der
Speisekammertür hindurchschien, sowie die fahlen Umrisse von Dosen und Kisten,
die auf den Regalen neben der Tür standen. Er wusste nicht, wie lange er hier
nun schon saß, aber es kam ihm recht lang vor. Sein Hintern tat ihm weh und
seine Schultern waren mächtig verspannt. Ihm war auch nicht klar, warum er
ausgerechnet hier sein sollte, außer dass Polly ihn hierhergeführt hatte und
ihm gesagt hatte, er solle leise sein und sie würde später nach ihm sehen. Und
dass sie später einen kleinen Spaziergang zum Strand unternehmen würden. Dort
wo Wasser war.
Jenseits
der Tür war nun schon wohl seit Stunden Singen und Lachen erklungen, ganz
offensichtlich aus Frauenkehlen. Polly Moon. Calli Moon. Ihre Mutter, Mo Moon.
Und ihr ganzer Haufen Fußvolk… Freunde.
Hatte
er gerade Fußvolk gedacht?
Waren
sie Fußvolk? War das von Bedeutung? War nicht allein das von Bedeutung, was man
ihm auftrug? Das Leben war auf die Weise so viel einfacher, so viel lieblicher.
Wenn er das tat, was man ihm auftrug, würde sie ihn wieder mit ihrer Nähe
beglücken. Sie würde wieder mit ihm sprechen. Und er würde endlich wieder ihre
Stimme hören, die von einer anderen Welt zu stammen schien.
Er
schloss seine Augen und horchte nach den Geräuschen, die aus dem Hauptsaal des
Lachenden Griechen an sein Ohr drangen. Niemand war im Restaurant gewesen, als
Polly ihn hergebracht hatte. Bis auf die nackten Olympier an den Wänden und den
immer noch in der Luft hängenden Gestank von verbranntem Essen war der Ort
menschenleer gewesen. Polly hatte einen Schlüssel besessen und etwas darüber
gesagt, dass Mr. Gianakous ihnen das Restaurant überschreiben wollte - der Idiot,
der Narr, typisch Mann, hahahahahaha. Und dann zu einem späteren Zeitpunkt -
vielleicht eine Stunde, oder ein Tag, oder ein Jahr später? - waren da andere
erschienen, viele andere, von denen ein paar Stimmen wie die von Willow und
Allison klangen und andere wiederum vollkommen unbekannt. Jedenfalls handelte
es sich ausschließlich um weibliche Stimmen.
Nach
eine Weile hörte die Musik auf. Es klang fast so, als seien alle fort gegangen.
Xander wartete und horchte. Und horchte.
Und
horchte.
Seine
Nase juckte… aber es war überaus anstrengend, seine Hand dazu zu motivieren,
dem Juckreiz entgegen zu wirken.
Und
dann öffnete sich plötzlich die Tür und das helle Licht zwang ihn dazu, die
Augen zusammenzukneifen und nach Luft zu schnappen.
Er
konnte die Gesichter nicht erkennen, da sich seine Augen noch an die Helligkeit
gewöhnen mussten, aber er erkannte die Stimmen.
»Polly!
Nicht wieder!«, sagte Calli aufgebracht.
Mo
Moons wütende Stimme erklang wenig später: »Ich verfluche dich, Tochter! Ich
sollte dich langsam gen Hades schicken! Du musst mit diesem Unsinn aufhören!«
Schließlich
hörte Xander auch Pollys Stimme, die wie immer wunderschön und sinnlich klang.
»Mutter, du verstehst das einfach nicht.«
»Oh,
und ob ich das tue«, bestand Mo Moon auf ihrer Sicht der Dinge. »Ich verstehe
sehr wohl, dass du deinen Gesang missbrauchst, um Männer zu töten. Aber du
musst verstehen, dass Calli und ich genug davon haben. Du brauchst Hilfe. Du
musst einen anderen Weg finden, um deine Wut herauszulassen.«
Mo
griff in die Speisekammer und zog Xander auf den Flur. Er versuchte seine
Balance zu halten, fiel aber gegen die Wand. Mo sah ihn mit einem Stirnrunzeln
an, so als sei er etwas sehr Unappetitliches. Calli hatte ihre Hände in die
Hüften gestemmt und Polly starrte schmollend auf den Boden.
»Polly«,
begann Mo. »Wir haben genug von deinem Groll auf menschliche Männer. Du musst
endlich damit aufhören, sie nur zu deinem Vergnügen zu töten. Wo sollen wir
denn die zu uns aufblickenden Arbeiter hernehmen, die in unserer neuen Ordnung
die niedrigen Dienste übernehmen, wenn du weiterhin ihre Gehirne verflüssigst?«
Polly
zuckte mit den Schultern und drehte ihren Kopf weg. Ihr blondes Haar fiel wie
Regen von ihren Schultern. Xander wollte in diesem Haar beerdigt werden. »Ich
kann nichts dagegen machen«, erklärte sie trotzig. »Ich bin immer noch wütend
auf Neventinus. Ich lasse meinen Zorn in vielleicht etwas unangemessener Weise
heraus.«
»Neventinus
war ein nichtsnutziger Schafhirte!«, tadelte Calli ihre
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