140 - Zombies auf der Reeperbahn
Kiste stieg auch hier ein Skelett in die Höhe und
schoß Larry entgegen.
Er kam sich zwei Sekunden vor wie im Innern
einer Geisterbahn, wo die in Gang gesetzte Mechanik gruselige Effekte
verursachte.
Aber dies hier war keine Geisterbahn, und der
Spuk war nicht vorgegaukelt.
Er war echt!
Die Zombie-Skelette waren da und gierten nach
Leben - nach seinem Leben!
*
Morna Ulbrandson ging durch die Reihen der
Anwesenden, flirtete hier, nahm dort einen Drink und war mit ihren Gedanken
ganz woanders.
Sie dachte an die rothaarige Jenny, die sie
zum Skelett hatte werden sehen. Außerdem dachte sie an Candy, die an Jennys Seite
aus dem Hinterausgang des Hauses gestürzt war, angelockt durch die Ereignisse.
Wo waren die beiden Frauen, und wo befand sich die Leiche des Mannes und das Skelett, das mit
ihm aus dem Fenster der ersten Etage gefallen war?
Nach wie vor war die Frage ungeklärt.
X-GIRL-C hatte Zeit bis zu ihrem nächsten
Auftritt.
Bei dem Betrieb und dem schummrigen Licht, im
»Einäugigen Pirat« fiel es nicht auf, wenn eine Person untertauchte.
Vorausgesetzt, Billy mit seinen Superaugen war nicht in der Nähe. Ihm entging
in der Regel nämlich nichts.
Morna trug über einem knappen Slip und einem
nicht minder knappen BH ein hauchdünn gewebtes Kleid, das auf halber Höhe ihrer
langen, festen Schenkel mit Fransen abschloß.
Die Schwedin hielt Ausschau nach den
Personen, die an diesem Abend in dem makabren Spiel eine Rolle gespielt hatten.
Sie hielten sich nicht im Theater und auch
nicht in der Bar auf.
Gab’s nur noch eine Möglichkeit: die Zimmer!
Jenny und Candy wohnten wie alle drüben im
Hochhaus.
Morna warf einen Blick durch das Flurfenster,
quer über den Hof hinüber zu den Fensterreihen des Hochhauses.
Hinter einigen Fenstern waren die Vorhänge
zugezogen. Die meisten Räume lagen im Dunkeln. In einigen brannte Licht, und
hinter den Vorhängen waren die Silhouetten von Personen zu erkennen.
Jenny hatte ihr Zimmer im vierten Stock. Mit
Blick zum Hof. Dort brannte Licht, und der Vorhang war nicht zugezogen.
Morna war dem Zufall dankbar, der sie
hierhergeführt hatte. Wie es schien, im richtigen Augenblick
...
In Jennys Zimmer bewegte sich eine Gestalt.
Sie kam gerade zum Fenster.
Es war Jenny!
Morna Ulbrandson konnte die rothaarige Frau
deutlich sehen.
Jenny war aber nicht allein.
Hinter ihr erkannte man die Umrisse zweier
weiterer Personen, Zweier Männer. Den einen kannte Morna.
Es war der Mann, der aus dem Fenster gestürzt
war und der ihr den Tip über die »Anja T .« gegeben
hatte!
*
Da gab es für sie kein Halten mehr.
Sie mußte dem Rätsel auf den Grund gehen.
Alles, was sie sich an Plänen seit ihrer
Ankunft in Hamburg zurechtgelegt hatte, ließ sie fallen.
Sie brauchte die Maske als Halbweltdame und
Stripperin nicht mehr, um Professor Hollenz und das Wessener-Haus im Auge zu
behalten.
Es war etwas eingetreten, was eine sofortige
Überprüfung erforderte, ehe weitere schlimme Dinge passierten.
Die rothaarige Jenny zog den Vorhang zu. Sie
war auf die Gestalt im gegenüberliegenden Haus am dunklen Fenster nicht
aufmerksam geworden und wußte nicht, daß sie beobachtet worden war.
Morna Ulbrandson verließ auf schnellsten Weg
das Gebäude, überquerte den dunklen Hinterhof und betrat durch den
Hintereingang das Wessener-Hochhaus.
Leichtfüßig eilte sie über die Treppe nach
oben. Sie bemühte sich, kein Geräusch zu verursachen und knipste auch das
Flurlicht nicht an. Das Sickerlicht von der Straßenbeleuchtung und den
Reklameaufschriften der umliegenden Amüsierbetriebe reichte aus, um X-GIRL-C im
Hausgang all das sehen zu lassen, was sie sehen mußte, um sich zurecht zu finden.
Sie kam unbemerkt oben an. Niemand kreuzte
ihren Weg.
Als sie um die Ecke bog, um sich der Tür des
Zimmers zu nähern, in dem Jenny sich mit zwei anderen Person aufhielt, sah sie
eine geduckte Gestalt an der Wohnungstür stehen.
Morna verhielt sofort in der Bewegung.
Die Lauscherin an der Tür erkannte sie sofort
an den kleinen, steifen Zöpfen, die dieser einen Hauch von Pipi Langstrumpf
verliehen.
Candy!
Sie war derart in ihre Lausch- und
Beobachtungsaktion vertieft und hatte ein Auge fest ans Schlüsselloch gepreßt,
daß sie die sich Nähernde erst im letzten Moment bemerkte.
Erschrocken fuhr sie in die Höhe und hätte
fast geschrien. Aber im letzten Augenblick entsann sie sich daran, daß sie sich
mit diesem Schrei selbst verraten hätte.
»Morna !« stieß
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