140 - Zombies auf der Reeperbahn
und
flüsterte, fiel das, was sich die beiden Menschen zu sagen hatten, überhaupt
nicht auf.
»Ich habe zwar die Erlaubnis, großzügige
Spesen zu machen, Schwedengirl«, fuhr der Blonde fort und schlang seinen Arm um
ihre Hüften. »Aber inwieweit dazu das Vergnügen in einem Sex-Lokal von den
Spesen beglichen werden kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Zum Glück verfüge
ich auch noch über eigene Barmittel, so daß ich mir zumindest die Flasche
Champagner leisten kann. Und die Flasche bestellst du jetzt und trinkst auch
mit. Und dann machen wir uns ein paar schöne Stunden. So nah’ wie heute waren
wir uns schon lange nicht mehr .«
Er strahlte wie ein großer Junge von einem
Ohr zum andern, und Mornas Erwiderung erstickte im Keim, weil die Bedienung
aufkreuzte und den Sektkübel auf den Tisch stellte.
»Ich bin riesig froh, daß du da bist,
Sohnemann«, sagte sie zu Larry Brent. Er war der Besucher des »Einäugigen Piraten«.
»Es ist einiges passiert .«
»Hoho, und es wird noch mehr passieren«,
entgegnete X-RAY-3 in Vorfreude auf die Nacht. »Wenn ich schon den
unverschämten Preis für den Champagner entrichte, dann verspreche ich mir da
auch einiges von dir. Warum sind die Preise so gesalzen, Schwedenfee? Kriegst
du für deine Darbietung etwa eine phantastische Gage? Wenn das so ist,
quittiere ich ab sofort meinen Dienst bei der PSA und werde ab morgen Dompteuer
bei euch da oben auf der Bühne. Die vier Kätzchen kriege ich auch raus aus
ihren Schlafanzügen, darauf kannst du dich verlassen .«
»Ich fürchte, daraus wird nichts, Großer. Es
gibt da einige Neuigkeiten, die dich interessieren dürften .«
»Du hast Arbeit für mich ?«
Sie nickte, lächelte ihm verführerisch zu,
nippte an ihrem Glas und berichtete dann kurz und leise von den Ereignissen, in
die sie verwickelt wurde und die sich auf ebenso mysteriöse Weise geklärt
hatten.
»Alles scheint ein Traum, eine Halluzination
gewesen zu sein«, schloß sie ihre Ausführungen. »Aber gerade solchen Dingen
gegenüber bin ich besonders skeptisch. Ich wurde betäubt, aber ich weiß nicht,
wie und durch wen .«
Larry trank seinen Champagner und sagte
zunächst nichts.
Nach einer Weile meinte er dann: »Deine
Auftritte gehen noch bis drei Uhr ... Ich nehme an, daß du die Stunden danach
für mich schon reserviert hast .«
»Da muß ich dich leider enttäuschen,
Sohnemann. Professor Hollenz erwartet mich. Er scheint mich wirklich zu mögen,
und ich möchte gern wissen, was er über Charles Henniet zu berichten weiß, über
seine Reise mit der »Anja T .« und ob ihm vielleicht
irgend etwas komisch an Bord vorgekommen ist. Ich glaube, daß er sehr
gesprächig werden kann, wenn ich es nur geschickt anfange .«
»Daran, Schwedenmaus, habe ich keinen
Zweifel. Geschickt angefangen hast du es schon bei mir. Es ist dir gelungen,
mir den klotzigen Preis von ’nen billigen Schaumwein, den ihr hier
>Champagner< nennt, abzuluchsen. An Diplomatie hat es dir noch nie
gemangelt. Du nimmst also Hollenz aufs Korn, was nach der wunderbaren Rettung
durch ihn keine besonderen Schwierigkeiten machen dürfte. Und ich sehe mich mal
auf der >Anja T .< um.«
»Paß auf, Sohnemann«, sagte sie und wurde
plötzlich ernst. »Ich habe ein ganz komisches Gefühl. Ich werde auch das Gefühl
nicht los, daß hier im Theater und draußen in der Bar einige Leute sitzen, die
eigentlich keine Menschen mehr sind und den Auftrag haben, aus Menschen Zombies
und Zombie-Skelette zu machen ...«
*
Während der folgenden Darbietung auf der
Bühne verließ Larry das kleine schummrige Theater.
Niemand achtete besonders darauf, da es bei
den Nonstop-Programmen üblich war, daß neue Zuschauer kamen, und alte, die die
ersten Darbietungen schon kannten, ihre Plätze verließen, sobald die
Wiederholung erfolgte.
Daß Larry Brent allerdings schon kurz nach
Beginn der ersten Vorstellung ging, fiel zumindest dem Türsteher unangenehm
auf.
»Na, gefällt dir unser Programm nicht ?« fragte er verwundert, als X-RAY-3 die Straße betrat.
»Doch, ausgezeichnet. Ich komme auch
wieder... tolle Puppen, die da auf der Bühne rumtanzen. Aber ich bin mit
Freunden verabredet, die ich nicht verpassen darf .«
»Bring sie mit hierher. Die besten Shows und
die schönsten Weiber gibt’s im >Einäugigen<«.
»Was spring dabei für mich raus, wenn ich für
Besucher sorge ?«
»Wieviel sind’s denn, die du mitbringst ?«
»Fünf.«
»Dann kriegst du ’nen Gratisdrink und ich
sorge
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