1406 - Barriere im Nichts
zuvor gehörte Rhythmen vor. Mit jedem Ton, den er vernahm, wuchs auch sein Erfahrungsschatz. Irgendwann würde er tatsächlich zurückkehren, und aus seinen Membranen würde das Volk der Ophaler einen ungeheuren Schatz empfangen.
Einen Schatz, der alles andere aufwog. „Salaam Siin!"
Endlich sah er auf. Vor ihm standen dreizehn Kartanin im Wüstensand.
Die Projektion wirkte derart lebensecht, daß ihre Füße bis zu den Knöcheln in hellem Staub versanken. Sar-Eda-H'ay, Vio-Asa-H'ay, Kam-Pera-H'ay und wie sie alle hießen, dazu Ge-Liang-P'uo, ihre Anführerin, und Dao-Lin-H'ay, die erst vor kurzem dazugestoßen war. „Was kann ich für euch tun?" wollte er wissen. Seine Frage war ein höflicher Kanon mit nur geringem psionischen Anteil. Die Tatsache, daß sie alle dreizehn zugleich erschienen waren, ließ ihn gespannt die Antwort abwarten. „Wir haben ein kleines Problem", sagte Ge-Liang-P'uo. „Nun nehmen wir schon so lange deine Gastfreundschaft in Anspruch, Salaam Siin, und du hast dich nie über uns beklagt."
„Ihr stört mich nicht", gab er freundlich zurück. „Oft bin ich froh, euch dabei zu haben."
„Darum geht es nicht." Ge-Liang setzte sich vor ihn hing. Die anderen blieben stehen, nur Dao-Lin-H'ay rückte weiter in den Hintergrund. „Es wäre jetzt an uns, etwas für dich zu tun. Wir haben nachgedacht, und endlich ist uns das eingefallen, was dir vermutlich Nutzen bringt. „Wir wollen die HARMONIE ein bißchen umbauen ..."
„Das möchte ich nicht!" Seine Worte waren ein schriller Akkord. „Höre mir doch zunächst einmal zu", bat Ge-Liang, der die Empörung des Sängers nicht entgangen war. „Es geht nicht darum, daß wir aus reinem Spaß an der Sache irgend etwas verändern. Vielmehr geht es um den Enerpsi-Antrieb. Seit das Psionische Netz zusammengebrochen ist, bist du nur noch mit dem normalen Überlichttriebwerk unterwegs. Das Enerpsi-Aggregat nimmt an Bord Platz weg. Wir wollen es ausbauen und damit eine Art Geheimversteck für alle Fälle schaffen."
„Geht denn das?" wollte Salaam Siin zweifelnd wissen. „Ja", antwortete Ge-Liang stolz. „Wir haben alles schon mit deiner Syntronik abgesprochen. Uns steht viel Kleinarbeit bevor, aber am Ende erhältst du sechs Kubikmeter neuen Raum."
Im Grunde genommen wußte der Meistersinger nicht, ob ihm der Plan der Kartanin gelegen kam. Wozu brauchte er ein „Geheimversteck", wie Ge-Liang es genannt hatte? Allein der Ausdruck paßte nicht in seine Auffassung von Lebensführung - doch die letzten Wochen hatten ja gezeigt, daß er mit Gefahren leben mußte. Trotzdem, diese Gründe gaben nicht den Ausschlag. In erster Linie stimmte er zu, um den Kartanin einen Gefallen zu tun. Sie würden ein paar Tage lang zu tun haben und ihm gegenüber unbefangener reagieren. „Also gut", sagte er deshalb. „Ich mische mich nicht weiter ein; baut die HARMONIE um, wie ihr es für richtig haltet."
Die Kartanin verschwanden unter lebhaften Diskussionen im Antigravschacht, und nur Dao-Lin-H'ay blieb zurück. Sie, die als letzte zu ihnen gestoßen war und in ihrem Volk offenbar einen hohen Rang innegehabt hatte, schnurrte leise. Jedenfalls interpretierte der Sänger das leise Geräusch so - als einen Ausdruck des Wohlbehagens. „Du weißt sie zu behandeln, Sänger", sagte sie. „Du läßt ihnen die Freude."
Salaam San sang einen bestätigenden Akkord. „Ich wußte nicht, daß du das Angebot ebenfalls als Beschäftigungstherapie durchschaut hast."
Dao-Lin-H'ay lachte, und für seine Hörknospen war es ein scharfer, fast peitschender Ton. „Unterschätze mich nicht, ich kenne meine Artgenossen genau.
Sie sind unruhig oder träge, eines von beidem. Und träge waren sie schon viel zu lange. Man muß ihnen etwas zu tun geben, sonst drehen sie irgendwann durch."
„Das klingt, als hättest du mit dem Angebot doch etwas zu tun."
„Ich habe sie selbst auf die Idee gebracht. Vielleicht nützt es dir eines Tages, was meine Leute tun, wenn dein Leben weiterhin verläuft wie bisher. Einer wie du steht oft im Brennpunkt. Deshalb kannst du jeden zusätzlichen Sicherheitsfaktor brauchen."
„Du irrst dich, Dao-Lin!" rief er böse. „Natürlich, ich habe meinen Gesang oft als Waffe eingesetzt, doch das soll sich ändern. In Zukunft will ich versuchen, die Musik wieder als Kraft des Guten einzusetzen ..."
„Ich wußte nicht, daß du darunter leidest."
„Es ist aber so." Seine Antwort war eine kurze, schon wesentlich freundlichere Melodie, deren Kraft sich in
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