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141 - Das trockene Meer

141 - Das trockene Meer

Titel: 141 - Das trockene Meer
Autoren: Ronald M. Hahn
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runter?«
    »Ich werd mich bemühen.« Pofski zog an einem Seil.
    Hacker hörte ein Zischen. Der Ballon sank tiefer und war jetzt genau über dem Dampfer. Der Kapitän drehte die Propeller, sodass sie Gegenschub leisteten und die Position hielten.
    Hacker schätzte die Höhe ab. Sieben Meter? Sechs? Zu hoch, um zu springen. Was war, wenn er sich ein Bein brach? Dann fielen ihm die Taue ein, die den Ballon an den Pflöcken gehalten hatten. Er beugte sich vor. Sie waren unten an den Korbecken befestigt. Zu tief, um an sie heranzukommen.
    »Haben Sie ein Seil an Bord?«, fragte er den Aeronauten Pofski.
    »Da.« Pofski nickte, kramte in einer Kiste hinter dem Ofen herum und präsentierte ihm ein daumendickes Tau.
    Hacker deutete nach unten. »Ich werde mich abseilen und nachschauen, was passiert ist.«
    »Und ich?«, fragte Pofski.
    »Ich mache das Seil unten fest. Sie warten hier.«
    Der Aeronaut runzelte die Stirn, dann nickte er und trat zu Hacker an den Korbrand. Er machte das Seil fest und reichte Hacker das andere Ende. Hacker schulterte seinen Rucksack, schob den Laser in seinen Gürtel, packte das Seil und schwang die Beine über den Rand. Plötzlich fegte eine Bö heran und ließ den Korb schaukeln. Ehe Hacker sich festhalten konnte, kippte er über Bord. Kapitän Pofski stieß einen Schrei aus. Hacker verspürte einen Ruck und einen Anflug von Übelkeit. Das Seil rutschte ihm durch die Hände, und die plötzliche Hitze ließ ihn den Griff lösen. Er landete unsanft auf den Planken.
    »Viel Glück, Gospodin Hekker!«, rief Kapitän Pofski von oben. Hacker richtete sich auf. Durch den Gewichtsverlust schoss der Ballon steil in die Höhe. Eine Luftströmung packte ihn und schob ihn vom Dampfer fort. Er rauschte haarscharf über die Baumwipfel weg.
    Hacker hielt den Atem an, dann hörte er Pofski schreien:
    »Keine Sorge, ich krieg das schon hin! Ich komme zurück und hole Sie! Ein Pofski lässt keinen Genossen im Stich!«
    Wieder eine Bö. Hacker hörte ein lautes Fauchen, und gleich darauf fing es an zu regnen. Der Ballon schwebte über dem Wald und entfernte sich immer weiter vom Dampfer. Bald konnte ihn Hacker, der gebannt an der Reling stand, nicht mehr sehen.
    Was konnte er tun? Nichts. Also machte er sich seufzend an die Erforschung des stillen Dampfers. Er fand keine lebende Seele an Bord – nur ein einsames elchähnliches Reittier, das bei seinem Auftauchen freudig röhrte und seine Hand ableckte, als er es mit Getreide aus einem geplatzten Sack fütterte.
    ***
    Die Murometze, auf denen Black und Urla am Kolyma entlang ritten, waren pflegeleicht und schnell. Wenn die Reiter eine Pause einlegten, schlugen sie sich in die Büsche und verpflegten sich selbst. In der einzigen Nacht, die Black und Urla im Freien verbrachten, schirmten sie sie mit ihren Leibern vor dem Wind ab, gafften den Mond an und stießen Geräusche aus, die so klangen, als verlangte er ihnen höchste Bewunderung ab.
    Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle – wenn man davon absah, dass am Ufer ein liebestolles hundegroßes Geschöpf, das wie eine Kreuzung aus einer Maus und einem Biber aussah, ein Weibchen seiner Art mit Hilfe eines Mohrrübenstapels zu bezirzen versuchte und eine halbe Stunde lang mit offenem Maul und weithin sichtbarem Nagezahn brünstige Schreie ausstieß.
    Irgendwann am nächsten Tag kam der Moment der Trennung. An einem spitzen Felsen, der hoch über die Bäume hinweg ragte und wie ein Zuckerhut wirkte, zügelte Urla ihr Murometz und gab bekannt, dass sie nun auf verschiedenen Wegen reiten mussten.
    »Hier biege ich ab.« Sie deutete auf den Felsen. »Hat mich gefreut, deine Reisegefährtin zu sein. Sehen wir uns wieder?«
    Black zögerte. Er wusste zwar nicht, welche Gefahren ihn auf dem weiteren Weg erwarteten, doch er wollte Urla nicht verschrecken. »Wann führt dein Auftrag dich nach Tscherskij zurück?«
    Da verfinsterte sich Urlas Miene. »Ich kann es nicht sagen. Vielleicht zwei, vielleicht drei Tage. Es kommt darauf an…«
    »Auf was?«, fragte Black. Er nahm an, dass die Söldnerin zu einem Geschäftspartner ihrer Herrin unterwegs war und ihre Rückkehr an die Termine anpassen musste, die dieser bestimmte. Doch Urlas Antwort – »Ich werde mich bemühen, so schnell wie möglich zurück zu sein« – klang in seinen Ohren ausweichend, sodass er beschloss, nicht weiter in sie zu dringen.
    »Dann bis später«, sagte er und reichte ihr die Hand. »Wenn ich zurückkehre, habe ich sicher Zeit, ein paar Tage
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