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141 - Das trockene Meer

141 - Das trockene Meer

Titel: 141 - Das trockene Meer
Autoren: Ronald M. Hahn
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hatte keine Ahnung, wie die Dinge hier liefen. Ihm konnte alles Mögliche zugestoßen sein – schon in Tscherskij… Hatte er die Stadt überhaupt erreicht? War sein Segler etwa abgesoffen oder von Piraten gekapert worden?
    Als Black sich gerade erheben wollte, sah er in der Ferne eine Gestalt über die Deichmauer schreiten. Sie kam von der Insel Rula und wanderte lässig auf die pausenlos Wasser speienden organischen Pumpen zu, die, als er sich ihnen näherte, mit ihrer Tätigkeit innehielten, als spürten sie seine Anwesenheit.
    Black ließ sich wieder auf den Bauch fallen und schaute durch den Feldstecher. Ein Daa’mure! Er sah ihn deutlich. Er war wie ein Mensch gekleidet und wäre aus der Ferne auch als ein solcher durchgegangen. Doch nun sah er, dass der Schädel des Wesens haarlos war. Die ganze Gestalt erinnerte an eine muskulöse, stumpfnasige, silberfarbene Echse.
    Black ließ den Feldstecher sinken und dachte nach. Wie standen wohl die Chancen, sich an den Kerl heran zu pirschen, ihn gefangen zu nehmen und über den Sinn und Zweck der Kratersee-Trockenlegung auszuquetschen? Nicht sehr gut.
    Dazu hätte der Daa’mure sich aufs Festland begeben müssen.
    Außerdem wusste die Allianz inzwischen, dass die Aliens durch Stirnreifen miteinander Kontakt hielten. Wenn er Pech hatte, verfügte der Kerl da unten über so ein Ding – und dann würde es bald hier von Todesrochen nur so wimmeln.
    Es wurmte Mr. Black zwar, diese Gelegenheit nicht wahrnehmen zu können, aber die Stimme der Vernunft siegte.
    Er kehrte zu seinem Murometz zurück und führte es am Zügel in den Wald. Dann schwang er sich in den Sattel und nahm den Rückweg in Angriff.
    Als er die Hügelkuppe hinauf preschte und die schroffe Küste hinter sich ließ, verfinsterte sich der Himmel. Ein kalter Wind peitschte die Bäume. Die ersten dicken Regentropfen fielen zu Boden. Black murmelte einen Fluch, hielt an und zog seinen Umhang aus der Satteltasche.
    Doch das Kleidungsstück nützte nicht viel: Der Wind wuchs sich im Nu zu einem Sturm aus, der ihm den Atem nahm.
    Schließlich war er so nass, dass er keinen Sinn mehr darin sah, den Weg fortzusetzen. Er musste sich nach einem trockenen Unterschlupf umsehen.
    Zum Glück waren die Hügel, die das Seeufer umgaben, durchlöchert wie ein Käse aus Swizza: Die Narod’kratow, ein Hilfsvolk der Daa’muren, hatten hier seit Generationen ausgiebig Bergbau betrieben, sodass man, wenn man die Augen aufhielt, alle Nase lang auf Höhlen stieß, die tief ins Innere der Erde führten.
    Eine solche Höhle war nun Blacks erstes Ziel – auch deswegen, weil er nichts über die Physiologie seines Reittieres wusste und nicht wollte, dass es an einer Lungenentzündung starb.
    Vor der Hügelkuppe änderte Mr. Black den Kurs und bog ab. Er galoppierte, dicht an das Murometz gepresst, in westlicher Richtung an einer grauen Felswand entlang, bis er den klaffenden Eingang einer Grotte sichtete.
    Als Black im Trockenen war, saß er ab und befreite das Tier vom Ledersattel. Dann schaute er sich in der Höhle um, die groß genug erschien, um eine Kompanie nebst Ausrüstung zu beherbergen. Ob das Murometz sich vor dem Sturm oder vor der Finsternis fürchtete, wusste Black nicht; jedenfalls blieb es leise röhrend am Eingang stehen und war auch mit guten Worten nicht zu bewegen, nach hinten zu gehen, wo einem das vom Himmel fallende Wasser nicht ins Gesicht spritzte.
    »Ich guck mich mal um, Bullwinkle…« Black tätschelte dem mutierten Elch den Hals. »Halt die Stellung und warte auf Herrchen.«
    (Bullwinkle: ein beliebter Comic-Elch; »Rocky & Bullwinkle«)
    Bullwinkle blökte, als hätte er verstanden. Black machte auf dem Absatz kehrt, um ihren Unterschlupf zu erforschen. Er war nicht darauf aus, ihn mit einem Taikeepir, einer Taratze oder anderen Fleisch fressenden Mutationen zu teilen. Mit einer Pechfackel aus der Satteltasche machte er sich in den hinteren Teil der Grotte auf, die, wie er bald sah, zahlreiche Nebenhöhlen hatte, aus denen ihm aasig riechende Luft entgegenschlug.
    Als Bullwinkle nur noch ein Pünktchen hinter ihm war, hörte Black ein Scharren. Er fuhr wie der Blitz herum und riss die Strogoff hoch, doch schon flog etwas Gedrungenes und Haariges auf ihn zu. Etwas Hartes traf seine Stirn und er verlor den Boden unter den Füßen.
    ***
    Als Black erwachte, hörte er das Rauschen des Regens. Er war noch heftiger geworden. Dann vernahm er das Knistern eines Feuers und flüsternde Stimmen. Sie knarrten wie
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