1411 - Vampirehre
wuchsen, die ihr Schutz boten.
Sie überlegte ihr weiteres Vorgehen. Zugleich spürte sie, wie die Gier nach dem Blut der Menschen allmählich in ihr hochstieg. Sie hatte lange nichts mehr getrunken, doch irgendwann brauchte auch sie Nahrung. Dann war ihr alles egal, dann überkam es sie.
Noch mal das schnelle Umschauen. Keiner lauerte ihr auf.
Sie wollte die drei Blutschwestern, und sie wusste auch, dass sie in den Ort kommen würden. Vielleicht waren sie schon da. Auch wenn Justine sie bisher nicht bemerkt hatte.
Sie hätte sich auch mit Jane Collins und Sinclair zusammentun können. Dies hier wäre ein Fall, in dem sie mit Justine zusammengearbeitet hätten, aber das wollte sie nicht. Noch nicht. Es war ihre Sache. Es war ihre Rache.
Justine musste mehr über Tegryn und die nahe Umgebung erfahren. Sie wollte wissen, wo es Verstecke gab, die von den drei Blutschwestern aufgesucht werden konnten. Sie musste jemanden finden, der sich auskannte.
Den Wirt konnte sie nicht mehr fragen, aber Sinclair und die Collins hatten sie auf eine Idee gebracht. Sie waren mit dem Polizisten gekommen, und der Constabler war bestimmt ein Mensch, der sich perfekt auskannte.
Sie wusste nur nicht, wo er wohnte. Und eine Polizeistation hatte sie bisher noch nicht entdeckt.
Aber das war nicht alles. Es ging auch um das Blut der Menschen, und die Cavallo merkte, dass die Gier danach in ihr immer größer wurde…
***
Für den Constabler Luke Calham war zwar keine Welt zusammengebrochen, aber sein Weltbild hatte sich schon verändert, als er sich von dem Paar aus London verabschiedete und das Haus betrat, in dem er wohnte und arbeitete. Er war so tief in seine Gedanken versunken, dass er erst später merkte, wie ruhig es war. Er hörte seine Frau nicht und fand sich in seinem Büro wieder, in dem er die Schreibtischlampe eingeschaltet hatte.
In der unteren Etage befand sich nicht nur sein Office, sondern auch die Wohnräume des Paars, das keine Kinder hatte. In der oberen Etage schliefen sie. Da hatte der Constabler auch ein geräumiges Bad einbauen lassen.
Die Stille im Haus hätte ihn normalerweise nicht berührt. Nach den Vorfällen allerdings kam sie ihm eigenartig vor, wenn nicht sogar gefährlich. Er wusste auch nicht, was er in seinem Arbeitszimmer machen sollte, er hatte es irgendwie gedankenlos betreten, was ihm erst jetzt klar wurde.
Die Stille gefiel ihm nicht. Sie machte ihn sogar nervös. Er ging zur Tür, dann in den Flur und blieb bereits nach einem weiteren Schritt stehen, um zu lauschen.
Wenn sich seine Frau im Haus befunden hätte, dann hätte er sie eigentlich hören müssen. Jetzt wunderte er sich auch darüber, dass in der unteren Etage kein Licht brannte. Nur von oben fiel ein Schein über die Treppe, aber auch dort brannten nur die schwächeren Wandleuchten.
Der Constabler ging vor bis zur ersten Stufe, schaute die Treppe hoch und rief den Namen seiner Frau.
Er erhielt keine Antwort.
»Jodie…?«
Wieder hörte er nichts, und seine Nervosität steigerte sich allmählich, sodass er schon einen gewisse Druck in seiner Brust spürte. Da ging etwas nicht mit rechten Dingen zu, das ahnte er, aber er wusste nicht, was genau es war.
Es wäre für ihn kein Problem gewesen, die Treppe innerhalb weniger Sekunden hinter sich zu lassen. Aber damit hatte er ebenfalls Probleme. Er kam zunächst nicht weg und wartete darauf, ein Geräusch zu hören. Tritte, vielleicht Musik, die aus der Glotze oder dem altmodischen Radio drang, das seine Frau so gern einschaltete.
Nichts dergleichen passierte. Die Stille verdichtete sich weiterhin.
Sie schluckte einfach alles.
Dass Jodie das Haus verlassen haben könnte, kam ihm nicht in den Sinn. Sie wusste, was in der Nacht zuvor passiert war. Zwar kannte sie keine Einzelheiten, aber Luke hatte ihr geraten, nicht aus dem Haus zu gehen.
Normalerweise hielt sie sich an derartige Ratschläge. Andernfalls hätte sie eine entsprechende Antwort gegeben.
Auch der dritte Ruf blieb ohne Erfolg.
Feige wollte er nicht sein. Aber er musste sich schon einen Stoß geben, um die Stufen hochzusteigen. Er tat es langsam und mit klopfendem Herzen. Seine rechte Hand rutschte dabei über den Handlauf des Geländers, und über seinen Rücken hinweg krochen zahlreiche Spinnen mit kalten Beinen.
Er trat in das Licht, erreichte den Wohnbereich und blieb auch hier stehen, um zu lauschen. Ein Geräusch war nicht zu hören. Dafür sah er, dass Jodie hier oben Staub gesaugt hatte, denn der Sauger
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