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1412 - Die Hellseherin

1412 - Die Hellseherin

Titel: 1412 - Die Hellseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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danach. Glenda konzentrierte sich. Sie legte sogar ihre Fingerspitzen links und rechts gegen den Kopf. Sie richtete den Blick in eine bestimmte Richtung, was mich nicht weiter störte, denn ich war mit den eigenen Gedanken beschäftigt.
    Dass Glenda plötzlich von Saladin sprach, hatte mir schon einen Stich gegeben. Klar, er steckte hinter ihrem Zustand und hatte dafür gesorgt, dass sie so wurde. Aber warum mischte er hier mit?
    Glendas Hände sanken wieder nach unten. Dabei sagte sie: »Wir können gehen, John.«
    »Gibt es auch ein Ziel?«
    »Das denke ich schon. Aber nicht das kleine Dorf. Ich kenne den Weg, und wir müssen nicht mal hinab ins Tal. Wir können auf dieser Höhe bleiben, da werden wir es finden.«
    »Was denn?«
    »Ich kann es dir nicht genau sagen, tut mir Leid, aber ich weiß, dass es wichtig ist. Da habe ich beinahe den Eindruck, dass man mich ruft und auf mich gewartet hat.«
    »Okay, ich vertraue dir.«
    Als Antwort reichte sie mir wieder die Hand, und so ließ ich mich weiterhin führen.
    Es stimmte. Wir blieben auf der Höhe. Da gab es einen sehr schmalen Pfad, der sich durch das frische Frühlingsgras schlängelte und nie im Wald verschwand.
    Wir gingen ihm nach und waren auf dieser Höhe die einzigen Menschen. Der Himmel über uns hatte seine Helligkeit verloren, weil jetzt Wolken die Sonne verdeckten.
    Es war auch ein leichter Wind aufgekommen, der uns die Kühle noch deutlicher spüren ließ. Im Nordwesten ballten sich bereits dicke Wolken zusammen, die auf einen Wetterwechsel hindeuteten.
    Glenda bewegte sich sehr zielsicher. Sie schaute nicht auf ihre Füße, sondern nur nach vorn, und ich fragte sie: »Und? Hast du schon…«
    »Keine Sorge, John, ich bleibe dran. Ich muss es einfach tun. Ich kann nicht mehr anders.«
    Das hörte sich nicht gut an. »Wieso?«
    »Die Kraft hat sich verstärkt.«
    »Was heißt das?«
    »Unser Ziel ist nicht mehr weit.«
    Das mochte stimmen, aber ich fragte mich, was es sein konnte.
    Der Weg führte noch immer leicht bergab. Ich sah, dass wir in eine Linkskurve gehen mussten. Das Gestrüpp, das uns einen Teil der Sicht genommen hatte, verschwand plötzlich, sodass wir jetzt direkt in die Tiefe schauen konnten.
    Da waren die Häuser des kleinen Orts, aber es war noch ein Haus hinzugekommen, und das lag auf halber Höhe. Selbst aus dieser Entfernung war zu sehen, dass man es nicht aus Stein, sondern aus Holz errichtet hatte.
    Wir blickten auf das Dach. Glenda war nicht mehr weitergegangen und stand wie versteinert neben mir. Dabei drückte sie meine Hand, als wollte sie mir die Finger zerquetschen.
    »Ist es das Ziel?«
    »Ja, das Haus.«
    »Und weiter?«
    Glenda lächelte knapp. »Ich kann natürlich nicht durch die Mauern schauen, aber ich weiß, dass sich im Haus jemand verbirgt, und den kennst auch du.«
    »Saladin!«
    »Ja!« Ein Zittern durchlief ihre Gestalt. »Er ist so nah, so verdammt präsent. Ich spüre ihn fast körperlich. Es sind die verdammten Strömungen, denen ich nicht entwischen kann.«
    »Was noch?«
    »Er ist nicht allein, glaube ich. Da ist noch jemand bei ihm. Ich weiß nicht, wer es sein könnte.«
    Ich schaute wieder nach unten und vor das Haus. Dort stand ein silbergrauer Wagen. Die Marke erkannte ich von hier oben nicht.
    Wobei ich nicht glaubte, dass Saladin mit einem Auto gekommen war. Ein Typ wie er hatte andere Möglichkeiten.
    »Und was jetzt, Glenda? Irgendetwas müssen wir ja schließlich tun.«
    »Ich muss hinein.«
    »Zu Saladin?«
    »Klar.«
    »Warum? Du würdest dich in Gefahr begeben und…«
    »Ich muss es einfach, John. Ich spüre es. In meinem Innern hat sich ein Druck aufgestaut, den ich nicht erklären kann!«
    »Verstehe. Lass uns gehen.«
    Unbedingt wohl war mir nicht. Aber was sollte ich machen? Ich konnte Glenda nicht allein lassen oder abwarten, wie eine Begegnung zwischen ihr und dem Hypnotiseur wohl verlaufen würde.
    »Sollen wir sicherheitshalber Deckung suchen?«, fragte ich.
    »Nein, das nicht. Er wird bestimmt merken, dass wir kommen. Er ist einfach zu mächtig.« Glenda hatte Mühe, die Furcht in ihrer Stimme zu unterdrücken.
    Ich konnte mir vorstellen, wie es in ihr aussah. Saladin hatte sie diese Veränderung zu verdanken. Sie hatte sich in seiner Gewalt befunden, sie war sich wie ein Spielzeug vorgekommen, und auch jetzt ging sie an seiner langen Leine.
    Um so bewundernswerter war ihr jetziges Verhalten. Dass sie sich den Dingen stellen wollte, auch wenn wir beide noch nicht wussten, was da auf

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