1415 - Letzte Station Hölle
schaute zur Treppe hin, und genau dort malte sich die Gestalt des Dracula II ab. Er war nicht allein. Jemand begleitete ihn, und die Augen des Pfählers weiteten sich, als er Justine Cavallo, die blonde Bestie, erkannte.
Auch Marlene hatte die beiden gesehen. Spontan stellte sie die geflüsterte Frage.
»Ist das unser Ende?«
»Ich fürchte ja…«
***
Nachdem wir das Haus betreten hatten, kamen wir uns vor wie von ihm umschlungen. Häuser strahlen immer etwas aus. In diesem Fall war es nicht nur das Bedrohliche und Düstere, vermischt mit einer kühlen Luft zwischen engen, kahlen Wänden, sondern auch ein Geruch, den wir hier eigentlich nicht erwartet hatten.
Jeder von uns schnüffelte nach. Die Blicke, die wir uns in diesem fahlen Halbdunkel zuwarfen, sprachen Bände.
Glenda stellte als erste die Frage. »Ist das wirklich…«
»Leichengeruch, meinst du?«
Sie nickte mir zu.
»Ich denke schon. Leichen, die sich im Stadium der Verwesung befinden.«
Glenda schüttelte den Kopf. »Aber Vampire strömen den Geruch doch nicht aus.«
»Dafür Ghouls«, erklärte Suko trocken.
Er hatte ins Schwarze getroffen. Einen derartig starken Geruch konnten nur Ghouls abgeben. Da hatten wir unsere Erfahrungen sammeln können.
Ich stellte mir die Frage, wie es möglich war, dass ein Dracula II seine Welt innerhalb so kürzester Zeit hatte verändern können, aber er war eben kein normaler Mensch und hatte sich trotz seiner letzten Niederlagen entsprechend auf seine neue Zeit vorbereiten können.
Dafür sprachen auch die Wölfe. Mit denen hatte er sich schon in unserer Welt verbündet, mit ihnen hatte er auch Frantisek in eine Falle gelockt. Und er hatte die Wölfe mit in die Vampirwelt genommen. Doch woher kamen die Ghouls?
Ab jetzt befand er sich nicht mehr in der Defensive. Nun ging er offen an die Aufgaben heran, die ihm einen großen und vielleicht auch endgültigen Sieg bringen sollten. Er hatte sich Marek geholt, und wir befanden uns ebenfalls in seiner Welt, die für einen normalen Menschen ein einziges Gefängnis war.
Er war ›moderner‹ geworden. Ich kannte hier noch die engen Schluchten und Höhlen, die kargen und staubigen Verstecke, die Finsternis dort, die ausgemergelten Gestalten der blutleeren Vampire und auch die gefährlichen Ghoulwürmer.
Als ich an die dachte, da musste ich einsehen, dass es schon einen Grund für den Geruch gab.
Es mussten nicht die widerlichen schleimigen Wesen sein, die den Gestank abgaben, es konnte sich auch um Ghoulwürmer handeln, die sich irgendwo versteckt hatten.
Wir konnten uns aussuchen, wohin wir wollten. Entweder in die Räume, deren Türen nicht geschlossen waren, oder auch die Treppe hoch, die sich sehr eng an einer Wand entlangzog.
Wir versuchten herauszufinden, aus welcher Richtung uns der Gestank erreichte. Leider war das nicht herauszufinden. Der Gestank war da, und er wehte nicht eben so auf uns zu, dass wir ihn hätten lokalisieren können.
Ich drehte mich der Treppe zu. Mit meiner kleinen Lampe leuchtete ich über die Stufen hinweg, aber ich hatte wieder Pech. Nicht ein Ghoul war zu sehen.
Suko war den Gang entlang geschritten. Er leuchtete in die Räume hinein. Glenda blieb in der Mitte zwischen uns stehen. Ihr Gesichtsausdruck sah sehr angestrengt aus, die Blicke wanderten hin und her. Sie versuchten, möglichst so viel wie möglich zu erfassen. Nur war fraglich, ob ihr das gelang.
Ich stieg die Stufen hoch. Natürlich wollten wir nicht das gesamte Haus durchsuchen. Das hätte zu viel Zeit gekostet. Es gab noch ein zweites, und dort mussten wir hin.
Vor der letzten Stufe des ersten Absatzes vernahm ich Glendas leisen Ruf.
»John, wo steckst du?«
»In der ersten Etage.«
»Was gefunden?«
»Nein, ich muss mich noch umschauen. Hier sieht es nicht anders aus als bei euch unten.«
»Willst du noch weiter hoch?«
»Ich glaube nicht. Ich schaue mich hier nur kurz um.«
Es war wie unten. Da gab es den kahlen Flur, die nackten Wände und die Türen, die nicht verschlossen waren. Wenn sie überhaupt vorhanden waren, dann standen sie offen, und es waren zudem nur primitive Holzgebilde, da konnte man sich wundern, dass sie überhaupt hielten.
Der Geruch war auch hier nicht verschwunden. Ich hätte am liebsten ein Taschentuch vor den Mund gepresst, aber ich wollte meine Hände freihaben.
Ein Gefühl trieb mich tiefer in den Flur hinein. Mir kam der Gestank noch intensiver vor. Vor einem der Eingänge blieb ich stehen.
Hier ballte sich der
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