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1417 - Der Würgeengel

1417 - Der Würgeengel

Titel: 1417 - Der Würgeengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und aus ihrer Reserve hervorkommen.«
    »Wann?«
    Ich verdrehte die Augen. »Du stellst Fragen.«
    »Dann hoffe ich, dass es so schnell wie möglich passiert.«
    »Ja, das können wir uns nur wünschen.«
    Ich wollte noch etwas hinzufügen, aber wir wurden abgelenkt. Inzwischen hatten wir die erste Etage hinter uns gelassen und befanden uns auf dem Weg zum Ausgang.
    Von dort hörten wir eine Stimme. Ein Mann sprach sehr laut, und eine Frau versuchte vergeblich, ihn zu beruhigen. Beide kamen von draußen. Als sie das Haus betraten, gaben die Stimmen einen lauten Hall ab, und dann fuhren sie uns fast vor die Füße.
    Das heißt, es fuhr nur einer. Der alte Mann saß in einem Rollstuhl.
    Er wurde von einer jungen Frau geschoben, die knapp an die zwanzig war. Das Gesicht zeigte noch etwas Kindliches. Die Haare wuchsen ihr als Strähnen in die Stirn. Unter dem hellen Kittel zeichnete sich eine korpulente Figur ab.
    Die junge Pflegerin hatte uns sicherlich gesehen, aber sie bekam den Mann nicht ruhig, der ein Thema anschnitt, bei dem Suko und ich die Ohren spitzten.
    »Ich weiß genau, dass mich der Engel bald holen wird. Er zieht mich hinein ins Jenseits. Da kannst du noch so oft dagegen sprechen, Kind. Er kommt.«
    »Unsinn.«
    »Jetzt sage nicht, dass es keine Engel gibt.«
    »Ich habe noch keine gesehen.«
    »Hast du denn den lieben Gott gesehen?«
    »Nein.«
    »Und trotzdem glaubst du an ihn, wie?«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Wieso?«
    Die junge Pflegerin verdrehte die Augen. »Ich kann mit Ihnen über das Thema nicht reden.«
    »Du willst es nicht.«
    Die beiden standen jetzt im Flur nicht weit von einer Aufzugstür entfernt. Wir hatten natürlich alles gehört und traten näher. Der alte Mann hatte unter Umständen noch etwas sagen wollen, doch jetzt hörte er unsere Schritte und drehte sich in seinem Rollstuhl so gut wie möglich um, damit er uns sehen konnte.
    Wir schauten in ein fleischiges, etwas rot angelaufenes Gesicht mit einigen tiefen Falten, die sich wie Rinnen in der Haut abzeichneten.
    Vom Haar sahen wir nichts, weil es von einer flachen Kappe verdeckt wurde. Der Mann trug eine graue Strickjacke, die er nicht geschlossen hatte. Er funkelte uns an.
    »He, wer seid ihr denn?«
    »Besucher«, sagte ich.
    »Ach, wie schön. Sucht ihr schon einen Platz für später?«
    Die Pflegerin war es leid. »Kommen Sie, Mr. Roberts, wir müssen hoch.«
    »Warum?«
    »Das Essen ist…«
    »Hör auf, Kind. Was soll ich essen? Soll mich der Engel mit vollem Magen erwischen?«
    »Der Engel wird nicht kommen. Das sage ich Ihnen.«
    »Aber ich weiß es.«
    Die junge Frau wandte sich an uns. »Entschuldigen Sie bitte, aber es gibt eben Menschen, die sehr störrisch sind.«
    »Nein, nein, Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Wir finden es interessant.«
    Mr. Roberts lachte kichernd. »Da hörst du es, Greta. Die beiden finden interessant, was ich gesagt habe.« Er funkelte uns aus seinen noch immer blauen Augen an. »Glauben Sie denn an Engel?«
    Wir standen jetzt neben dem Rollstuhl. »Wenn Sie das so ausdrücklich sagen, Mr. Roberts.«
    »Dazu stehe ich auch.«
    »Was macht Sie denn so sicher?«
    »Ganz einfach.« Er wischte über seine dünnen Lippen. »Unsere liebe Elaine Cerny. Sie hat davon gesprochen. Sie hat mir immer wieder erklärt, dass es den Engel gibt, der darauf wartet, mich ins Jenseits zu holen. So ist das eben. Und ich weiß, dass ich nicht der Einzige hier aus dem Affenstall bin. Der hat schon andere geholt.«
    »Das wissen Sie?«
    »Ja, darauf wette ich.«
    »Auch Waldo Spencer?«, fragte Suko.
    Mr. Roberts stutzte für einen Moment. »He, Sie kennen meinen alten Kumpel Waldo?«
    »Ja, wir haben ihn gesehen. Leider etwas zu spät. Da ist er bereits tot gewesen.«
    »Herzschlag«, fügte ich hinzu.
    Roberts grinste breit. »Genau das habe ich mir gedacht. Wer hier stirbt, der hat immer einen Herzschlag gehabt. Kein Krebs, keine anderen Todesgründe, sondern Herzschlag.« Er schlug sich gegen die Stirn. »Das fällt doch auf, und jetzt erzählt mir die Cerny was über einen Engel, der zu mir kommen würde.«
    »Um Sie ins Jenseits zu begleiten?«
    »Klar, was sonst?« Er lachte glucksend. »Oder glauben Sie, dass er mich heiraten will?«
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte ich. »Aber warum soll denn der Engel zu Ihnen kommen? Hatten Sie in Ihrem Leben bisher eine besondere Beziehung zu ihm?«
    »Unsinn. Das war für mich Kinderkram. Ich habe mit Waldo noch vor zwei oder drei Tagen gesprochen. Da hat er

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