1417 - Der Würgeengel
sagte: »Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand in einem Seniorenheim auf eine ungewöhnliche Art und Weise ums Leben gekommen ist.«
»Sie weichen also nicht von Ihrer Meinung ab?«
»Nein.«
Die Cerny deutete auf sich. »Also halten Sie mich für die Mörderin der Menschen?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Es hörte sich aber so an, und ich kann mir auch keine andere Antwort vorstellen.«
»Vielleicht irren Sie sich.«
»Ha, das sollte mich freuen.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Sie das freuen wird.«
»Warum nicht? Es entlastet mich doch.«
»Die Würgespuren am Hals müssen nicht von Menschenhand stammen.«
»Wer sollt dann…«
Ich ließ sie nicht ausreden. »Ein Engel, zum Beispiel.«
Jetzt war ich gespannt auf die Reaktion der Heimleiterin.
So sicher sie sich in den letzten Minuten trotz unseres Verdachts gegeben hatte, so unsicher war sie plötzlich geworden. Sie ging zwar nicht weg, aber sie bewegte sich unruhig auf der Stelle, räusperte sich und schaute zur Seite.
»Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?«, fragte Suko.
»Ja.«
»Warum?«
Sie musste sich die Antwort erst zurechtlegen. »Weil… weil … ja, weil ich so einen Unsinn noch nie in meinem Leben gehört habe.«
Sie lachte und schlug sich dabei auf die Oberschenkel. »Das ist wirklich der pure Schwachsinn. Sie reden von einem Engel, der zu Waldo Spencer kam und ihn erwürgte?«
»Nicht nur zu ihm. Auch zu Louise Russo und zu ihrem Sohn Luke, der ebenfalls erwürgt wurde. Was wir Ihnen da sagen, sind einfach Tatsachen, denen auch Sie sich stellen müssen, Mrs. Cerny.«
Die Frau runzelte die Stirn. Wir hatten sie durcheinander gebracht.
Sie suchte nach einer Antwort, und es fiel ihr nur ein, uns anzuzischen. »Verschwinden Sie aus diesem Haus. Sofort! Setzen Sie sich in Ihren Wagen! Ich will Sie nicht mehr sehen. Sie…«
»Die Verdächtigungen bleiben«, erklärte Suko. »Wir sind sogar sicher, dass nicht nur die beiden Letztgenannten auf diese Art und Weise ums Leben gekommen sind. Wenn wir genauer nachforschen, werden wir bestimmt auf weitere Menschen stoßen, die in der letzten Zeit durch angebliche Herzschläge gestorben sind.«
Elaine Cerny schwieg. Sie zog die Augenbrauen zusammen. Als sie atmete, hörte es sich wie ein Pfeifen an.
»Raus hier! Hauen Sie ab, verdammt! Oder zeigen Sie mir den Engel, der würgt.«
Ich lächelte ihr ins Gesicht. »Gern, wenn er sich wieder zeigt.«
»Was heißt das?«
»Ganz einfach. Dass ich ihn bereits gesehen habe. Auch wenn ich nicht so aussehe, aber ich glaube daran, dass es Engel gibt. Und ich glaube ferner, dass sie nicht nur gut sind. Auch in ihren Welten ist es zu einer Polarisation gekommen. Das wollte ich Ihnen sagen.«
Elaine winkte ab. »Es ist mir so egal, was Sie mir sagen wollten oder nicht. Ich kann Ihnen nur erklären, dass es Schwachsinn ist, was ich von Ihnen gehört habe.«
»Das bleibt Ihnen überlassen.«
»Und jetzt gehen Sie endlich.«
Ich nickte ihr zu. »Das werde ich auch, Mrs. Cerny. Aber ich denke, dass wir uns wiedersehen werden.«
»Hoffentlich nicht.« Sie deutete auf die Tür.
»Danke, wir finden allein hinaus.«
Sie zitterte vor Wut, aber sie ließ uns gehen…
***
»Na, das war doch mal was«, sagte Suko. »Da haben wir jemand stark ins Schwitzen gebracht.«
»Du sagst es.«
»Und? Was hältst du von ihr?«
Ich lachte, während ich ging. »Diese Elaine Cerny ist verdammt abgebrüht. Sie ist eiskalt, und sie geht ihren Weg, und dabei glaube ich, dass sie voll auf den Würgeengel setzt.«
»Und was ist der Grund?«, fragte Suko. »Kannst du sagen, was dahinter steckt?«
»Genau das kann ich leider nicht. Ich weiß es nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass sie mit dem Engel einen Bund geschlossen hat. Beide sind Komplizen.«
»Wem nutzen die Morde?«
Ich hob die Schultern.
»Wahrscheinlich eher dem Engel«, sagte Suko. »Nur weiß ich leider nicht, was genau dahinter steckt. Dass es ohne Motiv geschieht, kann ich mir nicht vorstellen.«
»Richtig.«
»Okay, lassen wir das. Wie gehen wir vor?«
Mein Lächeln blieb bestehen, als ich antwortete. »Ich denke, dass unser Besuch für einen kleinen Aufruhr gesorgt hat. So kann ich mir durchaus vorstellen, dass die andere Seite etwas unternimmt. Sie weiß jetzt Bescheid, und sie muss reagieren. Ich gehe sogar davon aus, dass es einen engen Kontakt zwischen dem Würgeengel und dieser Elaine Cerny gibt. Unser Besuch wird die Frau aufgeschreckt haben. Sie muss jetzt etwas unternehmen
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