1420 - Der Geisterhenker
habe mich daran beteiligt.«
»Du kennst ihn also?«
»Ja, ich nahm den Kontakt mit ihm auf. Der Geisterhenker ist wieder da. Und ich habe ihm erklärt, dass es hier in London, wo seine Tochter lebt, Menschen gibt, die ihm nicht eben wohl gesonnen sind. Und mein Freund, der Henker, ist sofort darauf angesprungen. Es war ihm wichtig, seine Tochter zu töten, aber danach kann er sich auf andere konzentrieren.«
»Auf mich, meinst du?«
»Zum Beispiel.«
»Und auf wen noch?«
Ich erhielt eine Antwort, und die bestand aus einem wilden Gelächter, das mir gar nicht gefiel…
***
Jim Fieldman hatte seinen Platz nicht verlassen. Er war ein Mensch, den jedes Team brauchte. Wenn man ihm etwas sagte, konnte man sich darauf verlassen, dass er seinen Job auch durchzog. Fragen stellte er nicht, er tat es einfach.
So war es auch in diesem Fall. Sein Chef hatte ihm erklärt, dass er bei Sinclair bleiben sollte, um anschließend die Siegel wieder anzubringen. Und er sollte auch die Ohren offen halten, um irgendwelche Neuigkeiten aufzuschnappen, falls es sie denn gab. Sein Chef war noch immer daran interessiert, sich in die Aufklärung des Falls einzumischen.
Am liebsten hätte er zusammen mit John Sinclair die Wohnung durchsucht. Ihm diesen Vorschlag zu machen hatte er sich jedoch nicht getraut. Das hätte Sinclair auch gar nicht zugelassen, und so wartete er ab, bis der Kollege mit seiner Arbeit fertig war.
Aus der Wohnung hörte er nichts. Es war still um ihn herum, und ihm wurde auch allmählich warm. In dieser Umgebung fühlte er sich nicht unbedingt wohl, aber die Zeit würde auch vergehen. Eine Wohnung zu durchsuchen dauerte keine Ewigkeit.
Langeweile kannte Fieldman. Wie oft war er als Beobachter eingesetzt worden, und das nicht nur am Tage, sondern auch in der Nacht, wenn die Augendeckel schwer wurden und Geist und Körper allmählich abschalteten.
Selbst hier kroch die Müdigkeit allmählich in seine Glieder. Wenn ihm jetzt die Augen zugefallen wären, hätte er sich nicht darüber gewundert, und er überlegte, ob er sich einfach gehen lassen sollte.
Bis ihn etwas störte.
Es war ein schwacher Luftzug. Zudem hörte er das Lachen und Flüstern einer menschlichen Stimme. Er schraubte sich von seinem Stuhl hoch, drehte sich um – und sah den Fremden.
Fieldman war so perplex, dass er nicht mehr denken konnte. Das Blut wich aus seinem Kopf. Er wurde totenblass, sein Mund blieb offen, und aus der Tiefe seiner Kehle drang ein leises Stöhnen.
Der Mann war aus dem Nichts erschienen. Er trug schwarze Kleidung, aber das nahm er nur nebenbei wahr. Fieldman war von dem Kopf des Fremden fasziniert, auf dem nicht ein einziges Haar wuchs. Er sah das runde, sehr glatte Gesicht, den breiten Mund, die schmale Nase und die Augen.
Ja, die Augen!
Sie waren etwas ganz Besonderes in diesem Gesicht. Sie wirkten künstlich, als hätte man die Augen einer Puppe in die Höhlen hineingepresst. Sie waren so völlig anders als bei einem Menschen, und von ihrer Farbe her waren sie auch nicht zu definieren.
Und sie machten ihm Angst…
Er wollte nach seiner Waffe greifen, und sein rechter Arm bewegte sich auch, aber die Hand schaffte es nicht, den Pistolengriff zu berühren. Er sah noch etwas in den Augen des Fremden, und plötzlich war er nicht mehr der Mensch, der er noch vor wenigen Sekunden gewesen war. Er spürte so etwas wie einen Riss in sich. Seine Persönlichkeit war ausgeschaltet worden. Er dachte nicht mehr und schaute nur den Fremden an, in dessen Augen sich nichts verändert hatte.
»Wie heißt du?«
Saladin hatte die Frage sehr leise gestellt. Sie klang trotzdem scharf durch den Kopf des Polizisten.
»Jim Fieldman.«
»Gut, Jim. Du weißt sicherlich, dass ich nur zu dir gekommen bin. Zu dir allein.«
»Ja, ich weiß es.«
»Und von nun an wirst du tun, was ich dir befehle. Ich bin vorhanden, auch wenn du mich nicht siehst. Ich bin überall, ich bin immer da. Verstehst du das?«
»Ja.«
»Von nun an bin ich immer bei dir. Du kannst mich nicht mehr vergessen. Du wirst tun, was ich dir sage. Du wirst dabei über Leichen gehen, wenn ich es will. Hast du verstanden?«
Jim Fieldman sah nur die Augen. Diese beiden kalten Rundungen.
Die Kreise, in denn sich Eis gesammelt zu haben schien. Diese Augen waren es, die ihn nicht nur faszinierten, die ihn auch übernahmen, die sich seiner bemächtigten.
»Ich habe verstanden.«
»Ab jetzt bist du mein Geschöpf, und du wirst warten. Hier warten, bis ich dir meine Befehle
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