1420 - Der Geisterhenker
geholfen hätte, und mit den bloßen Händen war überhaupt nichts zu schaffen.
Es ging nichts mehr – nur bei seinem Besucher, der es leid war und nicht länger warten wollte.
Sir James sah nicht mal einen Ruck. Die Bewegung war fließend, mit der sich der Henker von der Wand löste und dann auf ihn zukam, ohne dass ein Laut zu hören gewesen wäre…
***
Glenda Perkins war nicht eben glücklich, als Sir James das Büro verlassen hatte. Sie machte sich Sorgen um ihn. Er hatte sich ganz anders als sonst verhalten. So kannte sie ihn nicht, und sie fragte sich, ob es richtig war, wenn er allein blieb.
Auf der anderen Seite war er ihr Chef. Glenda sah es als unmöglich an, wenn sie ihm nachlief und ihn dazu bringen wollte, etwas zu tun. Das musste er selbst entscheiden.
Bei dem Begriff entscheiden fiel ihr ein, dass auch John Sinclair und Suko noch nicht wieder zurück waren. Sie wünschte sie sich herbei, zu dritt hätten sie vielleicht eine Lösung finden können. So aber konnte Glenda nur warten und musste zusehen, dass sie sich nicht selbst verrückt machte.
Über ihre eigenen besonderen Fähigkeiten dachte sie nicht weiter nach. Sie wollte sie nicht einsetzen. Erst wenn es einen Grund gab, würde sie darüber nachdenken.
Dafür grübelte sie über den Geisterhenker nach und natürlich auch über Saladin. Beide standen in einer bestimmten Beziehung zueinander. Da konnte sich einer auf den anderen verlassen.
Der Geisterhenker hatte es sogar geschafft, seine Tochter zu töten.
Eine alte Rache. Eine Abrechnung, weil sie den Vater nicht vor Gericht unterstützt hatte.
Er war ein Henker gewesen. Einer vom alten Schlag, aber in einer modernen Variante.
Für den Job wie diesen war er prädestiniert. Er war vor allen Dingen darauf vorbereitet, John Sinclair und seine Freunde aus der Welt zu schaffen. Das würde ihm sicherlich gelingen, wenn man nicht schneller war als er und ihn vernichtete.
Das alles wusste Glenda. Danach richtete sie sich auch, aber sie selbst konnte nichts dagegen tun.
Sie wurde einfach ein bestimmtes Bild nicht los. Es zeigte das Gesicht ihres Chefs, als er das Büro verlassen hatte.
Es hatte zwar nicht ausgesehen wie das eines Menschen, der zur Hinrichtung schreitet, aber von Optimismus war dort nichts zu lesen gewesen. Er hatte ausgesehen, als wären ihm alle Felle davongeschwommen.
Glenda hatte selten so grüblerisch in ihrem Büro gesessen. Sie war eine Frau, die vorwärts dachte. Die sich nicht beirren ließ und immer vorn mit dabei sein wollte. In diesen Augenblicken aber fühlte sie sich hilflos, und das trotz ihrer anderen Kräfte.
Als sich das Telefon meldete, zuckte sie zusammen. Mit einem Anruf hatte sie nicht gerechnet. Sie fühlte sich gestört, obwohl so eine Botschaft auch Hoffnung geben konnte. Ihr Instinkt allerdings verriet ihr schon jetzt, dass die Nachricht keine gute sein konnte.
Oder war es John?
Das war ihr einziger Hoffnungsschimmer. Sie ging hin und hob ab. Die Worte, mit denen sie sich melden wollte, blieben ihr im Hals stecken, denn der Anrufer war schneller. Als sie seine Stimme hörte, spürte sie den Stich in der Brust.
»Na, Glenda…«
Es war Saladin. Es war dieser verfluchte Hypnotiseur, der sie da störte.
»Was willst du?« Ihre Stimme klang spröde.
»Mit dir plaudern.«
»Aber ich nicht mit dir.«
»Das ist schade. Du solltest mir trotzdem zuhören. Das könnte von großer Wichtigkeit für dich sein.«
»Noch mal.« Sie holte tief Atem. »Was willst du von mir?«
»Dir sagen, dass die Jagd eröffnet ist.«
»Aha, durch dich?«
Er kicherte wieder so widerlich, und Glenda spürte den Schauer auf ihrem Rücken. »Nein, diesmal nicht durch mich. Ich halte mich zurück. Aber ich habe jemanden, der in meinem Sinne handelt. Du weißt genau, wen ich meine.«
»Sicher.«
»Und jetzt hast du Angst, wie?«
Glenda schwieg.
Saladin nahm dieses Schweigen als eine positive Antwort. »Natürlich hast du Angst. Hätte ich auch, wenn mir der Geisterhenker auf den Fersen wäre…«
»Wieso ist er ein Geist?« Glenda war froh, wieder eine Frage stellen zu können. Sie hatte ihre Furcht überwunden.
»Weißt du das nicht?«
»Nein.«
»Es gibt Personen, die kann man nicht töten!«, flüsterte der Hypnotiseur. »Sie sind einfach zu gut und zu mächtig. Schon bei ihrer Entstehung sind sie dazu prädestiniert, den Tod zu überwinden. Genau das zählt, so sieht es aus.«
»Dann sind es keine Menschen.«
»Richtig. Nur nach außen hin.«
»Und wer ist
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