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1420 - Der Geisterhenker

1420 - Der Geisterhenker

Titel: 1420 - Der Geisterhenker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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herausgezogen worden, nehme ich an.«
    »Nein, das auf keinen Fall. Wer hätte das getan? Welches Motiv sollte derjenige gehabt haben?«
    »Klar.«
    »Es ist weg!« Der Kollege schlug auf ein Blatt, das er zur Hälfte beschrieben hatte, weil er an seinem Bericht herumdokterte. »Es muss sich in Luft aufgelöst haben.«
    »Was unwahrscheinlich klingt, denke ich.«
    »Ja, und das ist es auch. Unwahrscheinlich und zugleich unmöglich. Aber für diese Dinge sind Sie ja zuständig, und deshalb bin ich froh, dass Sie hier sind.« Er schaute mir direkt in die Augen. »Ich kann es nicht begreifen, tut mir Leid. Wenn Sie eine Erklärung möchten, bitte sehr, ich kann sie Ihnen nicht geben. Die Mordwaffe ist aus dem Transportsarg verschwunden.« Er grinste verbissen.
    »Nur fragen Sie mich nicht, wie das geschehen konnte.«
    Ich hakte noch mal nach. »Und Sie haben die Tote mit dem Beil in der Stirn abtransportiert?«
    »Ja, so war es.«
    »Und warum taten Sie das?«
    »Die Mordwaffe sollte erst bei der Obduktion entfernt werden. Da habe ich mich an den Rat des Arztes gehalten.«
    »Verstehe.« Ich legte für einen Moment die Stirn in Falten und sagte dann: »Kann ich die Leiche sehen? Befindet sie sich hier in der Nähe?«
    »Wir müssten nach unten fahren.«
    »Okay. Gehen wir.«
    Phil Baker stand auf. »So etwas habe ich noch nie erlebt«, sagte er und streifte dabei seine leichte Sommerjacke über. »Aber für Fälle dieser Art sind Sie schließlich zuständig, sage ich mal.«
    »Ja, für mich ist das Unwahrscheinliche normal, auch wenn es sich seltsam genug anhört.«
    »Ich weiß es ja.«
    Der Kollege ging vor. Mit einem Lift fuhren wir in den Kellerbereich. Hier gab es zwar keine große Pathologie wie in den Leichenschauhäusern, aber diese hier war für gewisse Notfälle eingerichtet worden. Klein, aber fein, und es gab nur einen Arzt, der dort seinen Dienst versah.
    Ihn trafen wir beim Frühstück.
    Ich kannte ihn nicht. Der Mann war schon älter, und die wenigen Haare bildeten einen Kranz in seinem Nacken.
    Als ich mich vorstellte, lächelte er: »Gehört habe ich schon einiges von Ihnen. Wenn ich mir durch den Kopf gehen lasse, was hier abgelaufen ist, dann sehen Sie mich ratlos. Wer kann aus einem geschlossenen Sarg ein Beil hervorholen, das in der Stirn des Opfers steckt?« Er hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie können sich die Tote dann gleich ansehen. Ich möchte nur eben meinen zweiten Hunger bekämpfen.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an.«
    »Danke.«
    Es dauerte nicht länger als zwei Minuten. Danach konnten wir uns auf den Weg machen und betraten eine Kühlkammer, deren Wände gelblich gefliest waren.
    Es gab nur einen Tisch hier, und auf dem lag die tote Frau auf dem Rücken.
    Ich wollte Gewissheit haben, trat nahe an den Tisch heran und konnte einen Blick in das Gesicht werfen, da ein Tuch nur die untere Hälfte des nackten Körpers verbarg.
    Ja, es war die Frau!
    Es war genau die Person, die ich in meinem Traum gesehen hatte und die direkt auf mich zugelaufen war. Dass ich eine Gänsehaut bekam, lag nicht allein an der Kühle innerhalb dieses Raumes. Es war die Gewissheit, dass ich einen Wahrtraum gehabt hatte, der mir – und davon ging ich jetzt aus – von jemandem geschickt worden war.
    Ich hatte ja gesehen, dass das Beil in der Stirn steckte. Jetzt war es verschwunden. Aber es gab noch seine Hinterlassenschaft, und das war die Wunde.
    Das Beil hatte die Stirn an einer gewissen Stelle gespalten. Die Wunde war so breit, dass ich einen kleinen Finger hätte in sie hineinlegen können. Sie sah hässlich aus. Das Gesicht wurde durch sie entstellt.
    Der Schauer auf meinem Rücken wollte nicht weichen. Die Frau hieß Beth Ingram, mehr wusste ich nicht. Mir war nicht bekannt, was sich hinter dem Namen verbarg. Welchem Beruf sie nachgegangen war und ob sie in einer Beziehung gelebt oder Verwandte hatte.
    Jedenfalls war sie kein junges Mädchen mehr.
    Kollege Baker hatte sich neben mich gestellt und erst mal abgewartet.
    »Kennen Sie die Frau?«, fragte er.
    »Eigentlich nicht.«
    »Das ist ungewöhnlich. Wenn Sie die Tote nicht kennen, weshalb interessiert sie Sie dann?«
    Es war klar, dass er eine Antwort erwartete. Und er hatte auch das Recht, alles zu erfahren. Nur konnte ich ihm die Wahrheit beim besten Willen nicht sagen. Sie klang zu unglaublich. Auch für einen Polizisten, der schon einiges in seinem beruflichen Leben erlebt hatte.
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Kollege. Nehmen Sie es

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