1422 - Mörderischer Muttertag
viel vorgenommen und müssten nun passen.
»Sag doch was, Elton!«
Der Angesprochene schaute seine Schwester an. »Ich weiß es nicht. Das ist alles so komisch. Warum brennen da Kerzen? Was will Mum damit?«
»Keine Ahnung.«
Dann änderte sich das Licht. Sammy, der nur auf die Fenster geschaut hatte, bemerkte es zuerst. Er hob seinen Arm und deutete auf die beiden Scheiben.
»Seht mal…«
Drei Augenpaare blickten hin, und drei Kinder zuckten zusammen, als sie sahen, dass sich der Schein verändert hatte.
»Das sieht aus wie Feuer«, flüsterte Elton.
»Da brennt es!«, sagte Sam.
»Dann müssen wir Mum retten!« Tina war schneller als ihre Brüder. Da sie dicht vor der Tür standen, brauchte sie nur zwei Schritte zu laufen, um sie zu erreichen.
Wuchtig riss sie die Tür auf.
Drei Kinder standen davor.
Und drei Kinder erlebten das Grauen!
***
Innerhalb der Blockhütte hatte sich das Feuer ausgebreitet und alles erfasst, auch ihre Mutter. Es kam ihnen vor, als wäre ein Damm gebrochen, denn erst jetzt schien ihre Mutter zu merken, was mit ihr geschehen war.
Die Flammen hüllten sie ein wie ein Mantel. Sie stand so, dass sie zur Tür schauen konnte, und sie musste ihre drei Kinder sehen. Ihr Gesicht war von Schmerzen gezeichnet.
Sie blieb auf der Stelle stehen, sie schlug mit den Armen um sich, aber sie schaffte es nicht, die Flammen zu löschen.
Aus ihrem weit geöffneten Mund drangen entsetzliche Schreie, und so hatten die Kinder ihre Mutter noch nie erlebt.
Sie standen da, sie sahen keinen Rauch, sie spürten keine Hitze, sie hörten nur die Schreie der Mutter und sahen ihre Gestalt innerhalb des Feuermantels.
Das Gesicht war zu einer schrecklichen Fratze geworden. Es wirkte noch verzerrter, weil die dünnen Feuerschatten darüber hinweghuschten.
Die drei Kinder standen vor der offenen Tür und erlebten einen Schock.
Sie sahen ihre Mutter, und diese sah sie auch.
»Rettet mich!«, brüllte sie ihnen entgegen. »Rettet mich vor dem Teufel! Rettet mich…«
»Mummy«, jammerte Tina. »Mummy, was ist denn los mit dir? Du – du – stehst im Feuer. Warum brennst du, Mummy…?«
»Rettet mich!«
Es war nicht mehr die Stimme, die sie kannten.
Sie schrie wie ein todgeweihtes Tier, und die Kinder schauten zu, wie ihre Mutter innerhalb der Flammen immer schwächer wurde.
Noch stand sie auf den Beinen, aber lange würde sie sich nicht mehr halten können.
Schlagartig überwanden die Kinder ihren Schock.
Plötzlich konnten auch sie nur noch schreien. Es brach aus ihnen hervor. Die Angst hatte sich freie Bahn verschafft, aber keiner von ihnen traute sich, in die Flammen zu laufen.
Tamina Baker versuchte es ein letztes Mal.
»Rettet mich! Holt mich hier raus, verflucht! Wenn nicht, werdet ihr nie mehr Ruhe haben! Der Teufel lässt sich nicht in die Karten gucken! Holt mich raus, ihr – ihr…« Die Stimme versagte ihr.
Die drei Geschwister schauten zu, wie sich ihr Körper aufbäumte.
Noch einmal löste sich ein Schrei aus ihrer Kehle, der wenig später zu Worten wurde.
»Muttertag, das ist mein Muttertag! Aber es ist nicht zu Ende. Nicht zu Ende! Ihr habt mich im Stich gelassen, und das werde ich euch zurückzahlen. Später – ich werde…«
Der Rest war nicht mehr zu verstehen.
Noch einmal sprühten die Flammen auf.
Ein wahres, aber auch kaltes Feuerwerk umtanzte die Gestalt der Frau, die plötzlich zusammenbrach und auf dem Bauch liegen blieb…
***
Die Schreie waren für Bill und mich wie ein Motor, der uns antrieb.
Mir ging es besser als meinem Freund, deshalb konnte ich auch schneller laufen, rannte vor ihm her und erreichte den Ort des Geschehens zuerst, nachdem ich mich durch eine Lücke zwischen zwei Bäumen gezwängt hatte.
Ich blieb stehen, als hätte ich einen Schlag erhalten.
Vor einer Hütte mit offener Tür hielten sich drei Kinder auf. Zwei Jungen und ein Mädchen. Sie waren erstarrt, aber in der Hütte sah ich eine Frau lichterloh brennen.
Es gab keinen Rauch, es wehte mir keine Hitze entgegen. Es war einfach alles anders als bei einem normalen Brand, und die Frau schrie ihren Kindern etwas entgegen, von dem ich nicht alles verstand. Sie wollte gerettet werden, sie sprach auch vom Teufel, vom Muttertag und davon, dass man sie im Stich gelassen hatte.
Es war furchtbar, und ich wusste nicht, was ich tun sollte.
Der Frau war nicht mehr zu helfen. Wäre ich in die Hütte gelaufen, dann hätte ich mich selbst in Lebensgefahr gebracht, und ich spürte, wie mir Bill
Weitere Kostenlose Bücher