1426 - Ein Hauch von Hölle
hoch und sah die Blonde vor sich stehen, die ihren Rucksack jetzt in der Hand hielt.
»Hi«, sagte sie. »Ich bin Mirjam.«
»Na und?«
»Ich wollte fragen, ob du mich mitnimmst.«
»Wohin?«
»Nach London.«
Leo überlegte. Das Schicksal meinte es wirklich gut mit ihm. Es hatte ihm eine Tramperin zugespielt, und wenn er richtig gehört hatte, war Mirjam keine Britin. Ihre Aussprache deutete irgendwo auf den Norden hin. Schweden oder Norwegen.
Vom Alter her schätzte er sie auf Mitte zwanzig. Sie hatte sich für den Mädchenlook entschieden, was ihren Haarschnitt anging. Da waren zwei Strähnen zu Zöpfen geflochten worden, die an den Ohren herabhingen. Ihr Gesicht sah irgendwie frisch aus, und ihm fielen auch die hellen Augen auf. Sie trug Jeans, knöchelhohe Schuhe und ein Oberteil, das verdammt eng saß. Darunter zeichneten sich volle Brüste ab.
»Wohin denn da?«
»Ist mir egal. Ich will in die Stadt.«
»Gut, du kannst mitfahren.«
Mirjam strahlte. »Super. Aber du bist kein Trucker?«
»Nein, warum?«
»Mit denen fahre ich nicht so gern.«
»Das ist deine Sache.« Er stand auf und ließ Mirjam vor sich hergehen. Auch die Hose saß verdammt eng, und so fiel sein Blick automatisch auf das straffe Hinterteil, deren beiden Hälften sich fast schon provozierend bewegten.
Wieder wurde er schwankend. Der Wagen war groß genug, um einen Quickie hinlegen zu können, aber der Job stand dagegen, und zudem drängte es ihn, nach London zu kommen. Allerdings wollte er zuvor noch telefonieren, und da fielen ihm gerade noch rechtzeitig zwei Telefonzellen auf.
»Ich muss eben telefonieren.«
»He.« Mirjam lachte. »Hast du kein Handy?«
»Nein, das habe ich verloren.«
»Wenn du willst, kannst du meines nehmen.«
»Nein, nein, ich telefoniere lieber so.«
»Ist gut.«
Was ein Handy war, das wusste er natürlich. Er hatte zwar im Knast gelebt, aber nicht auf dem Mars, und er hatte genügend Zeitschriften gelesen, um über alles informiert zu sein, was so in der Welt lief und was es an Neuigkeiten gab.
Es gab eine Nummer, die er sich gemerkt hatte. Er konnte dort zu jederzeit anrufen, und er besaß auch eine Telefonkarte, mit der man ihn versorgt hatte.
»Ja…«
»Ich bin es.«
»Und?«
»Ich kann in einer halben Stunde in London sein.« Von seinem Besuch in Lauder erzählte er nichts.
»Ich dachte schon, du wärst längst dort?«
»Nein, ich musste mich noch ausruhen und mir Gedanken über meine neue Freiheit machen.«
»Egal. Du bist fast da.«
»Genau. Und deshalb wollte ich jetzt wissen, wie es weitergeht.«
»Denk nur an Sinclair. Er ist dein Mann. Er ist derjenige, den du ausschalten musst.«
»Ich weiß.«
»Dann werde ich dir noch einige Einzelheiten nennen, die du unbedingt beachten musst.«
»Ich höre.«
Etwa zwei Minuten lang sprach der andere. Er hatte auch im Fond des Wagens gesessen, mit dem sie Leo abgeholt hatten. Seine Anweisungen gab er jetzt klar, und Ganero, der nichts verlernt hatte, war damit zufrieden.
»Was ist mit der Waffe, die ich bekam?«, fragte er noch.
»Sie ist neutral.«
»Keine Spuren, die man zurückverfolgen kann?«
»Nein. Sie ist jungfräulich.«
»Gut, dann fahre ich jetzt weiter.«
»Melde dich, wenn alles klar ist. Wir sorgen dann dafür, dass man dich nicht findet.«
In dem hölzern wirkenden Gesicht des Killers war für einen Moment ein Lächeln zu sehen.
»Fast wie damals – oder?«
»Es ist wie damals, habe ich mir sagen lassen. Du kannst dich bei uns aufgehoben fühlen.«
»Ja, das muss auch so sein.«
»Du darfst nur eines nicht: diesen Sinclair unterschätzen. Aber das habe ich dir bereits gesagt.«
»Keine Sorge, ich habe nichts verlernt und bin sogar noch besser geworden.« Das stimmte nicht ganz, denn früher hätte er keine Anhalterin mitgenommen. Doch jetzt brauchte er die Nähe einer Frau.
Sie würde ihn nicht stören. Sollte es sich anders entwickeln, war sie schneller tot, als sie denken konnte.
Er hängte ein und verließ die Zelle. Mirjam wartete auf ihn. Sie stand neben seinem Wagen, den sie sich zielsicher ausgesucht hatte.
Der Rucksack stand auf dem Trittbrett der Beifahrerseite.
Die Tür ließ sich elektronisch öffnen, und Leo sagte nur: »Steig ein.«
»Okay.«
Den Rucksack warf sie auf den Hintersitz. Leo übernahm das Lenkrad. Bevor er startete, warf er ihr einen Blick von der Seite her zu.
Mirjam bemerkte es. »Habe ich was an mir?«, fragte sie.
»Ja.«
»Und was?«
»Du hast die perfekten
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