1426 - Ein Hauch von Hölle
dran.«
»Meine ich auch. Und es ist besser, wenn wir Nachforschungen anstellen, als nur hier herumzusitzen und uns darüber aufzuregen, was alles in London passiert ist.«
»Und wenn dieser Typ deinen Eltern nichts mehr anhaben kann, wird er sich dich vornehmen«, erklärte Glenda.
Suko fügte hinzu: »Er könnte bereits in London sein.«
Ich hob die Arme und klatsche wenig später in die Hände.
»Gut, dann lasst uns anfangen…«
***
Leo Ganero hatte London erreicht. Es war eine harte Fahrt durch die Nacht gewesen, die er ohne Probleme überstanden hatte. Dass man eine Fahndung nach ihm einleiten würde, daran glaubte er nicht, und so prügelte er seinen Geländewagen in Richtung Süden. Er kam mit diesem Modell gut zurecht, auch wenn er in den letzten Jahren kein Auto mehr gefahren war. Er war eben ein Naturtalent.
Dass er Horace F. Sinclair nicht mehr angetroffen hatte, ärgerte ihn. Und es ärgerte ihn noch mehr, dass man ihn darüber nicht informiert hatte. Wichtig war für seine Auftraggeber der Name Sinclair gewesen, und da gab es noch einen, der in London wohnte, denn Horace F. Sinclair hatte einen Sohn.
Sippenhaft!
Dieser Begriff gefiel ihm gut. Wenn er schon an den Vater nicht mehr herankam, dann sollte der Sohn daran glauben, und das hatte man ihm eigentlich auch aufgetragen. Die Sache mit dem Vater war mehr sein Privatvergnügen gewesen, wobei es ihn große Mühe gekostet hatte, die Adresse in Lauder herauszufinden. Wer im Knast sitzt, bei dem waren die Möglichkeiten schon begrenzt.
Aber er hatte es geschafft. Er war stolz auf sich gewesen, und in London würde er die Dinge vollenden.
Ganero war eiskalt. Ob er Menschen tötete, spielte für ihn keine Rolle. Sein Gewissen wurde deswegen nicht belastet. Jeder hatte seine Aufgabe im Leben, und er war froh, dass der Club ihn nicht vergessen und seine Versprechungen erfüllt hatte.
Kurz vor London überkam ihn das Gefühl, Asche in der Kehle zu haben. Sie und der Gaumen waren ausgetrocknet. Er wollte etwas trinken und auch was essen.
Die Nacht neigte sich ihrem Ende zu. Im Osten glühte bereits der Himmel. Er würde bald explodieren, wenn sich die Sonne über den Horizont schob.
Die Autobahn hatte Leo noch nicht verlassen. Aus damaliger Zeit wusste er, dass es Raststätten gab, und tatsächlich fand er eine, die schon fast an der Peripherie der Millionenstadt lag.
Er fuhr sie an, stoppte auf einem fast leeren Parkplatz und ging mit müden Schritten auf den Eingang zu. Allerdings wirkte er nur äußerlich so müde. Tatsächlich war er auf der Hut. Das hatte er im Knast gelernt. Er musste immer aufpassen, denn trauen konnte er dort niemandem. Da war sich jeder selbst der Nächste gewesen, wer wusste das schon besser als er.
Wenige Wagen auf dem Parkplatz. Das traf auch für die Gäste zu.
Ein Tisch nur besetzt. In einer Ecke saßen Trucker zusammen, die über die Olympischen Spiele sprachen, die in London stattfinden sollten.
Der nächste Blick traf eine junge Frau mit blonden Haaren. Sie saß an einem Tisch, trank Kaffee und schaute dabei ins Leere. Neben ihr stand ein Rucksack. Sie hatte ihn auf einen freien Stuhl deponiert.
Es roch nach gebratenem Speck und nach Eiern. Darin mischte sich der Duft von Kaffee. Genau das Richtige für Leo, der sich ein Tablett schnappte. Kaffee, Wasser, dazu die Eier und den gebratenen Speck. Das war es, was er jetzt brauchte.
Als er zurückging, traf sein Blick wieder die Blonde. Sie wich nicht aus und lächelte.
Über lange Jahre hinweg hatte er keine Frau mehr gehabt. Die Blonde wäre sein Fall gewesen. Auf der Stelle hätte er sie genommen, aber er dachte dabei an seinen Job, der erledigt werden musste, und das hatte im Moment Vorrang.
Die Flasche Wasser leerte er fast in einem Zug. Dann kümmerte er sich um sein Essen. Es war für ihn ein Genuss. Zwischendurch trank er immer wieder einen Schluck Kaffee und dachte dabei an die Brühe, die es jahrelang im Knast gegeben hatte.
Nach dem Essen streckte er die Beine aus. Ein Grinsen umfloss seine Lippen. Hätte er nicht so viel Kaffee getrunken, wäre jetzt die beste Zeit gewesen, ein kleines Schläfchen zu halten.
Leo überlegte sogar, ob er dem nachgeben sollte. Er konnte sich in seinen Wagen setzen und die Augen schließen.
Er tat es nicht.
Der Job war wichtiger. Der führte ihn nach London, und dort wollte er so schnell wie möglich hin.
Gezahlt hatte er schon und wollte soeben aufstehen, als ein Schatten seinen Platz erreichte. Ganero schaute
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