1426 - Ein Hauch von Hölle
machen, und wer – wie von Shao erhofft – ein wachsames Auge auf die Umgebung hielt, sah vielleicht etwas.
Diese Vorstellung tröstete mich ein wenig, während ich die letzten Meter zurücklegte, die mich noch von dem Haus trennten, in dem ich wohnte. Den Eingang sah ich bereits vor mir und musste lächeln, als ich daran dachte, wie wenig ich ihn benutzte. Normalerweise fuhr ich immer bis in die Tiefgarage und von dort hoch zu meiner Wohnung. Das war jetzt nicht nötig.
Die Glastür öffnete sich. Zwei Hälften schwangen zurück, und ich betrat die Halle, in der es angenehm kühl war. Hier war offenbar eine Klimaanlage eingebaut worden. Auch das war mir entgangen.
Da der Eingang nach Süden wies, hatte sich die Halle wohl immer zu sehr aufgeheizt.
Zwei Aufzüge standen zur Verfügung. Ich sah an der rechten Seite die Glaskabine, in der unser Hausmeister saß, der auch das andere Haus mit verwaltete.
Als er mich sah, winkte er mir heftig zu. Er wollte mich sprechen, und ich konnte mir vorstellen, dass er über die Anschläge reden wollte. Die Zeit musste ich mir nehmen, denn der Mann war ein netter Typ.
Er kam mir schon entgegen, blieb vor mir stehen und nickte. »Gut, dass Sie gekommen sind.«
»Wieso? Was ist denn?«
»Abgesehen von den schrecklichen Anschlägen, ist jemand hier gewesen, der nach Ihnen gefragt hat.«
»Wer denn?« Man merkte mir nicht an, dass in meinem Kopf Alarmklingeln schrillten.
»Eine junge Frau.«
»Ach.«
»Ja, die wollte mit Ihnen reden, Mr Sinclair. Ich habe ihr erklärt, dass Sie nicht hier sind. Da sie auf mich den Eindruck machte, dass es dringend war, riet ich ihr, im Büro anzurufen. Das hat sie wohl getan, aber nicht von hier, sondern von draußen. Seitdem ist sie verschwunden.«
»Und sie hat nicht gesagt, was sie wollte?«
»Hat sie nicht.«
»Können Sie die Frau beschreiben?«
Der Mann im grauen Kittel überlegte einen Moment. »Sie sah nicht mal schlecht aus. Machte allerdings auf mich den Eindruck einer Person, die viel unterwegs ist. Tramperin oder so. Aber das kann man ja heute nie wissen. Sie war blond, halblange Haare, eine tolle Figur, zumindest oben herum. Da hat sie schon was zu schleppen…«
»Einen Namen sagte sie nicht?«
»Nein.« Vor der nächsten Antwort strahlte der Hausmeister. »Mir ist trotzdem etwas aufgefallen. Sie war keine Britin. Ausländerin. Wahrscheinlich aus dem Norden. Schweden, Norwegen oder so.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil meine Cousine eine Freundin hatte, die aus Stockholm kam. Die sprach so ähnlich.«
»Und sie hat nicht gesagt, ob oder wann sie wiederkommen will?«
»Nein, hat sie nicht.«
»Okay, ich fahre jetzt hoch zu meiner Wohnung. Sollte diese Person wieder bei Ihnen hier unten erscheinen, geben Sie mir unauffällig Bescheid.«
»Das tue ich doch gern.« Der Hausmeister holte tief Luft. »Noch was, Mr Sinclair. Hat man schon eine Spur von diesen dreckigen Banditen, die das getan haben?«
Ich hob die Schultern an. »Dazu kann ich Ihnen leider nichts sagen. Ich weiß genauso viel wie Sie.«
»Aber Sie sind doch beim Yard…«
»Trotzdem. Um diese Fälle kümmern sich andere Kollegen. Damit habe ich nichts zu tun.«
»Stimmt, Sir, Sie sind ja in einer anderen Abteilung.«
»Eben.«
Es war alles gesagt worden, und so machte ich mich auf den Weg zu einem der Lifte.
Eine Frau hatte auf mich gewartet und war wieder verschwunden.
Wie sollte ich das einschätzen? Hing dieser Besuch unter Umständen mit dem Killer zusammen, der auf mich Jagd machte?
Beide waren für mich bisher ein Phantom. Ich hatte keine Beweise dafür. Es konnte sich auch alles als eine Luftblase herausstellen.
Bevor ich in den Lift stieg, blickte ich mich um. Einen fremden Menschen sah ich nicht. Auch keinen bekannten. Und vor der Tür bewegte sich auch niemand, der vorhatte, das Haus zu betreten.
Gesponnen hatte der Hausmeister ganz bestimmt nicht. Nur kannte ich keine Frau, die in einem solchen Outfit herumlief, wie es mir von dem Mann so treffend beschrieben worden war.
Seltsam war es schon, und ich beschloss, weiterhin sehr auf der Hut zu sein. Wenn alles so zutraf, wie ich es mir vorgestellt hatte, dann hatte ich es diesmal nicht mit irgendwelchen dämonischen Gegnern zu tun, sondern mit Menschen.
Wobei ich mir automatisch die Frage stellte, wer schlimmer war.
Mit einem gar nicht guten Gefühl im Bauch fuhr ich nach oben…
***
Auch die Chinesin Shao gehörte zu den Menschen, die ihre Blicke nicht vom Bildschirm des
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