1427 - Die Reise nach Ardustaar
fragte er. „Wollt ihr uns wieder ein paar Vorräte bringen und dann verschwinden? Wenn es so ist, sollte ich euch auf der Stelle hinauswerfen!"
„Mir scheint, ihr braucht keine Vorräte mehr", stellte Dao-Lin spöttisch fest.
Monka setzte zu einer wütenden Antwort an, riß sich dann aber zusammen. „Der letzte Besuch dieser Art hat uns wenig Glück gebracht", erklärte er brummig. „Wie meinst du das?" fragte Ge-Liang mißtrauisch. „Das werdet ihr schon noch merken", meinte Monka, schluckte eine Bemerkung hinunter, die ihm auf der Zunge lag, und wandte sich zum Gehen. „Ich werde Vuin suchen. Bleibt einstweilen hier - Vuin neues Quartier dürfte dem Mob noch nicht bekannt sein. Ihr seid hier sicherer, als wenn ihr da draußen herumlauft. Aber ich würde an eurer Stelle die Waffen in Griffweite behalten."
Dao-Lins Impulsstrahler ließ er auf Vuins Arbeitstisch liegen.
Dao-Lin-H'ay und Ge-Liang-P'uo sahen sich vielsagend an. „Hier sind offenbar alle total durchgedreht", meinte Ge-Liang schließlich. „Was machen wir jetzt?"
„Woher soll ich das wissen?" fragte Dao-Lin zurück. „Laß uns mal sehen, ob wir die neue Illu wieder zu Verstand bringen können.
6.
Die neue Illu hieß in Wirklichkeit Surama und war eine Adoptivtochter jener Illu, deren Abdankung Julian Tifflor und seine Begleiter indirekt miterlebt hatten.
Surama selbst erzählte das unter Tränen, während sie sich mit pappigen Keksen vollstopfte. Die Kekse nahm sie aus einer flachen Schale, die am Rand des Arbeitstisches stand. Es schien ihr nicht in den Sinn zu kommen, daß sie möglicherweise Vuins gesamte Ration verzehrte. „Es war Vuins Schuld", sagte sie weinerlich, während sie auf beiden Backen kaute. „Er hat die Leute aufgehetzt, hat ihnen den Glauben genommen - am Ende wußte niemand mehr, woran er sich halten sollte."
„Den Glauben an Illu?" fragte Dao-Lin nüchtern. „Einen anderen Glauben gibt es nicht in der Welt!" behauptete Surama und starrte die ehemalige Wissende mißbilligend an.
Wahrscheinlich nahm sie Dao-Lin-H'ay und Ge-Liang-P'uo erst jetzt richtig wahr - bis zu diesem Augenblick war sie ausschließlich mit sich selbst beschäftigt gewesen. „Wer seid ihr eigentlich?" fragte sie mißtrauisch. „Woher kommt ihr? Kartanin wie euch habe ich noch nie gesehen!"
„Erzähle weiter!" bat Dao-Lin sanfter, als es sonst ihre Art war. „Was ist geschehen, nachdem Vuin die andere Illu abgesetzt hatte?"
Aber Surama starrte sie nur unverwandt an, sprang dann plötzlich auf und rannte davon. Sie war erstaunlich flink auf den Füßen. Ge-Liang setzte ihr nach und fing sie an der Tür ab. „Nicht so hastig!" sagte Ge-Liang beschwichtigend. „Komm, setz dich zu uns und laß uns über alles reden."
Aber Surama wollte nicht mehr. Sie setzte sich zwar, aber sie tat es nur aus Angst und weil sie es nicht wagte, sich offen gegen die beiden Eindringlinge aufzulehnen. Sie klappte demonstrativ den Mund zu und sprach kein einziges Wort mehr.
Aber sie konnte es nicht verhindern, daß ihre Gedanken sich mit den Ereignissen der Vergangenheit beschäftigten, und sie hatte keine Ahnung, daß sie sich in der Gesellschaft von Telepathinnen befand.
Und dies war Suramas Version der Geschichte: Illu die Achtzehnte war tot. Die Menge hatte sie getötet, draußen auf der Sühnerampe, und es war Vuins Schuld gewesen. Lange Zeit hindurch hatte er Illu von ihrem Volk ferngehalten, und so hatte sich das Gerücht ausgebreitet, daß Illu gar nicht mehr am Leben sei. Die daraus resultierende Unruhe hatte Vuin dazu veranlaßt, Illu auf die Sühnerampe zu schicken und sie dem Volk zu präsentieren.
Aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte Vuin keine Anstrengung gescheut, Illu in den Augen der anderen herabzusetzen.
Versprechungen hatte er gemacht, ihnen mit seinen Plänen den Kopf verdreht. Ja, er hatte sogar behauptet, der Glaube an Illu sei nur ein künstlich ins Leben gerufener Kult, der lediglich dazu diente, die ungleichmäßige und ungerechte Aufteilung von Privilegien und Gütern zu rechtfertigen.
Die Menge war unsicher geworden, und als Illu draußen auf der Rampe stand, von Vuin eingeschüchtert und all ihrer Überzeugungskraft beraubt, außerstande, die rechten Worte zu sagen, da hatten die Leute den Verstand verloren. „Ich bin Illu", das war alles, was sie hatte sagen können. Es hatte nicht gereicht.
Darum hatte man sie getötet.
Surama war dabei gewesen. Sie hatte weit hinten in der Menge gestanden und geschwiegen, weil sie
Weitere Kostenlose Bücher