1427 - Die Reise nach Ardustaar
viel zu große Angst gehabt hatte, um sich vorzuwagen und für Illu zu sprechen.
Seitdem war in der Welt nichts mehr in Ordnung gewesen, und Vuins hochtrabende Versprechungen hatten sich als glatte Lügen erwiesen. Er hatte sich versteckt, war für niemanden zu sprechen gewesen. Nur Monka, dieser Mörder, war stets um ihn herumscharwenzelt.
Und natürlich hatte man gewußt, was das zu bedeuten hatte! Früher hatte niemand auch nur geahnt, wer und was Monka war, aber als Surama und die anderen sahen, wem Vuin sein Vertrauen schenkte, da hatten sie dieses Geheimnis sehr schnell aufgeklärt. Seitdem war Monka seines Lebens nicht mehr sicher. Sehr zu beeindrucken schien ihn das allerdings nicht.
Surama hatte es schließlich nicht mehr ausgehalten. Sie hatte lange genug gehofft, daß das Volk sich alsbald eines Besseren besinnen und Vuin und Monka in die Todeszone hinausjagen würde, aber das Volk traute sich nicht an Vuin und Monka heran. Zu allem Überfluß tauchten noch andere auf, die sich ebenfalls dazu berufen fühlten, die Welt zu verändern und das Volk zu beherrschen.
Dies stand nur Illu zu.
Ein großer Teil des Volkes wußte das.
Tag für Tag versammelte sich eine schweigende Menge vor der Sühnerampe, um zu bereuen und zu warten.
Worauf sie warteten?
Auf Illus Rückkehr - eine andere Erklärung konnte Surama sich nicht vorstellen.
Denn Illu konnte nicht sterben. Ihre äußere Hülle mochte zerstört sein, aber ihr Geist und ihr Wissen lebten weiter und gingen in die nächste Illu über. Jeder wußte das. Es war immer so gewesen, und dies war der Glaube, der die Welt zusammenhielt, der Glaube, der dafür sorgte, daß das Nichts draußen blieb, wo es hingehörte.
Wenn die Welt weiterbestehen sollte, dann mußte Illu zurückkehren.
Auch Surama hatte sich hingesetzt und gewartet, allerdings nicht auf der Sühnerampe, sondern in einer kleinen, abgelegenen Kammer, wo sie viele Tage lang fastete und nur gelegentlich einen Schluck Wasser zu sich nahm. Und die ganze Zeit hindurch dachte sie an Illu.
Illu, Illu, Illu...
Und plötzlich, mit einem Ruck, war es geschehen, und sie war Illu.
Natürlich hatte sie gewußt, daß es so kommen würde, denn seit Anrinas Tod war Surama die legitime Nachfolgerin der vorher regierenden Illu. Surama hatte sich auch stets bemüht, sich entsprechend zu verhalten. Anrina - nun, sie war sehr leichtfertig gewesen und hatte viele Dinge getan, die einer potentiellen Illu nicht würdig waren. Surama dagegen hatte ein ruhiges, abgeschiedenes Leben geführt und sich gewissenhaft auf ihre Aufgabe vorbereitet. Sie war fest entschlossen, eine gute Illu zu werden.
Und nun war es soweit. Der Geist Illus erfüllte sie. Sie spürte es, und sie war sicher, daß jeder es ihr ansehen mußte.
Dies war der richtige Zeitpunkt.
So war sie auf die Sühnerampe hinausgetreten, und die, die dort warteten, hatten zu ihr aufgesehen und ihr zugehört, als sie zu sprechen begann. Sie hatte von der Welt gesprochen und von der Ordnung, die in der Welt herrschen mußte, und natürlich hatte sie klipp und klar gesagt, daß kein Bewohner der Welt Geschäfte mit dem Nichts machen durfte und mit denen, die aus dem Nichts kamen. Denn das Nichts war böse, und ebenso böse mußte folglich alles sein, was aus dem Nichts stammte.
Es war eine gute Rede gewesen, und Surama wußte das. Was dann geschehen war, begriff sie nicht.
Plötzlich hatte man ihr nicht mehr zugehört. Die Menge hatte angefangen zu schreien und zu johlen, und dann waren Metallbrocken geflogen. Surama war durch die Pforte der Büßer geflohen und hatte sich in der erstbesten Kabine verkrochen.
An dieser Stelle wichen Suramas Gedanken ab.
Dao-Lin-H'ay und Ge-Liang-P'uo sahen sich schweigend an. „Das ist ein Rückfall in die tiefste Barbarei!" flüsterte Ge-Liang-P'uo schließlich erschüttert.
Dao-Lin-H'ay dachte lange darüber nach. „Nein", sagte sie dann. „Es ist der Beginn einer neuen Zeit. Es ist ein gutes Zeichen, daß sie die neue Illu davongejagt haben. Sie haben sich damit immerhin von diesem Aberglauben gelöst. Aber natürlich hätten sie das auf weniger gewaltsame Weise tun müssen."
„Glaubst du, daß es uns gelingen wird, hier Ordnung zu schaffen?" fragte Ge-Liang skeptisch.
Dao-Lin lächelte schwach. „Diese Ordnung wird sich von selbst einstellen", behauptete sie. „Wir müssen mit Monka und Vuin reden. Diese beiden scheinen hier einigen Einfluß zu haben - und sie sind auf dem Weg hierher." Ge-Liang-P'uo spitzte
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