1427 - Die Reise nach Ardustaar
ihr vage bekannt vorkam. „Da hinein!" befahl sie und flog eilig voran.
*
Früher war durch diesen Schacht eine Röhrenbahn gefahren, und niemand hatte ihn ohne Raumanzug betreten können, denn hier drinnen hatte das Vakuum geherrscht. Aber die Verbindung zum Röhrenbahnsystem war seit der Katastrophe unterbrochen, die Schotte waren geborsten, und eine Automatik hatte den Schacht an der Bruchstelle abgeriegelt, damit die verbleibende Luft nicht nach draußen entweichen konnte, wenn sie nun schon diesen Schacht füllte.
Die Röhrenbahn war einst das schnellste Verkehrsmittel innerhalb der NARGA SANT gewesen - ein Strang, der vom Heck bis zum Bug führte und vor allem dem Transport von Gütern diente.
Früher hatten Angehörige vieler Völker in diesem riesigen Schiff gelebt, und sie alle hatten ihre Lebensbereiche nach ihren Bedürfnissen gestaltet. Die Haltestellen der Röhrenbahn waren daher nicht nur Umschlagplätze für Waren gewesen, sondern auch neutrale Stätten der Begegnung für den Fall, daß persönliche Unterredungen zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Völker nötig waren.
Darum gab es an diesen Haltestellen neben den Verladevorrichtungen und dem Passagierbahnhof mindestens eine größere Halle sowie Kommunikationszellen und Verpflegungsanschlüsse.
Dao-Lin-H'ay kannte das Schema, dem man beim Bau dieser Haltestellen gefolgt war, und steuerte zielsicher jenen Ausstieg an, durch den man auf den Passagierbahnhof gelangte.
Aber auf dem Weg dorthin stutzte sie. „Du spürst es auch, nicht wahr?" flüsterte Ge-Liang-P'uo und schüttelte sich.
Hier waren die telepathischen Impulse ganz nahe und deutlich zu spüren. Sie verrieten dumpfen Haß, aber auch eine fast tödlichen Erschöpfung. Und diese Impulse kamen nicht aus der eigentlichen Station, sondern aus dem Vorraum des Hangars, der sich an diese Station anschloß. Der Hangar selbst schien leer zu sein. „Die Ruhe nach dem Sturm", sagte Ge-Liang leise. „Ich möchte wetten, daß hier ein Ausbruch stattgefunden hat, der sich gewaschen hatte. Massenhysterie, Jetzt sind sie müde, aber der geringste Anlaß kann das Feuer von neuem entfachen."
Dao-Lin-H'ay fand ein Schott, das nicht mehr funktionierte, sich aber mit etwas Anstrengung weit genug öffnen ließ, daß die beiden Kartanin hindurchschlüpfen konnten. Dahinter lag ein großer, finsterer Raum. Es war verhältnismäßig warm darin. Ein seltsamer Geruch hing in der Luft, ein süßlicher, etwas fauliger Duft, wie von exotischen Blumen, aber mit einer unangenehmen, salzigmetallischen Beimischung.
Es roch nach Blut.
Ein kaum wahrnehmbares Rascheln - sie fuhren herum. Das Licht ihrer Scheinwerfer fiel auf die Kommunikationszellen, kleine, finstere Nischen, von denen man einige mit primitiven Plastikvorhängen von der Halle abgeschlossen hatte. Einer dieser Vorhänge bewegte sich.
Dao-Lin-H'ay war mit wenigen Schritten am Ziel, zog den Vorhang zur Seite und richtete den Scheinwerfer in die enge Zelle. Eine Kartanin drückte sich in die Ecke und verbarg das Gesicht hinter den Händen. „Wer bist du?" fragte Dao-Lin. „Warum versteckst du dich?"
Keine Antwort.
Dao-Lin-H'ay betrachtete erschüttert die Jammergestalt, die - wie gelähmt vor Angst - am Boden kauerte.
Die Kleidung der Kartanin bestand aus einigen undefinierbaren Fetzen, die kaum den Körper verhüllten. Darunter sah die blanke Haut hervor, grau, bläßlich und ungesund. Von einem Körperpelz fehlte - zumindest an den jetzt sichtbaren Stellen - jede Spur. Die Fingerspitzen waren ohne Krallen. Der Körper der Kartanin war mit vielen kleinen, blutenden Wunden übersät. „Du brauchst dich nicht zu fürchten!" sagte Dao-Lin sanft. „Stört dich das Licht?"
Die Kartanin maunzte - ein kläglicher, unartikulierter Laut, wie man ihn normalerweise höchstens von einem kranken Kleinkind erwartet hätte. Dao-Lin-H'ay schaltete das Licht herunter, aber die Haltung der Kartanin änderte sich nicht.
Dao-Lin-H'ay und Ge-Liang-P'uo zogen die Fremde behutsam aus der engen Zelle heraus, um sie zu untersuchen. Die Kartanin wehrte sich schwach, aber ihre Bewegungen waren matt und ungezielt. An ihren Verletzungen konnte das nicht liegen, denn die waren alle miteinander harmloser Natur. Offensichtlich stand die Fremde unter Schock. Sie reagierte nicht auf Fragen. „Wir können sie nicht hier liegen lassen", sagte Ge-Liang besorgt. „Ja, aber wir können sie auch nicht mit uns herumschleppen", antwortete Dao-Lin. „Gib ihr
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