1428 - Zombie-Bomben
entschied sich für Wasser.
Er kehrte zu unserem Tisch zurück und nahm wieder Platz. Der Blick hinter den Brillengläsern sah düster aus. Die Lippen hatte er zusammengepresst. Die Haut auf seiner Stirn hatte sich in Falten gelegt. Er machte einen gespannten und zugleich nachdenklichen Eindruck auf uns.
Kollege Sheen ließ sich Zeit. Als er endlich wieder erschien, öffnete er schwungvoll die Tür wie jemand, der eine frohe Botschaft brachte.
»Da bin ich wieder.« Auf seinem Gesicht lag ein Grinsen. Zugleich schwenkte er in der Unken Hand einen Ausdruck.
»Reden Sie!«, sagte Sir James mit scharfer Stimme.
»Keine Panik, Sir. Auf eine Sekunde kommt es jetzt nicht mehr an. Unser Unbekannter ist keiner mehr, denn er hat einen Namen. Er heißt Mason Orlando…«
***
»Das ist es doch«, flüsterte Sir James. Die Erleichterung sorgte bei ihm sogar für ein leichtes Zittern.
Suko und ich sagten zunächst nichts. Allerdings waren auch wir etwas erleichterter, und das sah man uns an.
»Mason Orlando«, wiederholte Harold Sheen. Er kam auf unseren Tisch zu. Dann legte er den Ausdruck so hin, dass wir ihn lesen konnten. Danach zog er sich zurück.
Wir wollten Sir James den Vortritt überlassen. Er winkte ab und war der Meinung, dass wir den Text auf dem Ausdruck lesen sollten. Das Foto interessierte uns zunächst nicht. Es ging um seinen beruflichen Werdegang, und wir erfuhren, dass er ein Beerdigungsunternehmen führte und dabei Service in allen Bereichen anbot, der sogar die spätere Grabpflege einschloss.
Mit der Polizei war er aus einem bestimmten Grund in Berührung gekommen. Es bestand bei ihm der Verdacht, mit der Mafia kooperiert zu haben oder auch mit anderen verbrecherischen Organisationen. Dabei war es darum gegangen, missliebige Zeugen verschwinden zu lassen. Es war zu einer Anklage gekommen, nur hatte man Orlando nichts nachweisen können. So war er mangels Beweisen freigesprochen worden.
Sir James nickte, als er mir zuhörte. Und er lachte bei dem Begriff mangels Beweisen auf.
»Wir wissen, was das bedeutet, Sir.«
»Stellt sich nur die Frage, warum dieser Orlando loszieht und einen Toten mit sich schleppt, der nicht tot ist, sondern eine lebende Leiche. Hinzu kommt, dass er sie mit einer Bombe bestückt. Da einen Zusammenhang zu finden ist mein Problem.«
»Wir werden ihn fragen«, erklärte Suko.
Sir James hob den Blick. »Sicher, wir fragen ihn.« Er runzelte die Stirn. »Ich denke nur darüber nach, ob wir mit einer großen Mannschaft auffahren oder ob Sie beide…«
»Wir beide«, sagte ich.
»Ja, das ist gut.« Sir James betrachtete den Ausdruck und schüttelte dabei den Kopf. »Was hat diesen Mann nur geritten, so etwas zu tun? Ich kann es nicht begreifen. Er hat sich auf eine Stufe mit diesen verdammten Terroristen gestellt. Warum? Hat man ihn erpresst? Oder hasst er unseren Staat und seine Institutionen so, dass er einfach nur zerstören will?«
Wir konnten ihm auch keine Antwort geben. Vom Foto eines Menschen her war schwerlich auf das zu schließen, was in seinem Innern vorging. Das Gesicht zeigte nur einen Mann um die vierzig, der dunkelblonde Haare hatte, eine Stirnglatze und an den Seiten des Kopfs lange Koteletten.
Wir sahen ihn zum ersten Mal. Und gehört hatten wir auch noch nichts von ihm. Ich wusste auch nicht, ob er ein großer Beerdigungsunternehmer war oder seinen Betrieb nach dem Motto klein aber fein führte.
Wir gingen zudem davon aus, dass uns kein Irrtum unterlaufen war. Okay, wir hätten uns die Prozessakten kommen lassen können, um noch mehr Einzelheiten zu erfahren. Darauf verzichteten wir. Es ging uns nicht darum, was er früher getan hatte, sondern um die Dinge, die jetzt passiert waren.
Er hatte einen Zombie in die U-Bahn-Station geschafft und ihn mit einer Bombe bestückt. Warum tat er das? Was steckte dahinter?
Handelte er aus eigenem Antrieb oder auf Befehl eines anderen?
War er vielleicht von irgendwelchen Terroristen engagiert worden, die durch ihn von sich selbst ablenken wollten?
Sir James konnte wieder lächeln. »Ich weiß, was Sie jetzt denken, John, aber Sie sollten Mason Orlando so schnell wie möglich auf den Zahn fühlen.«
»Das versteht sich, Sir.«
»Dann wünsche ich Ihnen alles Gute.« Er nickte uns noch kurz zu und verließ den Raum.
Suko und ich blieben noch zurück. Unsere Gesichter zeigten keinen Ausdruck der Begeisterung, als wir uns anblickten. Jeder von uns hatte das unbestimmte Gefühl, vor einer verdammt schwierigen
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