1431 - Shaos Feindin
etwas, und Suko erkannte, dass dieses Andere an Dichte zunahm, als würden sich immer mehr Moleküle zusammenfügen, um abschließend diese Gestalt zu bilden, die nur eine sein konnte und tatsächlich auch nur eine war.
Nagita!
***
Durch ihr Auftreten war zwar noch keine Entscheidung gefallen, aber Suko ging davon aus, dass er nicht mehr lange warten musste.
Es war alles so gekommen, wie Nagita es vorausgesehen hatte.
Sie ließ sich Zeit. Das konnte sie auch, denn jemand wie Shao bedeutete keine Gefahr für sie. Nagita hatte sie auf eine bestimmte Art und Weise unschädlich gemacht, und deshalb konnte sie ihren Auftritt auch genießen wie der Star auf einer Bühne.
Der Mantel blieb weiterhin offen. Er schwang bei jedem Schritt.
Die beiden Seiten bliesen sich manchmal auf wie Segel, die sehr schnell wieder zusammenfielen, als wollte die Trägerin immer nur für Sekunden nackte Haut zeigen.
Was sie da präsentierte, war in der Tat sehenswert. Doch dafür hatte jemand wie Suko keinen Blick. Ihn interessierte mehr die Armbrust, die Nagita recht lässig in ihrer rechten Hand hielt. So locker, als wäre sie es gewohnt, sie tagtäglich zu tragen und zu benutzen.
Da sich Suko im Moment nicht von der Waffe bedroht fühlte, konzentrierte er sich auf das Gesicht der Fremden. Ja, man konnte davon ausgehen, dass eine gewisse Ähnlichkeit mit Shao bestand. Bei näherer Betrachtung wurde allerdings deutlich, dass Shaos Gesicht von der Proportion her ebenmäßiger war. Auch hatte sie nicht die aufgeworfenen Lippen, die bei Nagita aufgespritzt wirkten.
Das Haar fiel locker nach hinten, und in der Länge konnte es mit Shaos Haarpracht konkurrieren.
Dass sie die Herrscherin war, das verdeutlichte Nagita mit jeder ihrer Bewegungen. Da wirkte nichts dem Zufall überlassen. Sie war einfach perfekt – und gefährlich.
Außerdem hatte sie es geschafft, in ihrem Reich so etwas wie zwei Hälften zu gestalten. In einer befand sich Suko, in der anderen hielt sich Shao auf, und durch den Spiegel oder eine spiegelähnliche Wand waren beide Parteien voneinander getrennt.
Suko war natürlich darauf gespannt, was Nagita vorhatte. Er ging zunächst davon aus, dass Shao für sie sehr wichtig war. Wohl nicht unbedingt als Person, wie Suko seine Partnerin kannte, sondern eher als die Letzte in der Ahnenreihe der Sonnengöttin Amaterasu. Es war möglich, dass sie über Shao an die Göttin herankommen wollte.
Und ich?, fragte sich Suko. Welche Rolle spiele ich in diesem ungewöhnlichen Drama?
Die Antwort gab er sich selbst. Zudem war sie nicht besonders schwer. Sie lag praktisch auf der Hand. Er war nicht der große Unbekannte, sondern der Eindringling, der diese Welt betreten hatte, ohne gefragt worden zu sein. Er hatte sich hineingeschlichen, und er musste zwangsläufig als Feind angesehen werden.
Was passierte mit Feinden?
Da gab es leider seit Menschengedenken nur eine Regel. Sie mussten ausgeschaltet werden, und so rechnete Suko durchaus mit einem konsequenten Angriff.
Er fragte sich nur, ob Nagita es selbst übernehmen würde oder auf irgendwelche Hilfstruppen zurückgriff. Gesehen hatte er allerdings keine. Wahrscheinlich würde sie es selbst versuchen.
Sie war nicht mehr weiter gegangen und stand nun so, dass sie Suko anschauen konnte, ohne dass Shao sie störte und ihr den direkten Blick nahm. Eine erste Geste deutete bereits auf einen Angriff hin, denn mit einer kurzen Körperbewegung schlug die Frau mit der Armbrust den rechten Teil ihres Mantels zur Seite.
Im Innern war etwas befestigt. Suko schaute zwar genau hin, leider erkannte er nicht, um welch einen Gegenstand es sich dabei handelte. Jedenfalls war er schmal und zudem einigermaßen lang.
Die Erkenntnis kam ziemlich schnell.
Mit der linken Hand griff Nagita zu.
Sie zupfte einen Pfeil aus dem Gegenstand hervor, und Suko wusste nun, dass es sich bei ihm um einen Köcher handelte. Den Pfeil balancierte sie blitzartig in die Höhe. Sie drehte ihn in die richtige Richtung und legte ihn an der Armbrust auf.
Sukos letzte Zweifel waren gelöscht. Er wusste genau, was Nagita mit ihm vorhatte.
Zielen, schießen, treffen!
Und zwar ihn!
Es stand fest, dass ihm kaum Zeit blieb. Viel Federlesens würde die Person nicht machen, und so war es auch.
Der Pfeil lag auf, Nagita spannte die Sehne, zielte nicht mal großartig und schickte den Pfeil auf die Reise…
***
Ob der Killer letztendlich noch Angst vor Zeugen gehabt hatte, war mir unklar. Es war auch nicht so wichtig. Ich
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