1435 - Tödlicher Frost
konnten.
Karina Grischin ging voraus. Sie hatte die Beschreibungen des Majors nicht vergessen, und so bog sie nach links ab, um dort weiter zu marschieren.
Die Höhle war nicht zu übersehen. Das Loch oder der Eingang war in den Hang hineingeschlagen worden. So jedenfalls sah es aus unserer Entfernung aus.
Schon jetzt erkannten wir, dass der Sturz in der Höhle wichtig war. Wäre er nicht vorhanden gewesen, wäre die Höhle unter dem Druck der Erdmassen zusammengebrochen.
»Hier haben Menschen gearbeitet«, sagte Karina. »Die Höhle ist nicht nur aus einer Laune der Natur heraus entstanden.«
»Und wer waren die Erbauer?«
Karina hob die Schultern. »Woher soll ich das wissen? Es gab hier immer wieder Völker in den Vergangenheit. Sie kamen und gingen, nehme ich mal an. Das kann ein Erbe sein.«
»Eine Kultstätte«, präzisierte ich.
»He, das ist gut.«
Ich winkte ab. »Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.«
Dann lächelte ich. »Nur frage ich mich, warum diese eingefrorenen Gestalten dort standen. Möglicherweise war es für sie ein Ort zum Sterben. Sie haben sich da versammelt, um irgendeiner Gottheit zu huldigen. Vielleicht auch einem Dämon. Was weiß ich. Dann ist es passiert. Die andere Seite war stärker. Oder sie haben sich bewusst dazu entschieden, in den Tod zu gehen.«
»Daran glaube ich eher«, meinte Karina. »Denk mal an gewisse Massenselbstmorde irgendwelcher obskurer Sekten. Ich finde, so etwas sollten wir nicht außer Acht lassen.«
»Sie waren nicht tot!«, hielt ich dagegen.
Karina blickte mich überrascht an. »Was waren sie dann deiner Meinung nach?«
»Vielleicht befanden sie sich in einer Lauerstellung. Sie sind vereist worden, und ich denke, dass sie damit gerechnet haben, irgendwann mal zurückzukehren.«
»Meinst du?«
»Bestimmt.«
Karina dachte einen Moment nach. »Sie hätten tot sein müssen, John. Das überlebt niemand.«
»In der Regel schon«, gab ich zu. »Aber wie sieht es aus, wenn eine andere Macht dahinter steckt?«
»Das ist die Frage.«
»Unsere Gedanken sollten sich wirklich dorthin bewegen. Irgendeine andere dämonische Macht, auch uralt, kann ihre Hände mit im Spiel gehabt haben.«
»Hände ist gut.«
Ich hob nur die Schultern.
Karina stieß mich an. »Lass uns gehen. Ich will endlich die Höhle sehen.«
Es war nur ein kurzer Weg. Wir blieben vor dem Eingang noch einen Moment stehen und riskierten einen ersten Blick. Er brachte nicht viel, denn in der Höhle war so gut wie nichts zu erkennen. Die Helligkeit verlor sich schnell, um einer Düsternis Platz zu machen.
Beim Eintreten achteten wir auf die Temperatur, aber nichts passierte. Wir spürten keine Kälte, die sich auf unsere Haut legte. Möglicherweise war die Luft hier etwas dichter als draußen, auch nicht ganz so frisch, aber das war auch, alles.
Karina hatte eine Stableuchte eingeschaltet. Sie gab einen sehr hellen Schein ab, der die Dunkelheit zerriss und am Ende zu einem Fächer wurde.
Über die Größe der Höhle hatte uns der Major keine Angaben gemacht. So wunderten wir uns schon, dass sie recht klein war. Um irgendwelche Spuren zu finden, leuchtete Karina die Wände ab.
Dort sahen wir nur das blanke Gestein und dazwischen den festgebackenen Lehm. Spuren irgendwelcher Menschen waren hier nicht zu sehen. Es gab auch keine Knochen, keine bleichen Skelette.
Die Höhle hier war einfach nur leer.
Wir blieben nicht an einer Stelle stehen und gingen unsere Kreise, weil wir jeden Fleck genau untersuchen wollten. Lag hier etwas herum? Gab es noch eine letzte Spur auf diejenigen, die sich die Höhle als Zuflucht oder Wohnstatt ausgesucht hatten?
Nichts. Dafür recht viele feuchte Stellen, aber irgendwelches Wasser tropfte nicht.
Da ich Karina nicht allein leuchten lassen wollte, hatte auch ich meine Lampe eingeschaltet. Zwar gab sie nicht so viel Licht, aber mir reichte es. Ich sah den Boden, die Wände, auch die Decke und erkannte zahlreiche Einschlüsse, die im Licht schwach schimmerten.
Da musste es sich um Erz handeln.
Mein Kreuz reagierte nicht. Es gab mir keine Nachricht. Es blieb ruhig. Alles andere hätte mich auch überrascht.
Karina Grischin kehrte aus dem Hintergrund der Höhle zu mir zurück. Ihre Stirn hatte sie in Falten gelegt. Sie schüttelte zudem den Kopf und sah nicht eben zufrieden aus.
»Das ist wohl ein Schuss in den Ofen gewesen, John. Sorry, damit habe ich nicht gerechnet.«
»Du kannst doch nichts dafür.«
»Klar.« Sie lächelte knapp. »Und was
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