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1435 - Tödlicher Frost

1435 - Tödlicher Frost

Titel: 1435 - Tödlicher Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Fahrzeug stand jemand und schaute uns entgegen…
    ***
    Karina Grischin hatte nicht damit gerechnet, dass ich so schnell stehen bleiben würde. Sie konnte nicht mehr stoppen und prallte gegen mich.
    »Was ist…« Die Frage brachte sie nur halb hervor, dann sah sie das, was ich ebenfalls erkannt hatte.
    »He, ein Geist?«
    »Nein, das ist kein Geist«, murmelte ich.
    Mehr wurde nicht gesagt. Die Gestalt uns gegenüber brachte keinen Ton hervor. Es war ein Schauen, ein Abtasten und auch ein Abwarten.
    Da so viel Zeit verging, konnten wir uns den Anblick dieses Mannes einprägen. Er gehörte nicht zu den Soldaten, denn diese Gestalt konnte man vom Aussehen her als das glatte Gegenteil bezeichnen.
    Mit einer Vogelscheuche wollte ich sie nicht vergleichen, auch wenn sie eine schon sehr gewöhnungsbedürftige Kleidung trug.
    Da gab es keine Jacke und auch keine Hose, sondern einen sandfarbenen Umhang, der die Gestalt umschloss. Er endete an den Knöcheln und begann oben am Hals. Platz für die Arme gab es genug, denn der Umhang war geschnitten wie ein Poncho und hatte breite Öffnungen. Dennoch waren die Arme des Mannes nicht zu sehen.
    Sie waren unter dem Stoff versteckt.
    Niemand sprach. Es war sehr still. Wir spürten nur den leichten Wind, der auch das Gesicht des Unbekannten berührte. Eine Haut, die aussah wie gegerbt und zahlreiche Falten geworfen hatte. Darin verschwanden die Augen und auch der Mund. Beides war nur bei genauem Hinschauen zu erkennen, und auch dann wirkten die Augen wie kleine, glitzernde Eisstücke. Auf dem Kopf wuchsen eisgraue Haare. Teilweise waren sie nach hinten gekämmt und dort zusammengebunden worden. Mit den frei liegenden Strähnen spielte der Wind. Es fehlte nur noch eine Feder im Haar, und ein indianischer Medizinmann wäre perfekt gewesen.
    Ich schüttelte den Kopf. Menschen mit dem Gesichtsschnitt von Indianern? Und das im tiefen Sibirien?
    »Soll ich dich fragen, wer er ist?«, flüsterte mir Karina zu.
    »Lieber nicht. Ich kann dir keine Antwort geben. Der Mann ist mir ein Rätsel.«
    »Und ein Hinweis auf diese Frostzombies.«
    »Das kann sein.«
    »Warum hat er auf uns gewartet? Es deutet alles darauf hin, dass er es getan hat.«
    »Frag mich nicht so schwere Sachen.« Ich nickte ihr knapp zu. »Jedenfalls werden wir uns diesen Menschen mal aus der Nähe ansehen.«
    »Okay.«
    Bevor wir gingen, hob ich beide Hände und drehte der Gestalt die freien Flächen zu. Es war eine international zu verstehende Geste, und ich hoffte, dass auch diese uralte Gestalt sie begriff.
    Der Mann rührte sich nicht. Er gab uns mit keinem Zeichen zu verstehen, was er von uns wollte, und so setzten wir uns in Bewegung. Weit hatten wir nicht zu gehen. Nur ein paar Meter entfernt stand der Wagen. Es blieb weiterhin still. Unter unseren Füßen war nur das Quatschen der feuchten Erde zu hören, wenn wir die Schuhe hineindrückten.
    Der Mann stand an der Beifahrerseite in Höhe der Kühlerhaube, über die er hinwegschaute. Auch aus der Nähe betrachtet, machte er auf uns keinen anderen Eindruck. Es gab bei ihm wirklich keine Veränderung. Doch dann fiel mir etwas auf.
    Vor unseren Lippen kondensierte die Atemluft. Genau das war bei ihm nicht der Fall.
    Er atmete nicht. Nichts wehte aus seinem Mund oder aus den Nasenlöchern hervor. Er stand da wie eine Statue, in deren Haut ein Messer zahlreiche Falten geschnitzt hatte.
    Kein Lächeln. Kein Zucken mit den Augen. Nicht ein Hinweis darauf, dass er etwas von uns wollte, obwohl er ja an unserem Fahrzeug gewartet hatte.
    »Dann werde ich ihn mal ansprechen«, sagte Karina. »Aber ist dir aufgefallen, dass er nicht atmet?«
    »Ja.«
    »Also ein lebender Toter.«
    »Kann sein.«
    »Und einer, der in der Höhle war«, sprach Karina mit leiser Stimme weiter. »Das muss so gewesen sein, denn ich bin heute sehr sensibel, wenn du verstehst.«
    »Nein, ich verstehe nicht.«
    »Ich spüre die Kälte«, flüsterte sie. »Und das liegt nicht an der Luft. Oder auch. Allerdings gehe ich mehr davon aus, dass dieser Schamane sie abgibt.«
    »Du hast es erfasst, Karina.«
    »Was?«
    »Der Schamane. Ich bin nicht auf den Ausdruck gekommen, aber du hast Recht. Im Moment gibt es für mich keine andere Erklärung. Das ist ein Schamane, ein Medizinmann eines Volkes, das, so kann ich mir vorstellen, längst ausgestorben ist.«
    »Oder eingefroren wurde.«
    »Auch das.«
    »Und er sieht nicht aus wie ein Mongole oder wie ein Mitglied eines anderen Volksstamms, der hier mal gelebt

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