1435 - Tödlicher Frost
wurden.
Vorbei!
Ein letzter Blick. Er sah die Welt zittern. Alles vor ihm war in Bewegung geraten. Die Perspektiven verschoben sich, und die Umgebung schien aus zahlreichen winzigen Glasteilen zu bestehen, die sich hinterher in eine graue Masse verwandelten, die alles schluckte und das kleine Zimmer zu einem undurchsichtigen Spiegelkäfig machte, aus dem Jasper nicht mehr herauskam.
Wie festgefroren blieb er auf der Stelle stehen. Ihm war nicht eisig, ihm war auch nicht warm, er fühlte sich als ein Nichts, als eine leblose Figur, und er merkte auch, dass seine Gedanken allmählich einfroren und die andere Macht ihn völlig übernahm.
Was weiterhin passierte, bekam er nicht mehr mit…
***
Ein ruhiges Gewissen hatte ich nicht, als ich die Kaserne verließ.
Hinzu kam noch, dass sich das Wetter auf die Seite meiner Gegner gestellt hatte, denn es fing an zu schneien. Im Oktober war das hier keine Seltenheit, doch ich war darauf nicht eingestellt.
Es rieselte aus den Wolken. Feine, winzige und eisige Körper, die leicht auf meine Kleidung und auch gegen die Haut trommelten.
Noch hatte das Licht der Laternen leichtes Spiel. Wenn der Schneefall zunahm, würde sich dies ändern. Dann zerfaserten die Lichter, und wer sich an die Kaserne heranschlich, der hatte bei dieser Witterung auch Chancen, sie ungesehen zu erreichen.
Vielleicht hätte ich Karina Grischin doch nicht allein lassen sollen.
Da meldete sich wieder meine innere Stimme, die ich auch als mein Gewissen bezeichnen konnte, und ich überlegte, ob ich den Rückweg antreten sollte. Das ließ ich dann bleiben. Dafür bewegte ich mich im Schutz der Kasernenmauer weiter und sah jetzt den Schneefall nur von einer Seite.
Und von dort tauchten auch die beiden Gestalten auf. Im Schnee sahen sie aus wie Gespenster, die heranschwebten, aber Sekunden später war ich beruhigt.
An den Helmen erkannte ich, sich dabei um zwei Soldaten handelte, die dicht vor mir stehen blieben, sodass ich in ihre Augen blicken konnte. Aber auch in die Mündungen ihrer Gewehre.
Ich kramte meine russischen Kenntnisse zusammen und erklärte, wer ich war. Den Namen Grassow erwähnte ich ebenfalls und erntete ein Nicken, das mich beruhigte.
Die Posten salutierten lässig. Dann setzten sie ihre Runde fort. So geisterhaft, wie sie erschienen waren, so verschwanden sie auch wieder im Schneegestöber.
Hätte man mich gefragt, ob ich mich wohl fühlte, ich hätte nur gelacht. Dabei war das Wetter zweitrangig. Ich dachte an die uralten Geschöpfe. Menschen, die vielleicht zur Steinzeit mal hier gelebt hatten. Möglicherweise auch unter dem Eis – oder es konnte auch sein, dass dieser Flecken gar nicht vom Eis bedeckt gewesen war.
Ich war da schon auf vage Vermutungen angewiesen, aber ich war gespannt, ob ich eine Erklärung bekommen würde, wie auch immer.
Mein Weg führte mich am Anbau vorbei. Ich hatte damit gerechnet, auf Wachtposten zu treffen, was auch eintrat. Aber sie standen nicht an jeder Ecke. Ich merkte jetzt, dass das Gelände verdammt groß war. Die Kasernenbauten, zwischen denen ich mich bewegte, kamen mir vor wie starre Monster, vor denen weißgraue Vorhänge vom Himmel herabhingen.
Der Schneefall hatte an Dichte zugenommen. Es hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Die weiße Schicht auf dem Boden nahm an Stärke zu. Die Strahlen der Scheinwerfer schickten ihr Licht zwar weiterhin nach unten, aber der dicht fallende Schnee nahm ihnen doch einen großen Teil der Kraft.
Weiter führte mich der Rundweg. An den Eingängen zu den Baracken standen Posten. Wer ins Trockene wollte, musste an ihnen vorbei, und das würde nicht einfach sein.
Ich wollte eine Runde gehen, die mich auch über freies Gelände führte. Rechts von mir lag der Flugplatz. Die Landebahn hatte bereits ein Leichentuch übergestreift. Positionsleuchten bildeten eine lange Kette. Allerdings wurden die Lichter allmählich von den dichter werdenden Schneeflocken erstickt.
Um mich herum herrschte die typische winterliche Stille. Der Schnee schluckte die Laute.
Ich wurde des Öfteren gesehen und hatte keine Probleme damit.
Die Soldaten waren von ihrem Major sehr gut informiert worden.
Ich gab mich stets früh genug zu erkennen, und irgendwann kam ich mir selbst vor wie ein Zombie, der durch den Winter wanderte.
Ich blieb stehen. Dabei schaute ich mir die Landebahn an, so gut das möglich war. Aber ich hielt es für unwahrscheinlich, dass die Angreifer über diese freie Fläche ins Lager
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