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1437 - Der Weg nach Bentu-Karapau

Titel: 1437 - Der Weg nach Bentu-Karapau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Frauen in ihrer Erregung zu diesem Thema zu sagen wußten, mit angehört hatte.
    Natürlich war sie damals wütend gewesen.
    Es war durchaus nicht so, daß sie kein Verständnis für die Hohen Frauen aufbrachte. Die hatten damals wahrhaftig in einer sehr schwierigen Lage gesteckt: Binnen kurzer Zeit hatte der Paratau seine Wirkung verloren, und damit wurde nicht nur den Hohen Frauen, sondern auch allen anderen Espern - und damit dem gesamten kartanischen Volk - die Basis ihrer Macht entzogen.
    Im nachhinein hatte Dao-Lin-H'ay zugeben müssen, daß sie sich den denkbar schlechtesten Zeitpunkt für ihre Forderungen ausgesucht hatte -sie hätte warten müssen, bis sich die erste Aufregung gelegt hatte.
    Sie hatte die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis gezogen, das ihr angetragene Amt abgelehnt und statt dessen Oogh at Tarkan begleitet, den es mit aller Macht nach Hangay gezogen hatte. Wenn sie nach einigen Wochen oder Monaten zurückkehrte - so hatte sie damals gedacht -, würden die Voraussetzungen vielleicht günstiger sein.
    Dabei hatte sie natürlich nicht ahnen können, daß ihre Abwesenheit sich statt dessen über mehrere Jahrhunderte erstrecken würde.
    Und nun stand sie in diesem Raum und sah mit eigenen Augen, wie männliche Kartanin mit großer Selbstverständlichkeit Funktionen erfüllten, an die man sie in der Vergangenheit gar nicht erst herangelassen hätte. Die Veränderung hatte sich also auch ohne ihr Zutun vollzogen. Diese Erkenntnis war erfreulich, versetzte ihr aber gleichzeitig auch einen kleinen Stich: Sie brachte ihr zu Bewußtsein, daß sie keineswegs unentbehrlich war.
    Was wäre geschehen, wenn die Hohen Frauen sich damals weniger abweisend verhalten hätten?
    Ganz einfach, sagte Dao-Lin-H'ay in Gedanken zu sich selbst. Ich wäre jetzt nicht hier. Ich wäre seit Hunderten von Jahren tot, und man hätte mich längst vergessen.
    So gesehen, verdankte sie den damaligen Hohen Frauen das zweifelhafte Vergnügen, eine Zeit zu erleben, die für sie damals nur eine nebelhafte, weit entfernte Zukunft gewesen war.
    Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die technischen Details in der Zentrale und stellte fest, daß sich auch die Raumfahrttechnik um ein gutes Stück weiterentwickelt hatte. „Ist dies ein Versuchsschiff?" fragte sie Mai-Ti-Sh'ou, die unbeirrbar dicht neben ihr blieb. „Ein Prototyp zur Erprobung neuer Techniken?"
    „Wo denkst du hin?" fragte Mai-Ti-Sh'ou zurück, und sie war dabei tatsächlich so entsetzt, wie sie aussah. „Niemals würden wir dich einer solchen Gefahr aussetzen! Die MARA-DHAO entspricht bis auf geringfügige Änderungen dem zur Zeit besten Schiffstyp, über den wir verfügen, aber es gibt hier nichts, was wir nicht auch schon in anderen Schiffen auf das gründlichste ausprobiert hätten."
    „Und was sind das für geringfügige Änderungen?" wollte Dao-Lin-H'ay wissen. „Es sind Kleinigkeiten", behauptete Mai-Ti-Sh'ou. „Dies ist ein besonders gut ausgestattetes Schiff."
    Dao-Lin-H'ay stutzte, aber dann begriff sie, wie Mai-Ti-Sh'ou dies meinte.
    Offenbar war sie wirklich zu lange bei den Galaktikern gewesen. Sie hatte sich an deren Eigenarten gewöhnt und daher Dinge für selbstverständlich gehalten, die ihr früher sofort ins Auge gefallen wären: Die in freundlichen Farben gehaltenen Wände, Decken und Fußbodenbeläge, die komfortablen Kontursessel, die hier und da vorhandenen Vorhänge anstelle offener Durchgänge.
    Sie haben mich in einen Luxusraumer gesteckt, dachte Dao-Lin-H'ay amüsiert, und sie fragte sich, ob dies vielleicht sogar Mei-Mei-H'ars Raumschiff war.
    Das hätte ein bezeichnendes Licht auf eine weitere Form von Veränderungen geworfen, die mit den Kartanin in den letzten Jahrhunderten vorgegangen waren: Die Hohen Frauen früherer Zeiten hatten solche Bevorzugungen strikt abgelehnt.
    Ihre Quartiere hatten sich im Gegenteil sogar durch besondere Einfachheit und Nüchternheit ausgezeichnet. Selbst in den Stadthäusern der Großen Familien war es spartanisch zugegangen, und nicht einmal unter Ausschluß der Öffentlichkeit hatten die Hohen Frauen gegen die ungeschriebenen Gebote der Genügsamkeit verstoßen, die sie sich selbst auferlegt hatten.
    Sie waren sich stets der Entbehrungen bewußt geblieben, die sie ihrem Volk im Auftrag der Stimme von Ardustaar abverlangen mußten. Es wäre ihnen als unmoralisch erschienen, bei all dem für sich selbst andere Maßstäbe zu setzen, als sie sie auch für alle anderen Kartanin gelten ließen.
    Dao-Lin-H'ay

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