Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1438 - Kinder der Retorte

Titel: 1438 - Kinder der Retorte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
unpersönlichen Art. „Ach ja, es ist die Meinung unseres technischen Vaters Pheldor. Ich höre es ihn schon bei seiner Abschiedsrede für uns, seine Schützlinge, wiederholen. Und es wird ganz speziell auf euch beide gemünzt sein."
    Die beiden wandten sich ab und entfernten sich. Schon nach zwei Schritten schienen sie die Zielscheiben ihres Angriffs wieder vergessen zu haben und fachsimpelten miteinander.
    Plinal stieß hörbar die Luft aus. „Ich ertrage das nicht mehr länger. Am liebsten würde ich davonlaufen."
    „Und wohin?"
    Plinal hatte ihm gegenüber schon oft solche Gedanken geäußert, aber Aribo hatte ihn mit dieser einfachen Frage immer zum Verstummen gebracht. Es gab auf Aralon keinen Ort, wo Außenseiter wie sie Zuflucht oder Unterschlupf finden konnten. Der ganze Planet war bis in den hintersten Winkel durchorganisiert und technisch erschlossen. Eine ganze Welt als globales genbiologisches Forschungsinstitut, bis tief unter die Oberfläche hinab und bis zu den Raumstationen im Orbit.
    Aralon war der universelle Mittelpunkt der Genetik. „Clynac wartet nur darauf, daß sich jemand von uns eine Blöße gibt", behauptete Aribo. „Vermutlich hat er überhaupt keine Anhaltspunkte, wer von uns mißraten sein könnte. Er geht gewiß nur von statistischen Werten aus, die besagen, daß es bei jedem Invitro-Jahrgang sogenannten Gen-Müll gibt. Aber wir beide gehören nicht dazu, Plinal."
    „Wir fühlen uns zwar nicht als mißraten, Tatsache ist jedoch, daß wir anders sind als die anderen, und das dürfte Clynac genügen, uns den Fangschuß zu geben", jammerte Plinal. „Dazu wird es nicht kommen", sagte Aribo fest.
    Plinal warf ihm einen zweifelnden Blick zu. Doch noch bevor er etwas einwenden „konnte, erging über die Rundrufanlage die Aufforderung an sie, ihre Lernkabinen aufzusuchen und sich an ihre Terminals zu begeben. „Jetzt erfolgt die Trennung der Miesen von den Gesunden", sagte Plinal mit Grabesstimme.
     
    *
     
    Kaum hatte Aribo am Terminal Platz genommen, als die Automatenstimme sagte: „Es ist eine unerwartete Verzögerung eingetreten. Die Abschlußtests werden auf unbestimmte Zeit verschoben."
    „Mit welcher Begründung?" wollte Aribo wissen. Er bekam keine Antwort.
    Statt dessen erschien im Kommunikationskubus vor ihm das dreidimensionale Bild eines Aras - er erkannte den greisen und doch so vitalen Pheldor, Idol und Vorbild aller Kommilitonen, sofort. „Das Warum ist jetzt Nebensache", sagte der Gentechniker mit so vertraulicher Stimme, daß Aribo angst wurde; wollte ihm Pheldor eröffnen, daß er, Aribo, an oberster Stelle von Clynacs Abschußliste stand? „Während die anderen meine aufgezeichnete Rede abhören, habe ich dir einige persönliche Dinge zu sagen. Du mußt mir aufmerksam zuhören und alles, was du von mir zu hören bekommst, als Tatsachen hinnehmen. Bist du bereit, Aribo?"
    „Jajaja", stotterte der Invitro. „Dann höre!" Pheldor machte ein ernstes Gesicht, und seine Stimme klang feierlich. „Du bist kein Klon wie die anderen. Du bist etwas Besonderes. Du besitzt einige Fähigkeiten der anderen nicht, denn das war von mir nicht gewollt. Aber dafür genießt du einen Vorzug, den die anderen nicht haben und auch nicht zu schätzen wüßten, weil sie eben Massenware sind.
    Du aber bist kein Fließbandprodukt. Du bist nicht einmal ein Klon in der eigentlichen Bedeutung dieses Begriffs.
    Bist zwar ein Invitro, jedoch geschaffen aus speziellem Zellmaterial. Konntest du mir so weit folgen?"
    „Ja", sagte Aribo schlicht, zu mehr wäre er nicht fähig gewesen. „Gut." Pheldor nickte und fuhr fort. „Ich habe dich aus meinen eigenen Zellen geklont, als annäherndes Ebenbild von mir.
    Die Betonung liegt dabei auf >annähernd<, denn ich wollte nicht mich duplizieren, sondern einen Nachkommen haben, der wohl manchen meiner Vorzüge besitzt, nicht aber meine vielen Fehler. Ich habe mit dir gewissermaßen die Idealisierung meiner Person geschaffen, wie ich gerne geworden wäre. Das ist die Wahrheit, das mußt du als Tatsache anerkennen, vergiß es nie. So gesehen, bist du mein Sohn."
    Aribo schwindelte. Er verstand überhaupt nichts mehr. „Es war eine Gratwanderung, bei der wir beide oft abzustürzen drohten", fuhr Pheldor fort. „Aber irgendwie habe ich es immer geschafft, die Sache auszubalancieren. Du wirst dich oft gefragt haben, wie es kam, daß du mit den Aufgaben, oftmals, wenn du nicht weiterwußtest, auch gleich die Lösungen mitgeliefert bekamst, so daß deine

Weitere Kostenlose Bücher