1438 - Kinder der Retorte
Tätigkeit, Hyguphoten gingen, getreu ihrer Genprogrammierung, rücksichtslos gegen alle vor, die sich gegen das System stellten - diese Reihe ließ sich beliebig fortsetzen.
Es war also offensichtlich, daß das System die Festigung und Vervollkommnung der Macht über die Milchstraße und alle ihre Bewohner anstrebte. Macht zum Selbstzweck also?
Aber wer stillte da seine Machtgelüste?
Und warum? Was war das Motiv und was der Sinn und Zweck? Jede Diktatur verfolgte mit ihrer Politik bestimmte Ziele, hatte ein Programm, eine Philosophie, eine akzentuierte Dialektik, Nicht so das System. Es war selbst so anonym wie seine Ideologie. Es besaß uneingeschränkte Macht, aber wozu es diese verwandte, das war Pheldor bislang ein Rätsel geblieben.
Für Aribo und Plinal war das sowieso zu hoch. Sie interessierte mehr die „Gegenseite" - die Organisation WIDDER. „Es ist noch zu früh, euch darüber mehr zu verraten", sagte Pheldor abweisend. „Eines weiß ich nämlich mit absoluter Gewißheit: Das System hat seine Ohren überall."
„Wann werden wir das Eugaul-System erreichen?" erkundigte sich Aribo. „Es wird noch einige Tage dauern, weil die ARASIM einige Male Zwischenstation macht, um Kongreßteilnehmer von anderen Welten an Bord zu nehmen", antwortete Pheldor. „Wir haben also ausreichend Zeit.
Wenn ich mich einigermaßen erholt habe, vereinbaren wir ein Treffen. Dann werde ich euch auf eure Zukunft vorbereiten." Es entstand eine kurze Pause, bevor Pheldor abschließend sagte: „Übrigens könnt ihr euch auf dem Schiff frei bewegen. Ihr könnt euch dabei darauf berufen, daß ihr meine Assistenten seid. Verschweigt aber nach Möglichkeit eure Abstammung."
Damit schien der Gentechniker das Gespräch endgültig beendet zu haben.
Doch nur wenige Sekunden danach meldete sich das Visiphon noch einmal.
Aribo stellte die Verbindung her - und prallte zurück. Diesmal blieb der Bildsektor nicht dunkel - diesmal füllte ihn der vollippige, sinnliche Mund eines Humanoiden aus.
Die Lippen bewegten sich, eine wohlklingende dunkle Stimme sagte mit betont falscher Freundlichkeit: „Hallo, Freunde! Es ist mir gelungen, im letzten Augenblick noch eine Passage auf diesem Schiff zu bekommen. Ihr wolltet euch doch nicht vor mir aus dem Staub machen, oder? Das wäre nicht nett von euch. Ich hänge nämlich so sehr an euch dreien, daß ich alle anderen Verpflichtungen habe sausen lassen, um in eurer Nähe zu sein. Ihr verzeiht es mir hoffentlich, daß ich an eurem anregenden Gespräch Anteil genommen habe. Unter Freunden ist das erlaubt. Dann auf bald!
Wir sehen uns..."
Die beiden Freunde blickten einander stumm an. Ihnen war beiden auf Anhieb klar, daß soeben Clynac, der cantarische Klonjäger, zu ihnen gesprochen, hatte. Als die Angststarre von ihnen abgefallen war, versuchten sie, über das Kommunikationssystem Verbindung mit Pheldor aufzunehmen. Als das mißlang, bestürmten sie seine Kabine, bis sich die Tür öffnete.
Pheldor lag in gekrümmter Stellung in seiner Ruhenische.
Die beiden Invitros dachten im ersten Moment, daß Clynac hiergewesen war und Pheldor getötet hatte. Aber dann öffnete der Gentechniker die Augen und setzte zum Sprechen an. Über seine Lippen kam bloß ein undeutliches Krächzen. Bei seinem Anblick krampfte sich in Aribo alles zusammen. Aber er riß sich zusammen und platzte heraus: „Clynac ist an Bord! Er hat sich gerade bei uns gemeldet" Pheldor zeigte kaum Reaktion. „Gebt mir eine kurze Atempause", bat er endlich mit zittriger Stimme. Seine runzelige Haut wirkte wie gebleicht, die roten, dunkel unterlaufenen Augen glühten förmlich. Er versuchte, sich zu erheben, fiel aber sofort wieder kraftlos zurück. „Geht!" verlangte er, widerrief aber sofort wieder. „Nein, ruft zuerst einen Medo für mich!"
*
Die ARASIM flog insgesamt vier Stationen an und machte auch einen Umweg ins Scarfaru-System. Dort ging sie im Orbit des Planeten Lokvorth in Parkposition, um einige bedeutende Persönlichkeiten aufzunehmen.
Für Aribo und Plinal bot sich während dieses Zwischenstopps die Gelegenheit, Lokvorths berühmtes Wahrzeichen, das gigantische Humanidrom, kennenzulernen und zu bewundern. Bis zu diesem Augenblick hatten sie noch nicht einmal von seiner Existenz gewußt, weil solche Informationen aus dem Bereich des Allgemeinwissens nicht zu ihrem Lehrstoff gehört hatten.
Diese Weltraumstation hatte eine ungewöhnliche Form, deretwegen sie, neben ihrer Größe, schon einmalig
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