144 - Mr. Silvers böses Ich
täglich… Wenn mir das jemand in Aussicht stellen würde, könnte ich glatt seßhaft werden.«
»Ich glaube, wir können etwas für Sie tun, Tom«, sagte Metal.
Der Landstreicher riß die Augen auf. »Ehrlich? Ich bin nicht ungeschickt, war mal ein guter Bastler. Bei mir zu Hause gab es nichts, was ich nicht reparieren konnte. Wenn ich mich zusammenreiße, habe ich auch gar keine so schlechten Manieren, und wenn ich gebadet und rasiert bin, sehe ich noch ganz gut aus. Ich könnte für Sie als Butler arbeiten.«
»Mal sehen«, sagte Metal.
Er dachte eher daran, daß Tucker Peckinpah einen Job für Tom Jagger hatte. Sie brauchten keinen Butler im Haus.
Das Gespräch, das Rufus eingefädelt hatte, diente dazu, Roxane und Metal abzulenken.
Während sich die beiden mit ihm unterhielten, verließ der Nebelteufel unbemerkt die Küche.
Er durchquerte die Halle und strebte der Treppe zu. Weder Roxane noch Metal bekamen es mit. Das neue Ich war unterwegs zu Mr. Silver.
Virginia Calloway hatte Mr. Silver bestens für die »Übernahme« vorbereitet. Wenn er zu sich kam, würde es geschehen sein.
Die Besessene wartete in ihrem Zimmer neben dem bewußtlosen Hünen.
Nach wie vor sah sie aus wie ein Schakal. Ihr Blick richtete sich auf die Tür. Sie spürte, daß sich jemand näherte - kein Feind. Sie begab sich zur Tür, um den Nebelgeist einzulassen.
Der Erdfarbene betrat das Zimmer der Frau. Sie wies auf Mr. Silver, und der Geist ging an Virginia vorbei.
Beim Bett verharrte die unheimliche Erscheinung kurz. Dann beugte sie sich vor und sank langsam auf Mr. Silver nieder.
Der Geist begann zu sinken, einzusickern. Durch die Poren gelangte das von Phorkys geschaffene Wesen in den Hünen. Es verschwand mehr und mehr, aber es löste sich nicht auf.
Sobald es nicht mehr zu sehen war, befand es sich in Mr. Silver.
Und der Hüne mit den Silberhaaren war nicht länger ein Ex-Dämon!
***
Nach der Flucht aus dem Keller hatte jeder Werwolf seinen eigenen Weg eingeschlagen. Gerry Blackburn hatte sich am weitesten von Harkerville entfernt.
In einer kleinen Höhle hatte er sich die Wunde an der Schulter geleckt. Sie brannte höllisch und war sehr schmerzhaft. Zum erstenmal hatte der Leitwolf geweihtes Silber zu spüren bekommen, und das stachelte seine Wut an.
Sie hatten es nicht geschafft, den weißen Wolf zu töten, obwohl er ans Wolfskreuz gefesselt gewesen war. Fliehen mußten sie sogar, und Alan Orbison hatte sein Leben verloren.
All das schrie nach Vergeltung. Sie durften das nicht auf sich sitzenlassen, mußten Zurückschlagen.
Es dauerte einige Zeit, bis der Schmerz in der Schulter nachließ. Als Blackburn seinen Arm wieder halbwegs gebrauchen konnte, verließ er die feuchtkalte Höhle und kehrte nach Harkerville zurück.
Alles in ihm schrie nach Rache. Sie waren noch nie so sehr in Bedrängnis geraten. Das konnte er diesem verfluchten Dämonenjäger nicht verzeihen.
Blackburn wußte, daß er erst zur Ruhe kommen würde, wenn er Tony Ballard und diesen weißen Wolf erledigt hatte. Der Wunsch, es dem Dämonenjäger heimzuzahlen, trieb ihn nach Harkerville zurück.
Allerdings hatte er nicht die Absicht, Tony Ballard und dessen Freund allein gegenüberzutreten.
Gemeinsam waren sie stärker. Noch einmal würden sie nicht davonlaufen. Diesmal würden sie, von ihrem glühenden Haß getrieben, angreifen und siegen.
Der Leitwolf erreichte Harkerville, eilte aber nicht die, Hauptstraße entlang, sondern lief hinter den Häusern vorbei. In den Ställen wurden die Tiere nervös, als sie seine Nähe spürten.
Die Dunkelheit bot Gerry Blackburn einen guten Schutz. Er verzichtete darauf, menschliches Aussehen anzunehmen, blieb ein Wolf. Mit einem kraftvollen Sprung setzte er über einen Holzzaun hinweg und erreichte die Rückfront des Hauses, in dem Bob Morris mit seiner Mutter wohnte.
Geduckt pirschte er sich an das Gebäude heran. Er hätte jeden angegriffen, der ihn bemerkt hätte.
Am Haus richtete er sich auf. Er streckte sich zum Fenster hoch und zog die Krallen über das Glas. Einem Menschen wäre dieses Geräusch durch Mark und Bein gegangen.
Blackburn machte es nichts aus. Er rechnete damit, daß sich Bob Morris am Fenster zeigen würde. Als dies aber nicht geschah, drückte er das Fenster auf und kletterte hinein.
Nun befand er sich in Bobs Zimmer. Elena Morris, Bobs Mutter, betrat nur ganz selten diesen Raum.
Gerry Blackburn warf einen Blick auf das unberührte Bett des Freundes. Bob schlief nicht.
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