144 - Mr. Silvers böses Ich
Vielleicht war er nicht einmal zu Hause. Blackburn stieß gegen einen Stuhl.
Elena Morris hörte das ratternde Geräusch und kam aus dem Wohnzimmer.
Das Monster sprang hinter die Tür und hob die gefährlichen Pranken. Wenn die Frau eintrat, war ihr Leben verwirkt. Blackburn hörte, wie sie sich der Tür näherte.
Er vernahm ihr Atmen.
Sie lauschte. Da sie nichts mehr hörte, klopfte sie an die Tür. Gerry Blackburn reagierte nicht.
»Bob?« fragte die Frau. »Bob, bist du da?«
Sie griff nach dem Türknauf.
»Kannst du nicht kurz ins Wohnzimmer schauen, wenn du heimkommst? Du weißt, daß ich mir Sorgen um dich mache. Und ich sage dir immer wieder, daß es nicht ungefährlich ist, nachts außer Haus zu sein. Warum hörst du nicht auf deine Mutter?«
Gerry Blackburn knurrte zornig. Er konnte es nicht unterdrücken.
»Darf man denn überhaupt nichts mehr sagen?« fragte Elena Morris eingeschnappt.
Blackburn knurrte wieder.
»Hast du Hunger? Möchtest du etwas essen?« fragte die Frau.
Knurren.
»Ja, ja, schon gut«, sagte Elena Morris verdrossen. »Entschuldige, daß ich mir die Unverfrorenheit herausnahm, dich zu stören. Manchmal kommt es mir so vor, als würdest du mich hassen.«
Beleidigt und gekränkt zog sich die Frau ins Wohnzimmer zurück, und Blackburn sprang aus dem Fenster.
Nach wenigen Schritten verschluckte ihn die Dunkelheit.
***
»Ein Werwolf - Alan Orbison - im Haus der Wölfe, drei hier«, rechnete mir O’Hara vor. »Als ich am Wolfskreuz hing, hatte ich fünf Monster vor mir. Es lebt nur noch einer; Gerry Blackburn, der Leitwolf.«
»Wird nicht ganz einfach sein, ihn zu finden«, sagte ich.
»Du meinst, wir können nicht von Haus zu Haus gehen und fragen, ob Blackburn da ist.«
»Vielleicht befindet er sich nicht einmal mehr in Harkerville«, sagte ich. »Wenn er weiß, daß er kein Rudel mehr hat, kehrt er seinem Dorf vielleicht den Rücken und tut sich anderswo mit seinesgleichen zusammen.«
»Wenn es irgend möglich ist, müssen wir das verhindern, Tony«, sagte der weiße Wolf.
»Ich hätte absolut nichts dagegen, auch ihm das Handwerk zu legen«, gab ich zurück. »Es fragt sich nur, wie sich das am unauffälligsten und wirksamsten bewerkstelligen läßt.«
»Vielleicht kehrt er noch einmal in sein Gasthaus zurück, um ein paar Habseligkeiten zusammenzuraffen«, meinte Bruce O’Hara.
»Wir wollen hoffen, daß er uns die Freude macht, noch einmal zu Hause zu erscheinen.«
Wir schickten uns an zu gehen. Plötzlich erstarrte mein Freund. »Tony!« preßte er hervor. »Da ist er!« Meine Augen folgten seinem Blick. Bruce hatte recht. Der Leitwolf starrte mit glühenden Augen zum Fenster herein!
***
Nachdem Gerry Blackburn Bob Morris nicht zu Hause angetroffen hatte, eilte er zu den Zwillingen weiter, und bei ihnen entdeckte er Bob… tot.
Auch die Zwillinge lebten nicht mehr. Für den Leitwolf stürzte eine Welt zusammen. Er, der gewohnt war, ein Rudel zu befehligen, war auf einmal allein. Das hatte er Tony Ballard und dem weißen Wolf zu verdanken.
Eine uferlose Wut brachte seine Augen zum Glühen. Er war zum erstenmal ratlos. Er mußte erst umdenken… Die Situation neu überschauen… Im Moment war er völlig aus dem Tritt.
Die Vernunft riet ihm, sich zurückzuziehen, Wut und Haß drängten ihn anzugreifen. Niemals hätte er es für möglich gehalten, daß ihm einmal jemand eine solche Niederlage bereiten könnte.
Das war schmachvoll. In einer einzigen Nacht hatte er all seine Mitstreiter verloren. Das würde er lange nicht verdauen.
Der weiße Wolf bemerkte ihn und machte Tony Ballard auf ihn aufmerksam, und dieser griff zum Revolver!
Ballard machte dem Leitwolf die Entscheidung leicht. Blackburn duckte sich und tauchte nach links weg. Er fand es beschämend, daß er schon wieder die Flucht ergreifen mußte, aber in seiner derzeitigen Verfassung wäre es unvernünftig gewesen zu kämpfen.
Er brauchte Zeit zum Überlegen.
In diesem Kampf war die letzte Runde noch nicht ausgetragen. Blackburn wollte sich Tony Ballard und den weißen Wolf einzeln vornehmen.
Er gestand es sich nicht gern ein, aber zu zweit waren sie ihm überlegen. Den Kampf Mann gegen Mann scheute Blackburn nicht. Er mußte das nur geschickt einfädeln, dann hatte er gute Chancen, seine Rache zu genießen.
Er entfernte sich mit langen, federnden Sätzen vom Haus der Zwillinge.
Ein einsamer, verbitterter Wolf…
***
Meine Finger schlossen sich um den Kolben des Revolvers. Ich zog das Eisen
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