1442 - Die grauen Eminenzen
Individualisten. Da findest du kaum zwei, die ein und dieselbe Meinung vertreten. Geh den herkömmlichen Weg.
Wende dich an deine Kommandantin, Heyda Minstral. Sie soll..."
Diesmal kam die Unterbrechung von außerhalb. Ein schriller, langgezogener Schrei gellte auf. Eine bellende Stimme sprudelte mit faustdickem Akzent Interkosmo-Worte - so aufgeregt und so laut, daß sie durch die geschlossene Tür mühelos zu hören waren. „Wääh, Unglück! Wääh, Schande!
Warum hab' ich verlassen mein geliebtes Sash-Variim? Damit ich verkommen muß im Dreck, gebissen von giftigen Schlangen, aufgefressen von schleimigen Ungeheuern! Werr bezahlt mirr auch nurr eine rote Münze fürr den fürchterlichen Handel, den ich eingegangen bin?"
Es zuckte um Julian Tifflors Mundwinkel. Er hielt das Lachen nur mit Mühe zurück. „Hört sich das nicht an wie einer von deinen hundert Prozent?" fragte er. „Wie man hört, ist auch er mit meiner Führung unzufrieden."
Ferr-Moon zerbiß einen kartanischen Fluch zwischen den Zähnen. Er sprang auf die Tür zu. Als sie vor ihm aufzugleiten begann, zwängte er sich hastig nach draußen. „Verdammter Mamositu!" hörte Tifflor ihn schreien.
Noch im selben Augenblick ertönte ein zweiter Schrei, auf den klägliches Wimmern folgte. Als Tifflor auf den Gang hinaustrat, sah er Ferr-Moon den Jammernden an den Hinterbeinen in die Höhe zerren. Der gedrungene Schädel baumelte haltlos, und die vier dünnen Greifarme, die aus der Schulter wuchsen, peitschten die Luft auf der erfolgsamen Suche nach einem Objekt, an das sie sich klammern könnten. „Laß ihn los, Ferr-Moon", befahl Tifflor.
Der Kartanin gehorchte. Das wimmernde Geschöpf fiel zu Boden. „Er verursacht ein Problem nach dem andern." Ferr-Moon schien die Auseinandersetzung mit Tifflor vergessen zu haben. Sein Zorn konzentrierte sich auf den Mamositu. „Man hätte ihn nicht mitbringen dürfen. Er steckt mitten in der Brunst, und mit seinem ewigen Gejammer nach Sash-Variim treibt er uns allmählich in den Wahnsinn."
„Steh auf, Tosh-Poin", sagte Tifflor.
Das Gewimmer verstummte. Der Mamositu stemmte sich in die Höhe. Der walzenförmige Körper ruhte auf zwei Beinpaaren, von denen das hintere kürzer war als das vordere, so daß der Rumpf eine schräge Haltung einnahm. Der Schädel saß halslos auf den Schultern. Die weit hervorquellenden Augen, kiemenähnliche Öffnungen zu beiden Seiten des Schädelansatzes, und der von knorpeligen Lippen umrahmte Mund verliehen der Kreatur gewisse Ähnlichkeit mit einem Fisch. Tosh-Poin hatte den Mund geschlossen und verriet damit sein Unbehagen. Die Münder der Mamositu standen im Normalzustand offen. Sie schlössen sie nur, wenn sie Angst, Ärger oder sonst eine unangenehme Regung empfanden. „Warum schreist du, Tosh-Poin?" fragte Tifflor. „Soll ich nicht schreien?" begann der Mamositu von neuem zu jammern. „Mein Sash-Variim sehnt sich nach mirr. Wie soll Alosha-Taar, seine Geliebte, den Leib dick mit Nachwuchs bekommen, wenn ich es nicht vorrherr befruchte?"
Wer sein Gezeter verstehen wollte, der mußte wissen, daß die Spezies Mamositu aus drei Geschlechtern bestand. Sash-Variim, um das Tosh-Poin jammerte, war das Neutrum, das als Mittler zwischen männlichem und weiblicher Mamositu füngierte. „Du rennst nicht mit lautem Geschrei umher, nur weil deine Hormondrüsen sich aufspielen", fuhr Tifflor den Unglücklichen an. „Was war das für ein Gerede von giftigen Schlangen und schleimigen Ungeheuern?"
„Hab' ich gesähen in meinem Quartier", beteuerte Tosh-Poin. „Hab' ich errschossen."
„Erschossen...?"
Tifflor und Ferr-Moon wechselten besorgte Blicke. Der Kartanin gab sich gern als rücksichtsloser Draufgänger, aber er besaß Umsicht. Die Abneigung der Mamositu gegenüber Reptilien und Amphibien war bekannt. Dessenungeachtet schoß man nicht auf eine Kreatur, nur weil sie einem nicht gefiel - besonders dann nicht, wenn man sich auf einer fremden Welt unter fremden Wesen befand. „Wo ist dein Quartier?" fragte Tifflor.
Ferr-Moon setzte sich wortlos in Bewegung. Tosh-Poin folgte ihm und gab dabei protestierende Laute von sich. Julian Tifflor schloß sich der eigenartigen Prozession an. Der Kartanin hatte die BARBAROSSA-Delegation fest im Griff.
Er ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er derjenige war, der das Befehlen besorgte, und den anderen drei die Rolle der Gehorchenden zukam.
Selbstverständlich wußte er, wo die Mitglieder der Abordnung von der BARBAROSSA
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