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1444 - Legende und Wahrheit

Titel: 1444 - Legende und Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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erfahren hatte, ohne sich darunter etwas vorstellen zu können. Im linken Ohrläppchen glitzerte diamanten ein kleiner Kristall, den Degruum seinen Berater nannte. Julian Tifflor meinte, daß es sich um einen Pikorechner handele, den der Anoree gedanklich, d.h. mit psionischen Signalen, zu steuern vermochte. Für Degruum und seine Artgenossen gehörte es offenbar zu den Gewohnheiten des Alltags, den Körper mit technischem Hilfsgerät auszustatten. Es zeigte sich hier eine Tendenz, die die Cantaro weiterentwickelt hatten. Die Herrscher der Milchstraße waren mit ihrer fast zu 50 Prozent aus syntronischen Komponenten bestehenden Körperstrukturen schon als echte Droiden zu bezeichnen.
    So weit hatten es die Anoree noch nicht gebracht. Gavval trug silberne Kontaktlinsen, die trotz ihres Gefunkels seinem Blick etwas unangenehm Starres verliehen, und Shyrbaat besaß außer einem Nasenfilter dunkle Einschlüsse in der Haut, die von implantierten Mikrogeräten herrührten. Die Anoree bezeichneten sich als Wissenschaftler und Forscher, und das Instrumentarium, das sie am Leib trugen, diente ohne Zweifel dem Zweck, ihre forscherische Effizienz zu erhöhen.
    Die Antwort, die er soeben erhalten hatte, erschien Julian Tifflor banal und nichtssagend. Aber er ließ es dabei bewenden. Die YALCANDU hatte sich inzwischen so nahe an die Station heranmanövriert, daß zwischen der Unterseite der Schiffshülle und der Oberfläche des Balkens nur noch wenige Meter klafften. Auf Degruums Befehl hin bildete sich ein energetischer Schlauch aus, der sich vom Leib der YALCANDU in Richtung der Station schob. In der Wand des Balkens entstand eine quadratische Öffnung. Der Schlauch stülpte sich über die Kanten und straffte sich, als Luft eingelassen wurde. Die Verbindung war hergestellt. „Wir können übersetzen", erklärte Degruum. „Ich hätte meine Begleiter gerne dabei", sagte Tifflor. „Zeig mir, wie ich sie benachrichtigen kann."
    Degruum erläuterte ihm die Bedienungsweise des Bord-Interkoms. Julian Tifflor sprach mit den übrigen vier Mitgliedern der Gruppe und forderte sie auf, sich zur Bodenschleuse zu begeben.
    Dann wandte er sich wieder an den Anoree. „Werden Gavval und Shyrbaat auch mit uns gehen?" fragte er. „Sie sind mit ihren Forschungen beschäftigt", antwortete Degruum. „Sie haben keine Zeit."
    Der Translator versah das Wort „Forschungen" mit einer semantischen Markierung, die darauf hinwies, daß Degruum auf andere als übliche Weise gesprochen hatte. Julian Tifflor wußte nicht, was er daraus machen sollte. Die Erklärung, Shyrbaat und Gavval könnten sie nicht zur Station hinüber begleiten, weil sie mit Forschungsarbeiten beschäftigt seien, erschien ihm ebenfalls abstrus. Aber er gab sich auch damit zufrieden. Die Denkweise der Anoree war anders als die der Menschen. Man würde sich im Lauf der Zeit aneinander gewöhnen müssen.
    Die Galaktiker, die sich in der Bodenschleuse versammelten, trugen SERUNS. Degruum dagegen war immer noch mit der leichten Allzweck-Kombination bekleidet - ein Zeichen dafür, daß er sich hier völlig sicher fühlte und den Ausflug nach Cintexx-Station als Spaziergang betrachtete.
    Die Schleuse, in die der Energieschlauch mündete, war von bescheidenem Umfang - kaum daß die sieben Besucher hineinpaßten, ohne sich drängeln zu müssen. Der Raum war kahl. Boden, Wände und Decke wiesen Alterserscheinungen auf, die bewiesen, daß selbst das beste Baumaterial im Lauf der Zeit müde wird. In den Kanten zwischen Decke und Wänden zeigten sich Ansätze der Vergilbung. Der Boden war stellenweise rissig.
    Durch ein Schott, das sich auf Degruums Zuruf hin öffnete, führte der Anoree seine Gäste in einen breiten, hellerleuchteten Korridor. Dazu erklärte er: „Cintexx-Station arbeitet vollautomatisch. Einfliegende Fahrzeuge strahlen den Transitionsimpuls ab, ausfliegende Schiffe geben das Transfer-Signal. Die Station ist darauf programmiert, die Impulse zu verarbeiten und das signalisierende Fahrzeug in die gewünschte Richtung zu befördern."
    Während er sprach, schritt er den Korridor entlang, und Tifflor mit seinen Begleitern folgte ihm. Die Wände zu beiden Seiten des Ganges waren glatt und fugenlos. Es herrschte künstliche Schwerkraft, deren Wert der Pikosyn zu 0,91 Gravo bestimmte. „Wie steht's mit der Wartung?" wollte Julian Tifflor wissen. „Die Station besitzt die Fähigkeit, sich selbst zu reparieren?"
    „Die Station ist für die Ewigkeit gebaut", antwortete Degruum.

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