1445 - Holt mich aus der Hölle!
Rückfahrt vom Büro hatte ich das Gefühl, dass der folgende Abend kein normaler werden würde. Auf meine innere Stimme konnte ich mich in der Regel verlassen.
Auch Suko meinte: »Da kann noch etwas passieren.«
»Nur was?«
Er hob die Schultern. »Bin ich Hellseher? Wäre ich das, würde ich nicht beim Yard arbeiten.«
»Stimmt. Dann könnte ich dich im Zirkus bewundern.«
Wer war das Kind? Warum hatte es geweint? Um diese Fragen ging es, und die wurde ich auch nicht los. Ich gierte nach einer Erklärung. Aber wo sollte ich ansetzen?
Suko, der den Rover lenkte, meinte: »Du solltest dich nicht so sehr quälen, John, es bringt nichts.«
»Das sagst du.«
»Ja, bewusst. Warten wir erst mal ab. Ich denke, dass wir irgendwann noch Konkreteres erfahren werden.«
»Ich kann und will nicht warten.«
»Bleibt dir was anderes übrig?«
»Nein.«
»Na siehst du.«
Ich wusste ja, dass Suko Recht hatte, aber ich war nun mal emotional stärker beteiligt als er. Das musste er einsehen. Der Gedanke, dass mein Kreuz manipuliert worden war, ließ mich einfach nicht los. Ich hatte daran ziemlich zu knacken, denn das Kreuz war mit meinem Augapfel zu vergleichen. Ich war sein Erbe, ich war auch der Sohn des Lichts und womöglich der Letzte in der Reihe, die das Kreuz durchlaufen würde.
»Du wirst schon eine Lösung finden, John.«
»Ha, das sagst du.«
»Ich glaube daran.«
»Ich im Prinzip auch. Mir gefällt es nur nicht, dass ich es fremden Mächten überlassen muss.«
Wir hatten unser Ziel erreicht. Ich hätte froh darüber sein können und war es nicht. Etwas störte mich daran. Leider konnte ich nicht sagen, was es war, aber meiner Ansicht nach hing es mit dem Kreuz zusammen. Einen anderen Grund konnte es nicht geben.
»Wenn du willst, kannst du den Abend bei uns verbringen. Dann bist du zumindest etwas abgelenkt.«
»Danke, Suko, aber ich möchte zunächst mal allein bleiben.«
»Weil du damit rechnest, dass etwas passieren wird?«
Ich nickte. »Es kann sein, dass es erneut zu einem Kontakt kommen wird. Ich habe den Eindruck, dass es nur mich oder mein Kreuz etwas angeht.«
»Das verstehe ich.«
Die Antwort hörte ich, als wir vor Sukos Wohnungstür standen.
»Bis später«, sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter.
»Okay.«
Ich brauchte nur ein kurzes Stück nach rechts zu gehen, um meine Tür zu erreichen. Sie war noch nicht ganz offen, da hörte ich bereits das Läuten des Telefons und war innerlich wie elektrisiert. Ich glaubte daran, dass dieser Anruf etwas mit den Vorgängen zu tun hatte, und beeilte mich, abzuheben.
»Ja«, sagte ich nur.
»Gut, dass ich dich erreiche, John.«
Bei mir im Kopf schrillte eine Alarmglocke, als ich Glendas Stimme hörte.
»Was ist los?«
»Ganz kurz nur. Hast du die Sendung ›Leute der Woche‹ gesehen? Wahrscheinlich nicht und…«
»Nein, das habe ich wirklich nicht.«
»Okay, dann hör jetzt zu. Es ist etwas passiert, das ich nicht begreifen kann…«
Ich tat ihr den Gefallen und hörte zu. Was Glenda mir da berichtete, ließ mich nur mit dem Kopf schütteln.
»So, jetzt weißt du alles.«
»Richtig.«
»Und was sagst du dazu?«
Ich musste mich kurz räuspern. »Wenn sie das Weinen tatsächlich gehört hat, ist das natürlich für uns mehr als interessant. Es könnten sich Parallelen auftun, und deshalb gibt es für mich nur eines…«
»Ich habe bereits die Adresse des Senders, John.«
»Wo finden wir ihn?«
»In den Docklands mit Blick auf das Riesenrad. Da hat er einige Hallen gemietet.«
»Ich hole dich ab.«
Glenda lachte, was sich erfreut anhörte. »Genauso habe ich mir deine Reaktion gewünscht, John…«
***
Meine Lethargie war dahin. Ich hatte plötzlich wieder Adrenalin im Blut und war – ebenso wie Glenda – davon überzeugt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden.
Vor der Abfahrt hatte ich Suko noch kurz Bescheid gegeben. Er hatte natürlich mit gewollt, doch ich hatte ihn gebeten, die Stellung zu halten und für uns erreichbar zu bleiben.
Dann ging es ab.
Wir kamen sogar recht gut durch, nachdem ich Glenda abgeholt hatte. Der Weg führte an der Themse entlang, hinein in die Docklands, die ebenfalls einen weihnachtlichen Schmuck zeigten, dessen Lichtreflexe auf den Wellen des Flusses tanzten.
Vor eine Schranke mussten wir halten. Rechts und links davon versperrte eine hohe Mauer den Weg.
»Auch das noch«, flüsterte Glenda. Sie war nervös und bewegte leicht hektisch die Augen.
»Keine Sorge, da kommt gleich
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