1448 - Flucht ins Bluthaus
wollte er nicht ausschließen. Ihr traute er am meisten zu.
Saladin stoppte nicht abrupt. Er ließ sich mit dem Bremsvorgang Zeit und hielt mitten auf der einsamen Landstraße an. Den Motor ließ er laufen.
»So, jetzt werden wir uns die Sache mal ansehen, Will.«
»Gern.«
Beide stiegen aus. Auch jetzt ging alles normal zu. Sie überhasteten nichts, und sie schauten sich den Transporter zuerst an der Kühlerseite an. Dann, als sie dort nichts entdeckten, nahmen sie sich die Rückseite vor. Mallmann schüttelte den Kopf.
»Es ist nichts«, erklärte er. »Du hast dich getäuscht.«
»Glaube ich nicht.«
»Dann zeig es mir!«
»Moment.« Saladin wollte es jetzt genau wissen. Er ging zur Seitentür und zog sie auf.
Die fünf Menschen lagen noch immer auf der Ladefläche. Nur nicht mehr in Reih und Glied. Die wilde Fahrerei hatte ihre Formation durcheinander gebracht.
»Und?«, fragte Mallmann mit leiser Stimme. »Ist dir etwas aufgefallen?«
Saladin ärgerte sich, dass er nicht Recht behalten hatte. Er trat zur Seite und sagte: »Schau selbst nach.«
Dracula II grinste so stark, dass seine Zähne zu sehen waren. »Das mache ich gern.«
Er steckte seinen Kopf durch die offene Tür und ließ den Blick über die Ladefläche schweifen. Dabei sah er das Gleiche wie sein Kumpan. Er gab den Kommentar noch bei seinem Rundblick ab.
»Das ist es gewesen, das dich gestört hat.«
»Wenn du meinst.«
Mallmann zog sich wieder zurück. Er schloss die Seitentür und nickte dem Hypnotiseur zu. »Dann können wir unsere Fahrt ja fortsetzen«, sagte er.
»Sicher.«
Saladin wollte gehen, aber der Vampir hielt ihn an der Schulter fest und zerrte ihn zurück.
»Moment noch!«
»Was ist denn?«
»Du bist nicht zufrieden – oder?«
»Stimmt.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich keine klare Antwort erhalten habe. Ich spüre, dass etwas nicht stimmt, und ich kann dir schwören, dass ich es noch herausfinden werde.«
»Würde es uns stören?«
Saladin gab keine Antwort. Er hasste die Ignoranz des Blutsaugers. Austreiben konnte er sie ihm nicht. Außerdem waren sie ein Team. Trotz der Unterschiede gab es zu viel, was sie zusammenschweißte.
Saladin stieg wieder ein. Er rammte die Tür zu und wartete, bis Mallmann neben ihm saß.
»Warum fährst du nicht los?«
»Weil ich nachdenken muss.«
»Ach ja? Worüber?«
Der Hypnotiseur holte tief Luft. Dabei verzog sich sein Mund. »Ich denke, dass wir einen Fehler begangen haben. Einen sehr großen sogar.«
Mallmanns Augen funkelten. »Hängst du noch immer diesem komischen Gedanken nach?«
»Ja, verdammt, und ich lasse mich auch nicht davon abbringen.«
Er sah so aus, als wollte er noch etwas hinzufügen. Doch das tat er nicht. Er schüttelte den Kopf und blieb starr sitzen.
»Wir haben etwas vergessen«, flüsterte er scharf. »Verdammt noch mal, dass ich erst jetzt darauf komme!«
»Und was?«
Saladin zeigte ein kaltes Grinsen. Es blieb auf seinem Gesicht, als er die Fahrertür wieder öffnete und sagte: »Wir haben vergessen, unter dem Wagen nachzusehen, verdammt!«
Nach diesem Satz sprang er aus dem Transporter…
***
Romantiker hätten sicherlich von einer frühmorgendlichen Einsamkeit geschwärmt, doch danach stand uns nicht der Sinn. Wir fühlten uns an der Nase herumgeführt und waren ohne fahrbaren Untersatz.
Aber es gab andere Möglichkeiten, von hier wegzukommen. Natürlich hätten wir laufen können, das hätte nur viel Zeit gekostet.
Wichtig war ein Auto.
Das hatten wir schon mal gebraucht. Da hatte man uns den Lieferwagen gebracht. Und so wie vor einigen Stunden musste es auch hier laufen.
Wieder mal waren wir froh, dass es Handys gab. Ich telefonierte mit Scotland Yard, wobei ich natürlich wusste, dass es keinen Sinn hatte, wenn man uns den Wagen aus London brachte. Es gab in der Nähe Orte und auch Dienststellen.
Die Kollegen bemühten sich, und wir erfuhren, dass der nächst größere Ort in unserer Umgebung Harlow hieß. Von dort sollte ein Wagen geschickt werden.
Ich bat um ein neutrales Fahrzeug. Man versprach, es uns zu schicken. Mit weiteren Fragen wurden wir nicht gelöchert. Es war jetzt wichtig, dass die Fahrzeuge so schnell wie möglich eintrafen und wir endlich hier wegkamen, wobei wir nicht wussten, welches Ziel unsere Reise haben würde. Es war zunächst wichtig, den Transporter zu finden. Auf eine kollegiale Hilfe wollte ich verzichten. Keine Fahndung. Für die Kollegen konnte es zu gefährlich werden, wenn sie den Wagen fanden
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