1448 - Flucht ins Bluthaus
Erdboden.
Ihre Kleidung war ebenso verschmutzt wie das blonde Haar. Etwas, das bei ihr nur selten vorkam.
Schließlich hatte sie es geschafft und die enge Stelle unter dem Fahrzeug verlassen. Aber sie blieb auf dem Boden. So etwas wie eine innere Stimme riet ihr, sich nicht aufzurichten und weiterhin flach liegen zu bleiben.
Nicht an dieser Stelle. So glitt sie auf den nicht weit entfernt liegenden Graben neben der Straße zu. Wie tief er war, wusste sie nicht, aber es musste einen geben.
Justine drehte sich hinein – und war zufrieden, dass sie etwas tiefer gerutscht war.
Von hier aus wollte sie den Fortgang des Geschehens beobachten.
Nur gab es keinen. Der Transporter blieb auf der Stelle stehen, was Justine nicht begriff.
Noch überraschter war sie, als beide Vordertüren wieder aufschwangen. Abermals verließen die beiden Personen das Fahrzeug.
Justine sah, wie sie sich bückten, sich dann sehr flach machten und unter den Wagen schauten.
Justine fiel ein Stein vom Herzen und gratulierte sich selbst, so vorausahnend gehandelt zu haben.
Saladin hatte sogar eine kleine Taschenleuchte mitgenommen. Er strahlte unter den Wagen, bewegte das Licht und richtete sich rasch wieder auf.
»Da ist niemand.«
Mallmann lachte. »Ich wusste es.«
Der Hypnotiseur sagte nichts. Er überlegte.
Justine, die kurz über den Wagenrand hinwegpeilte, sah, dass er die Hände in die Hüften gestützt hatte. Er drehte ihr den Rücken zu und schaute zur anderen Straßenseite hin, wobei er den Kopf schüttelte.
»Was hast du?«, fragte Mallmann.
»Ich traue dem Braten nicht.«
»Aber es ist niemand zu sehen.«
»Stimmt, Will. Dennoch bin ich mir sicher, dass ich mich nicht getäuscht habe.«
»Sinclair und Suko sind…«
»Die meine ich nicht«, unterbrach Saladin Mallmann schroff. »Es geht nicht um sie. Viel wichtiger ist deine ehemalige Freundin Cavallo. Oder hast du vergessen, dass sie mit von der Partie ist?«
»Habe ich nicht. Aber ich habe sie auch nicht gesehen, verdammt noch mal.«
»Genau das macht mich nachdenklich.« Er breitete die Arme aus und bewegte die Finger zuckend, als wollte er etwas prüfen, das in der Luft lag.
»Es ist verdammt schwer, Will. Ich weiß, dass etwas Ungewöhnliches geschehen ist. Leider bin ich kein Hellseher, und ich spüre, dass nicht alles so ist, wie es aussieht.«
»Was willst du denn?«
»Die Wahrheit wissen.«
Mallmann lachte. »Wann du deine Augen öffnest, wirst du sie sehen.«
Saladin drehte sich zu Mallmann hin um. »Ja, ich sehe sie und bin trotzdem nicht zufrieden. Du kannst mich jetzt auslachen, aber etwas läuft falsch.«
»Willst du das hier herausfinden?«
»Nein.«
»Dann steig wieder ein.«
Der Hypnotiseur blieb hartnäckig. »Dir müsste doch auch etwas aufgefallen sein, Will. Du hast sonst ein untrügliches Gespür für Gefahren. Merkst du nichts?«
»Wenn du dabei an die Cavallo denkst, damit kann ich dir leider nicht dienen. Ich habe sie nicht gesehen, und das läuft schon die ganze Fahrt über so.«
Saladin nickte. »Gut, dann habe ich mich wohl geirrt. Da kann man nichts machen. Aber ich glaube es nicht«, fügte er mit leiser Stimme hinzu. »Ich habe mich selten geirrt.«
Mallmann hörte nicht mehr auf ihn. Er war bereits auf dem Weg zum Wagen und öffnete die Tür so weit, dass er einsteigen konnte.
Wieder fand er seinen Platz auf dem Beifahrersitz.
Saladin ließ sich noch Zeit. Er schlenderte langsam zur Fahrerseite hin. Dabei drehte er sich immer wieder um, weil sein Misstrauen noch nicht verschwunden war. Er blickte auch in Justines Richtung, doch die lag weiterhin in diesem kalten und feuchten Graben, und selbst ihr hellblondes Haar fiel dem Hypnotiseur nicht auf.
Als sie das Zuschlagen der Tür hörte, ging es ihr besser. Vorsichtig hob sie den Kopf an. Erst jetzt schaute sie wieder über den Rand hinweg auf die Straße.
Es dauerte etwas länger, bis der Transporter anfuhr. Nicht flott, sondern recht holprig.
Justine beging nicht den Fehler, sich zu schnell zu erheben. Sie blieb noch eine Weile liegen und richtete sich erst auf, als sie die Rückleuchten des Wagens in der Dunkelheit verglühen sah.
Jetzt ging es ihr besser. Viel erreicht hatte sie nicht. Ihr Plan hatte nicht mal zur Hälfte geklappt. Die beiden waren ihr wieder entkommen, und sie stand allein mitten in der Prärie.
Über ihre Lippen huschte ein kantiges Lächeln. Sie dachte an Sinclair und Suko, die sich wahrscheinlich genauso gefühlt hatten wie sie jetzt, als der
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