145 - In den Fängen der Dämonenspinne
«
»Wovor?«
Sie wagte es kaum auszusprechen. »Spinnen -
Elron. Viele kleine Spinnen ... sie laufen über das Fußende meines Bettes. Es
sind mindestens zwanzig oder dreißig Stück. Ich habe so viele noch nie auf
einem Fleck gesehen. Wo kommen diese Krabbeltiere nur her? «
Er atmete hörbar auf. »Ich freu’ mich, daß du
es so gefaßt aufgenommen hast«, sagte er merklich ruhiger. »Als du Spinne
sagtest, bin ich ganz schön zusammengefahren. Sie sind harmlos, Darling - du
brauchst dich nicht vor ihnen zu fürchten. Ich hoffe, du hast keine Angst... «
Sie wußte es selbst nicht. Die Vielzahl
dieser Spinnen auf einem Fleck irritierte sie. Aber sie waren so winzig, daß
sie keine Furcht empfand. »Warte einen Moment, Elron«, wisperte sie. »Sie
laufen direkt auf mich zu ... ich lege kurz den Hörer auf die Seite und
schüttele die Bettdecke aus ... «
Genauso geschah es.
Mary Caine schlug die Decke blitzschnell nach
außen, packte sie dann jeweils am vorderen und hinteren Ende und lief damit zum
Fenster. Sie ließ die beiden unteren Enden los und schüttelte die Decke
ruckartig aus.
Aber die winzigen Spinnen lösten sich nicht.
Sie klebten förmlich auf dem Leintuch.
Mary Caine mußte die Decke so weit nach oben
ziehen, daß die Spinnen fast auf die Fensterbank zu liegen kamen. Dann strich
sie die Krabbeltiere mit der flachen Hand nach unten weg. Einige fielen ins
Leere, spannen sofort Fäden und glitten daran in die Tiefe. Andere wiederum
klebten wie Pech an ihren Fingern.
Das ekelte die junge Frau. Dieses Kribbeln
zwischen ihren Gliedern erzeugte eine Gänsehaut auf ihrem ganzen Körper.
Es gelang ihr nicht, die Spinnen
abzuschütteln. Da rannte sie ins Bad, hielt die Hand unter das fließende Wasser
und spülte die Tiere ab.
Danach kehrte sie schnell ins Schlafzimmer
zurück und nahm den Telefonhörer zur Hand. Sie erzählte, weshalb es so lange
gedauert hatte.
»Laß am besten heute nacht das Fenster zu«,
ließ Elron sie wissen. »Das mit den Spinnen ist zur Zeit eine wahre Plage in
Stanville. So etwas gab’s noch nie. Kein Mensch kann sich erklären, weshalb sie
so gehäuft auftreten . .. «
*
Die Bewußtlosigkeit seiner beiden Schützlinge
währte zum Glück nur wenige Minuten.
Zuerst kam Simone Trenner zu sich.
Die junge Lehrerin schlug die Augen auf,
blickte einen Moment irritiert den Mann mit dem roten Bart an und schien sich
dann wieder blitzartig an das zu erinnern, was ihrer Ohnmacht vorausgegangen
war.
Simone wagte es nicht, den Kopf zu wenden und
einen Blick in die schwindelerregende Tiefe zu werfen, in die ein Teil der
Brücke mitsamt den Erdmassen gerutscht war.
Sie löste sich von Iwan Kunaritschew und lief einige Schritte auf den Waggon zu. Da kam auch der
fremde Mann zu sich, dessen Namen sie nicht kannte.
»Und was fangen wir jetzt an ?« fragte der Hagere, nachdem er sich wieder völlig gefangen
hatte.
»Ganz einfach«, entgegnete X-RAY-7. »Wir
laufen gemütlich den Weg zurück, den wir vorhin mit diesem Dampfroß gefahren sind. Ich schätze, es sind rund zehn Meilen bis nach Stanville. Wenn wir
flott marschieren, darin schaffen wir das in rund drei Stunden. Verirren können
wir uns ja nicht. Dieses Risiko ist ausgeschaltet. Die Schienen führen genau
nach Stanville- Station .. . «
Sie holten ihr Gepäck aus den Waggons.
Iwan war Simone behilflich, den schweren
Koffer nach außen zu wuchten. Der kräftige Russe verdrehte die Augen.
»Donnerwetter«, knurrte er. »Transportieren Sie Kleider oder heimlich
Goldbarren ?«
Sie lachte. »Sowohl das eine als auch das
andere«, entgegnete sie. »Ich mach’ mir einen Sport daraus, die Dinge mit
herumzuschleppen.«
X-RAY-7 war auch dem Mann behilflich. Während
er die Taschen und Koffer auf den Boden stellte, meinte der Hagere: Ȇbrigens -
mein Name ist Ernest Malcolm .«
»Angenehm! Iwan Kunaritschew.«
Der andere zog erstaunt die Augenbrauen
empor. »Sie sind - Russe .«
»Si - wie wir aus der Taiga sagen. Sie
haben’s erraten .«
»Ein echter, knallharter Bursche aus dem
Osten? Keiner, der hier in den Staaten geboren ist?«
»Das erstere stimmt, Mister Malcolm. «
Der hagere Mann ging noch ein letztes Mal in
sein Abteil zurück und kam mit einer schwarzen Ledertasche und einer
Pappkartonhülle wieder, in der sich offensichtlich mehrere fein säuberlich
zusammengelegte Zeichnungen befanden.
Die vordere Schlaufe an den beiden
zusammengebundenen Kartons war aufgegangen. Ernest Malcolm hatte es
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