1450 - Die Herren der Straßen
verbreiten sollte, für unterschiedliche Empfänger bestimmt sind. Es gibt einige nur leicht entkodierte Teile, die wohl für die allgemeine Kenntnisnahme gedacht sind."
Marte Escatt stieg aus dem Bett. Sie trug eine leichte Kombination. Sie fand, daß sie zu dünn war, und streifte sich eine Hose und eine Bluse über. „Die verschlüsselten Daten hätten an die Adressen höherrangiger Netzteilteilnehmer gehen sollen", fuhr Pedrass fort. Er bedachte Marte mit bewundernden Blicken. „Also wahrscheinlich Flottenkommandeure, Agenten im Geheimeinsatz und dergleichen."
„Dann gibt es also verschiedene Verschlüsselungsniveaus", sagte sie. „Richtig", bestätigte er. „Die einfachsten Kodes lassen sich durch den Einsatz nur weniger Computer knacken. Für die schwierigeren Kodes wird Perry wahrscheinlich die gesamte Rechnerkapazität unseres Stützpunktes benötigen. Ich war gerade dabei, wie er mit Homer verhandelte. Er braucht seine Genehmigung, wenn er die ganze Kapazität nutzen will."
„Ist klar", erwiderte sie. „Für wie lange wird er sie benötigen?"
„Das ist der Grund dafür, daß sie noch verhandeln", erklärte er. „Wir gehen davon aus, daß der Rechner eine geschlagene Woche brauchen wird, bis er alle Kodes entschlüsselt hat."
Sie ging zur Tür, und er verstand die unausgesprochene Aufforderung. Er erhob sich aus dem Sessel, in dem er gesessen hatte, und verließ das Krankenzimmer. „Was wissen wir denn bis jetzt?" fragte sie.
Sie stiegen in einen Antigravschacht und sanken darin nach unten. „Wir haben einiges über geplante cantarische Flottenmanöver in der Eastside der Galaxis und in Richtung der beiden Kugelsternhaufen M70 und M72 erfahren", antwortete er. „Auch von neuen Stützpunkten, die im Bereich der Eastside eingerichtet werden sollen, ist die Rede."
Sie verließen die QUEEN LIBERTY und durchquerten den Hangar. Sie mußten etwas lauter sprechen als bisher, da die an den Raumschiffen arbeitenden Wartungsroboter einen beträchtlichen Lärm verbreiteten. „Dann bieten sich uns Widdern also eine ganze Reihe von Zielen, die wir mit guten Erfolgsaussichten angreifen können", stellte sie fest. „Niemand denkt ernsthaft an solche Unternehmungen", enttäuschte er sie. „Die Cantaro wissen, welche Daten uns in die Hände gefallen sind. Sie werden alles unternehmen, um die Schwachpunkte ihrer Macht zu schützen und zu stärken."
Sie seufzte. „Du hast recht. Wir würden uns blutige Nasen holen." Sie blieb stehen. „Was ist eigentlich aus Karl Prenthane geworden?"
„Ich habe gehört, daß er alles gut überstanden hat", erwiderte er. „Wo ist er?"
„Keine Ahnung. Er müßte in seinem Zimmer sein. Willst du zu ihm?"
Sie lächelte entschuldigend. „Er war dabei, als es passierte", sagte sie. „Ich vermute, er hat geholfen, mich unter dieser Echse hervorzuholen und in Sicherheit zu bringen. Ich möchte mich auch bei ihm bedanken."
„Natürlich. Das verstehe ich. Falls du mich suchst, ich bin bei Gucky. Ihm geht es nicht besonders gut. Er hat sich irgendwie überanstrengt."
„Gucky? Überanstrengt?" Sie lachte. „Du willst mich auf den Arm nehmen!"
Mit diesen Worten drehte sie sich um und eilte davon. Pedrass Foch rief ihr nach, daß er es durchaus ernst gemeint hatte, aber sie hörte ihn nicht mehr. Sie war mit ihren Gedanken schon bei Karl Prenthane.
Sie war enttäuscht von dem Erschließungsarchitekten, doch sie nahm sich vor, ihm keine Vorwürfe zu machen.
Sie hatte alles gut überstanden. Nun war es besser, zu vergessen, wie er sich verhalten hatte.
Sie betrat das Zimmer Prenthanes und blieb überrascht stehen, als sie sich einem hochgewachsenen, kahlköpfigen Mann gegenübersah, der eine Multitraf in der Hand hielt. Der andere schien ebensowenig mit ihr gerechnet zu haben wie sie mit ihm. „Hallo", sagte sie zögernd. „Ich suche Karl Prenthane."
„Der ist nicht hier", antwortete er und trat einen Schritt auf sie zu. Staub wirbelte unter seinen Füßen auf, aber sie bemerkte es nur am Rand, und sie machte sich keine Gedanken darüber. „Habe ich mich in der Tür geirrt?"
„Nein, durchaus nicht. Er war hier. Aber jetzt nicht mehr." Der Kahlköpfige lächelte verzerrt, nahm die Waffe in die linke Hand und streckte ihr die rechte entgegen. „Ich bin Jesco Tomaskon. Ich war Gefangener bei den Cantaro, konnte aber entkommen."
„Das freut mich für dich." Marte Escatt fühlte sich unbehaglich. Sie wich den Blicken des Mannes aus, und sie fühlte, wie ihr Rücken
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