1455 - Das Gewissen des Henkers
mit dem Nachnamen war er mir schon ein Begriff.
Vic Morrow! Der Vic Morrow! Kein besonders sympathischer Zeitgenosse. Einer, der in der Londoner Unterwelt bekannt war, denn Morrow war ein so genannter Wettpate, der zahlreiche Fäden in den Händen hielt und überall mitmischte. Egal, ob Pferde- oder Hunderennen, Fußball, Boxkämpfe oder andere Sportarten. Er war zudem ein geschickter Manipulator, dem man bisher nie hatte etwas nachweisen können.
»Ist was mit Ihnen, John?«
»Später, Fiona.«
»Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen, Mr Sinclair.« Elsa Warren lächelte mich etwas verlegen an.
»Danke, Sie haben uns sehr geholfen.«
»Und was haben Sie jetzt vor? Wollen Sie den Mann mit dem Beil verhaften? Wir können nicht gegen ihn aussagen. Er hat uns nicht bedroht und sich bei uns nur entschuldigt. Er hat uns durch sein Erscheinen auch keine Angst eingejagt.«
»Das geht in Ordnung. Doch für uns ist es wichtig, dass wir mit ihm reden.«
»Natürlich.«
Hier gab es für Fiona und mich nichts mehr zu tun. Wir bedankten uns bei den Warrens und zogen uns zurück, wobei Fiona erst etwas sagte, als wir schon auf dem Hinterhof standen.
»Das ist ja ein Glücksfall gewesen. Ein Henker, der nicht mordet, sondern Taten bereut, weil er im Jenseits oder wo auch immer keine Ruhe mehr findet. Wahnsinn.« Sie legte den Kopf zurück und lachte, während wir die letzten Schritte bis zum Rover gingen. »Aber Sie müssen mich noch aufklären, John.«
»Worüber?«
Fiona schaute mir direkt in die Augen. »Als Sie den Namen hörten, da haben Sie reagiert. Sie konnten sich nicht zurücknehmen. Das habe ich genau gemerkt. Die Antwort hat Sie zwar nicht wie ein Hammerschlag getroffen, aber ich bin sicher, dass Ihnen der Name etwas sagt.«
»Ihnen nicht, Fiona?«
»Nein, da bin ich überfragt.«
»Als Polizistin müssten Sie ihn eigentlich kennen. Vic Morrow ist einer der großen Wettpaten hier in London. Wenn nicht sogar der mächtigste.«
Sie dachte etwas länger nach, und plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf.
»Ja, verdammt, jetzt, wo Sie es sagen, fällt es mir wieder ein. Vic Morrow, der Name ist mir bekannt. Aber ich hab mich beruflich nicht darum zu kümmern brauchen. Das ist eine andere Liga.«
»Klar.« Ich holte mein Handy hervor. Suko hatte ein Recht darauf, diese Neuigkeit zu erfahren.
»Sehr gut, John, dass du anrufst. Ich hätte es sonst bei dir probiert.«
»Dann hast du Neuigkeiten?«
»Ja, durch Bill.«
»Und welche?«
»Bill hat sich intensiver mit dem Namen Morrow beschäftigt. Da ist er auf den Vornamen Vic gestoßen, und der ist…«
»Einer der mächtigen Wettpaten hier in London.«
Suko war für einen Moment still. Es lag an der Überraschung, was er selbst zugab.
»Du bist von allein darauf gekommen, John?«
»Nein. Der Henker hat seinen Namen erwähnt, als er die Warrens aufsuchte.«
»Dann sollten wir davon ausgehen, dass sich der Henker zu Morrow auf den Weg gemacht hat, um sich zu entschuldigen. Aber ich denke nicht, dass Morrow ihn mit offenen Armen empfängt. Wenn in seiner Nähe ein Mann mit einem Beil erscheint, dann weiß er genau, was er zu tun hat.«
»Ja, er wird seine Männer auf ihn hetzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Morrow ein rücksichtsloser Gangster ist.« Ich schob eine Frage nach. »Weißt du, wo man ihn finden kann, Suko?«
»Da habe ich mich bereits kundig gemacht. Sein Hauptquartier ist ein Wettpavillon. Er steht auf einem Gelände, das auch hin und wieder von einem Zirkus in Beschlag genommen wird.« Suko gab mir die Adresse durch.
»Gut, da werden wir uns treffen.«
»Wann?«
»So schnell wie möglich. Wir sollten uns sofort auf den Weg machen.«
»Ja, das sollten wir. Bis gleich dann.«
Ich steckte das Handy weg. Fiona schaute mich an. Bevor sie etwas fragen konnte, bat ich sie einzusteigen. »Alles andere werde ich Ihnen auf der Fahrt erklären.«
»Gut, John. Sie sehen aus, als wüssten Sie, wo wir meinen Ahnherrn finden können.«
»Genau. Und ich hoffe nur, dass wir bei ihm nicht einige Tote vorfinden. Denn einen Vic Morrow kann man nicht mit den Geschwistern Warren vergleichen…«
***
Den großen Raum in der Mitte des runden Pavillons konnte man als eine Mischung aus Bar und Geschäftsraum ansehen. Für die Bar standen das relativ gedämpfte Licht sowie der Tresen und die entsprechenden Clubsessel und auch Tische.
An ein Büro erinnerte das, was sich an der Wand abspielte. Zumindest eine davon war mit Flachbildschirmen bestückt,
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