1459 - Der Dieb von Sira-VII
bleiben."
„Warum?"
Die Frage kam schnell, beinahe trotzig, und das war ungewohnt bei Mai-Ti-Sh'ou. „Weil die Galaktiker unsere Hilfe brauchen werden", erwiderte Dao-Lin-H'ay bedächtig. „Das ist nicht wahr!"
Dao-Lin-H'ay kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, aber Mai-Ti-Sh'ou reagierte nicht. Sie wirkte beinahe aggressiv.
Die ehemalige Wissende begriff, daß sie auf diese Weise nicht weiterkommen würde. Sie ließ sich auf einem Polster nieder und entspannte sich, zumindest äußerlich. Es war nicht mehr und nicht weniger als ein Signal an Mai-Ti-Sh'ou: Sieh her, ich bin bereit, dieses Thema in Ruhe anzugehen, also fahre nicht gleich aus der Haut, sondern laß uns darüber sprechen.
Für einen Augenblick glaubte sie, daß Mai-Ti-Sh'ou sich über alle Regeln hinwegsetzen und die Redeschlacht im Stehen weiterführen würde, aber dann ging Mai-Ti-Sh'ou doch auf dieses Angebot ein, indem sie sich ebenfalls setzte. Im Gegensatz zu Dao-Lin-H'ay wirkte sie jedoch noch immer sprungbereit: Sie würde diesmal nicht so leicht einlenken. „Hast du Heimweh?" fragte Dao-Lin-H'ay - sie wußte, daß das nicht der Fall war, aber sie brauchte irgendeinem Punkt, an dem sie anknüpfen konnte.
Mai-Ti-Sh'ou sah Dao-Lin-H'ay offen und ehrlich ins Gesicht. „Nein", sagte sie. „Und selbst wenn ich welches hätte, könnte mich das nicht davon abhalten, dir zu folgen bis ans Ende des Universums und noch darüber hinaus, wenn es nötig wäre. Aber es ist nicht nötig. Wenigstens nicht hier und jetzt."
„Bist du dir dessen so sicher?"
„Die Galaktiker brauchen uns nicht", erwiderte Mai-Ti-Sh'ou heftig. „Und ihre Schwierigkeiten gehen uns nichts an."
„In Sayaaron", gab Dao-Lin-H'ay zu bedenken, „existiert irgend etwas, das die Macht hat, einen ganzen Sternennebel hermetisch abzuriegeln und die Bewohner einer ganzen Galaxis systematisch zu unterdrücken, zu kontrollieren und zu manipulieren."
„Um so mehr Grund haben wir, dieser Macht aus dem Wege zu gehen. Uns bedroht sie schließlich nicht!"
„Nimm einmal an, daß diese Macht auf die Idee kommt, auch nach Ardustaar zu greifen - was dann? Ist es nicht besser für uns, wenn wir uns jetzt auf die Seite der Galaktiker stellen und ihnen helfen, diese Macht zu bekämpfen, bevor wir selbst in Schwierigkeiten kommen?"
„Es ist nicht unsere Aufgabe", erwiderte Mai-Ti-Sh'ou trotzig.
Dao-Lin-H'ay betrachtete die junge Kartanin nachdenklich. „Wie würdest du denn unsere Aufgabe definieren?" fragte sie sanft.
Mai-Ti-Sh'ou zuckte zusammen, denn dieser Hieb saß. Die Kartanin wich Dao-Lin-H'ays Blicken aus.
Mai-Ti-Sh'ous Aufgabe - und die Aufgabe aller anderen Kartanin an Bord der MARA-DHAO - bestand in erster Linie darin, Dao-Lin-H'ay zu beschützen und sich im übrigen in Gehorsam zu üben. Auf den Plätzen drei bis zehn der Rangordnung rangierte die Loyalität zum Volk der Kartanin, für dessen Sicherheit sich alle kartanischen Raumfahrer mitverantwortlich zu fühlen hatten. Danach kam eine ganze Weile gar nichts, und erst ganz am Schluß erreichte man einen Punkt, an dem die persönlichen Interessen der einzelnen Mannschaftsmitglieder zur Diskussion standen. „Es ist zu gefährlich für dich", sagte Mai-Ti-Sh'ou nach langem Schweigen und zog sich damit auf den einzigen sicheren Standpunkt zurück, der ihr noch ein Minimum an Halt bot. „Deine Sicherheit muß für mich Vorrang vor allem anderen haben."
„Dann solltest du mich in Watte wickeln und in Folie packen", empfahl Dao-Lin-H'ay sarkastisch. „Ich hätte gedacht, daß du genug Geschichten über mich gehört hast, um zu wissen, daß es so nicht funktioniert!"
„Du kennst viele Geheimnisse", erwiderte Mai-Ti-Sh'ou heftig.' „Du weißt die Antworten auf viele Fragen, mit denen wir uns schon seit Jahrhunderten herumschlagen. Du darfst dich nicht in unnötige Gefahren begeben!"
„Ich habe nicht vor, das zu tun", sagte Dao-Lin-H'ay gedehnt. „Im Augenblick besteht für uns keine Gefahr. Es ist also kein Risiko dabei, wenn wir noch für einige Zeit an diesem Ort bleiben. Die Galaktiker haben ein Problem. Sie haben einen Hinweis auf eine der Stationen dort draußen erhalten. Dort soll irgend etwas sein, das eine intensive Suche lohnen könnte. Ich finde, daß wir uns an dieser Suche beteiligen sollten."
Mai-Ti-Sh'ou schwieg. Eine Überschäumende Freude war bei ihr nicht festzustellen, aber das hatte Dao-Lin-H'ay auch gar nicht erwartet. „Außerdem", fügte sie hinzu, „ist da noch die Sache mit
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